Irische Küsse
Mann mit einer starken Armee heiraten, begann Gestalt anzunehmen. Sie brauchte einen Krieger mit einer schlagkräftigen Armee und großem Einfluss, um John zu entmachten. Sir Ademar hatte sein Erbe noch nicht angetreten, und Ewan verfügte nicht über die Mittel, um Söldner anzuwerben. Der einzige Bewerber mit genügend Besitz und Reichtum wäre Gerald of Beaulais.
Aber ihn würde sie niemals in Erwägung ziehen. Beaulais und John glichen einander zu sehr; beide waren kalt und berechnend. Aber kein anderer Bewerber verfügte über genügend Gold oder Soldaten, um gegen John zu kämpfen.
Sie brauchte ehrenhafte, vertrauenswürdige Männer. Aber um solche Krieger in ihre Dienste zu nehmen, bräuchte sie das Vermögen eines Königs.
Ein wehmütiges Lächeln umspielte ihre Lippen. Wie schade, dass sie den legendären Schatz von Ceredys nicht finden konnte. Marie St. Leger hatte von Gold und Edelsteinen gesprochen, von einem Reichtum, mit dem man ein Königreich kaufen könnte. Sie hatte behauptet, der Rubin, den sie an einer Goldkette um den Hals trug, stamme aus diesem Schatz, der während einer langen Belagerung der Burg vergraben worden war.
Hätte Honora den Edelstein nicht mit eigenen Augen gesehen, hätte sie die Geschichte für ein Ammenmärchen gehalten. Aber Marie hatte den Rubin bis zu Ranulfs Tod getragen. Dann war er plötzlich verschwunden, und ihre Schwiegermutter wollte ihr nicht sagen, wieso und wohin.
Ein normannischer Schatz würde ausreichen, um eine ganze Armee Soldaten anzuwerben. Wenn er nur gehoben werden könnte …
Honora schüttelte den absurden Gedanken ab; er war töricht, verträumt und sinnlos.
Sie tastete nach dem Dolch an ihrer Seite, ihre Hand wölbte sich um den abgerundeten Griff. Wenn sie ihren Untertanen wirklich helfen wollte, musste sie heiraten, ohne auf ihre eigenen Gefühle Rücksicht zu nehmen. Doch schon bei dem Gedanken daran verkrampften sich ihre Eingeweide vor Abscheu.
Als sie die Kammer betrat, die sie sich mit ihrer Schwester teilte, war Katherine bereits eingeschlafen. Honora schob den schweren Holzriegel vor, entkleidete sich, kroch fröstelnd unter die Decken und zog die Knie an.
Draußen rüttelte der Wind mit dumpfen Schlägen an den Fensterläden und pfiff gespenstisch durch die Mauerritzen. Entferntes Hundebellen mischte sich mit den klagenden Rufen einer Eule.
Sie versuchte, die Ohren vor den unheimlichen Geräuschen der Nacht zu verschließen, aber sie ließen sich nicht vertreiben. Mit ihnen drangen dunkle Erinnerungen auf sie ein.
John war in ihrer Nähe, hielt sich innerhalb der Burgmauern ihres Vaters auf. Sie redete sich zwar ein, keine Angst vor ihm zu haben, dennoch tastete sie nach ihrem Dolch und versteckte ihn unter ihrer Unterlage ihrer Schlafstätte. Sollte er es wagen, in ihre Kammer einzudringen, war sie auf ihn gefasst.
Es wäre nicht das erste Mal …
Sie hatte etwas geahnt, in jener Nacht auf Ceredys hatte sie gehört, wie die Tür leise in den Angeln quietschte. Ihre Finger hatten nach der Waffe getastet, die sie unter der Schlafdecke versteckt hielt.
Als sie Johns kalte Hand an ihrer Schulter spürte, hatte sie die Decke zurückgeschlagen und die Klinge gegen seine Brust gerichtet. Er hatte vor Zorn gebrüllt, aber sie hatte ihn nach hinten auf ihr Bett geworfen und den Dolch gegen sein Herz gerichtet.
„Ich sollte dich töten“, hatte sie gezischt. „Hier und jetzt für das, was du verbrochen hast.“
Sein Atem ging keuchend, ob vor Angst oder lüsterner Erregung, hätte sie nicht sagen können.
„Lass die Frauen in Ruhe!“, forderte sie.
Wie ein brünstiger Hengst hatte er unzählige junge Mädchen und Frauen aus dem Dorf geschändet, deren Väter, Brüder und Ehemänner ihm in ohnmächtigem Zorn Rache geschworen hatten. Aber den wenigen, die es tatsächlich gewagt hatten, sich gegen ihn aufzulehnen, ließ er eine Hand abhacken oder sie gar mit ihrem Leben bezahlen.
„Die Weiber wollten es nicht anders“, behauptete er winselnd. Sie spürte sein warmes Blut an ihrer Handfläche und konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, dem Unhold ein unrühmliches Ende zu bereiten.
„Das Einzige, was sie wollen, ist dein Tod“, sagte sie und bewegte die Spitze des Dolches zur Mulde an seiner Kehle. „Ich an deiner Stelle wäre in Zukunft vorsichtiger. Möglicherweise ereilt dich bald ein Unglück.“
„Willst du mir etwa drohen?“
Sie wollte ihm Angst einjagen. Sie wollte, dass er die gleiche Furcht verspürte, die er
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