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Irische Küsse

Irische Küsse

Titel: Irische Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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unter den Bewohnern von Ceredys verbreitete. „Darauf kannst du dich verlassen. Die nächste Frau, die du berührst, wird die letzte sein, und auch der nächste Sack Hafer, den du den Bauern stiehlst, wird dein letzter sein.“
    Honora nestelte an den ausgefransten Enden ihrer Haare. In jener Nacht hätte sie ihn töten müssen. Das wäre für alle das Beste gewesen. Törichterweise hatte sie ihn verschont.
    Innerhalb kürzester Zeit war sie in ihrer eigenen Burg festgenommen und in ein Kellerverlies gesperrt worden. Einen Tag und eine Nacht hatte sie ohne Wasser und Essen in einem dunklen Rattenloch gehockt, bis der Hufschmied sie gefunden und befreit hatte. Beim Abschied hatte er ihr ein Bündel mit ihren Habseligkeiten zugesteckt.
    „Lady Ceredys bat mich, Euch das zu geben“, hatte er gesagt.
    „Vielen Dank.“ Schweren Herzens hatte sie das Bündel an sich genommen. „Eines Tages werde ich dich dafür belohnen, was du für mich getan hast.“
    Der alte Mann hatte demütig den Kopf gesenkt. „Gott mit Euch, Mylady.“
    Als letzten Abschiedsgruß hatte sie sich ihren schweren Zopf abgeschnitten und mit dem Schwur, sich nie wieder von einem Mann versklaven zu lassen, von sich geworfen. Von aller Last befreit, hatte sie Rüstung und Helm angelegt, sich als Soldat aufs Pferd geschwungen und das Weite gesucht.
    Sie wusste nicht, wie es dem Hufschmied und den Dorfbewohnern seither ergangen war. Die Leute litten furchtbare Qualen unter Johns Schreckensherrschaft, und bisher hatte sie keine Lösung gefunden, wie sie den geschundenen Menschen helfen könnte. Ein Appell an den König würde nichts bewirken. Ein Adeliger konnte mit seinen Leibeigenen nach eigenem Gutdünken verfahren, solange er seine Abgaben entrichtete und dem König seinen Treueid leistete.
    Sie musste eine Lösung finden, um dem Scheusal das Handwerk zu legen.
    Honora schlotterte vor innerer Kälte und Verzweiflung. Sie umfasste ihre Oberarme so fest, dass sie befürchten musste, am nächsten Morgen blaue Flecke zu haben. Sie musste stark bleiben, durfte nicht die geringste Schwäche zeigen. Sie war ein Krieger. John of Ceredys sollte sie nie wieder anfassen. Kein Mann sollte sie je wieder anfassen.

7. KAPITEL
    Die Kapelle war leer, nur der schwache Widerschein der Fackeln flackerte über die weiß angemalten Wände. Nach der Morgenmesse hatte Ewan noch eine Weile in stiller Andacht hier verbracht.
    Honora hatte die Schatulle wieder in die Nische neben dem Altar gestellt, die ihn an eine Kassette erinnerte, die sein Großvater Kieran einst geschnitzt und mit keltischen Bandornamenten und Schlangensymbolen verziert hatte. Er strich mit dem Daumen über die Holzarbeiten und hatte das Gefühl, das verschlungene Dekor hätte eine geheimnisvolle Bedeutung, die er nicht zu entschlüsseln vermochte.
    Er rieb sich die Augen, fühlte sich unvermutet erschöpft. Etwas war seltsam an dem Dieb. Die Schatulle war plötzlich unversehrt wieder aufgetaucht, und irgendwie hatte er den Eindruck, dass der Mann sie gar nicht stehlen wollte.
    Honora hatte ihm berichtet, sie sei in der Kapelle mit einem Schwert angegriffen worden, und es habe sich ihrer Meinung nach um zwei Männer gehandelt.
    Vermutlich hatte einer die Schatulle an sich genommen, während der zweite sie angegriffen hatte. Zorn stieg in Ewan auf bei dem Gedanken, dass jemand ihr Schaden zufügen wollte. Sie war zu leichtsinnig, begab sich unnötig in Gefahr und vergaß jede Vorsicht, wenn es zum Kampf kam.
    Er drehte die Schatulle in den Händen. Geschickte Kunstschnitzer bauten manchmal Geheimfächer ein, sodass der spätere Besitzer etwas darin verstecken konnte. Er suchte vergeblich nach einem entsprechenden Riegel, ohne etwas zu entdecken.
    Ewan verließ schließlich die Kapelle und näherte sich dem Turnierplatz. Schwere Regenwolken trieben am bleigrauen Himmel. Er blieb stehen und ließ den Blick über den weitläufigen inneren Burghof und die Befestigungsmauern schweifen. Dabei stellte er sich vor, wie seine eigene Festung einmal aussehen würde.
    Seit Jahren träumte er davon. Und er spürte, dass er seinem Ziel so nahe war wie nie zuvor. Zum Greifen nahe: seine eigene Festung, sein Land und eine schöne Gemahlin an seiner Seite.
    Eine Hand berührte ihn an der Schulter, und er fuhr mit gezücktem Dolch herum. Honoras Arm blockierte seine Klinge kurz vor ihrer Kehle.
    Erschrocken ließ Ewan die Waffe sinken. „Verzeih.“
    „Ich wollte dich nicht erschrecken.“
    Er lächelte dünn. „Ich

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