Irische Küsse
gepackt.
„Katherine!“, schrie sie aus Leibeskräften, bevor die Soldaten sie fortschleppten. Erbittert versuchte sich Honora zu befreien, aber einer der Kerle packte ihr verwundetes Handgelenk, und ein stechender Schmerz durchfuhr sie.
Verflucht sei John für diese Schandtat! Er hatte kein Recht, sie in ihrem eigenen Heim gefangen zu nehmen.
„Lasst mich los!“, befahl sie, ohne Gehör zu finden. Stattdessen wurde sie grob in eine Kammer gestoßen. Sie stolperte und stürzte auf die Steinfliesen. Ihr Bündel wurde ihr nachgeworfen.
„Honora.“
Sie hob den Kopf und sah John in einem Lehnstuhl sitzen. Sein Gesicht war immer noch verquollen und von Schwellungen entstellt. Eine Platzwunde am Mund war blutverkrustet. In seinen Augen funkelte Rachedurst. „Ich hoffe, Ihr habt gut geschlafen und Euch für die bevorstehende Reise erholt.“
Honora verzichtete auf eine Antwort, ihre Blicke flogen durch den Raum auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit. In der Kammer befanden sich vier Soldaten und John. Gegen so viele Männer hatte sie keine Chance. Ihr Mut sank, aber sie würde lieber sterben, als mit ihm nach Ceredys zurückzureiten.
„Wie könnt Ihr es wagen, mich in der Burg meines Vaters gefangen zu nehmen?“, fragte sie schneidend. „Ich habe mich nie bereit erklärt, mit Euch zu reisen.“
„Aber, aber. Ihr seid nicht meine Gefangene“, widersprach er mit einschmeichelnder Stimme. „Auf Wunsch Eures Vaters eskortieren wir Euch nach Hause, um Euch vor Unheil zu bewahren.“ Unüberhörbar hatte sich in seine Heuchelei auch noch leiser Spott gemischt. Er gab einem Soldaten einen Wink, ihr auf die Füße zu helfen.
„Ceredys ist nicht mein Zuhause.“ Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, während sie weiter verzweifelt darüber nachdachte, wie sie dem Unhold entkommen konnte. „Und Ihr könnt mich nicht zwingen, dorthin zurückzukehren.“
„Ruhig Blut, meine Liebe. Ihr werdet uns freiwillig begleiten“, fuhr John seelenruhig fort. „Andernfalls werden meine Leute Ewan MacEgan überfallen. Wenn ich nicht irre, ist er zu Fuß unterwegs. Mühelos kann ihn ein Pfeil von hinten durchbohren.“ Er schlug einen anbiedernden Ton an. „Aber wenn Ihr mir freiwillig folgt, lasse ich ihn in Frieden.“
Sie glaubte ihm kein Wort, ebenso könnte sie Vertrauen zu einer Giftnatter fassen. Aber dies war der falsche Zeitpunkt, sich mit ihm anzulegen. Ewan hatte vermutlich den Weg nach Westen eingeschlagen, zur Küste hin. In freiem Gelände wäre er jedem Angriff schutzlos ausgeliefert.
Nein, sie durfte Ewan nicht in Gefahr bringen. Sie musste Ergebenheit vortäuschen und den richtigen Moment zur Flucht abpassen.
„Mir bleibt wohl keine andere Wahl, oder?“
John lächelte selbstzufrieden. „Eure Einsicht ist erfreulich. Ich gebe den Befehl für Eure Abreise und kümmere mich darum, dass der Rest Eures Gepäcks auf einen Maulesel geladen wird.“
Plötzlich richtete er den Blick auf ihren Gürtel, seine Augen wurden schmal. „Euer Dolch ist zerbrochen. Wie seltsam.“
Bevor sie zu einer Bewegung fähig war, riss er ihr den Dolch vom Gürtel. Der Griff löste sich, und der Rubin rollte über den Steinboden. Johns Augen glänzten vor Gier und Triumph. „Sieh da! Ihr wolltet ihn also vor mir verstecken.“
„Ich habe ihn erst gestern Abend gefunden.“
„Elende Lügnerin. Und nun werdet Ihr mir auch verraten, wo der Rest des Schatzes verborgen ist.“
„Das weiß ich nicht.“
Seine Faust schnellte vor, doch Honora warf sich geistesgegenwärtig zu Boden und entging dem Schlag. John warf ihr den Dolchgriff vor die Füße, einzig die Klinge und den Rubin behielt er. Durch ein böses Grinsen verzerrte sich sein entstelltes Gesicht zur Fratze. „Ich finde den Schatz, verlasst Euch drauf! Ihr werdet mir alles gestehen, sonst werdet ihr es bitter büßen.“
An seine Männer gerichtet, befahl er: „Bewacht sie, während ich mich um die Pferde kümmere. Keiner betritt diese Kammer außer mir.“
Ein Soldat blieb bei ihr, während die anderen Posten vor der Tür bezogen. Honora zwang sich zur Ruhe. Sie nahm sich vor, ergeben und gehorsam zu sein wie ihre Schwester, nur so konnte sie den richtigen Augenblick abpassen, um ihren Wächter zu überrumpeln.
Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Die Kammer war verdunkelt, da der Soldat die Läden geschlossen hatte. Bei Gott, sie wünschte, der Wehrgang wäre näher. Der Fensterschlitz war breit genug, um sich hindurchzuzwängen. Mit einem
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