Irische Küsse
stieß sie sich beherzt ab und schwang sich in die Tiefe.
Die Sonne begann am Horizont zu sinken, als Ewan am Fluss Halt machte, um zu trinken. Er war dem Pfad nach Westen gefolgt, seine Füße schmerzten nach dem langen Fußmarsch.
Seine Niederlage verursachte ihm einen bitteren Geschmack im Mund. Ohne ein Pferd würde es Tage dauern, bis er die Küste erreichte. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, sich Lord Ardennes’ Befehlen zu widersetzen und seinen Wallach aus dem Stall zu holen. Aber letztlich hielt er es für klüger, Frieden mit dem Baron zu halten und sich seinen Anordnungen zu fügen, auch wenn sie ihm ungerecht erschienen.
Er war nach Ardennes gereist, um eine Braut heimzuholen und seinen Sehnsüchten einen großen Schritt näher zu kommen, seinem Traum, Land zu besitzen und eine schöne Frau an seiner Seite zu haben. Es sollte der Beginn eines neuen Lebens für ihn sein, in dem er Herr über sein eigenes Reich und nicht länger auf die Zuwendungen seiner Brüder angewiesen war.
Und nun stapfte er zu Fuß und bettelarm einer ungewissen Zukunft entgegen. Sein eigenes ungestümes Verhalten und seine Unbeherrschtheit hatten ihn aus Ardennes vertrieben. Aber er bereute nicht, Honora verteidigt zu haben. Er würde es wieder tun.
Sie war zu einer willensstarken Frau herangewachsen. Auch sie hatte viel Ungemach und Leid ertragen müssen, ohne dass sie in Selbstmitleid zerflossen war.
Ewan bewunderte ihre Tapferkeit. Und ob er es sich nun eingestehen wollte oder nicht, sie fehlte ihm jetzt schon. Honora war ihm in jeder Hinsicht ebenbürtig, sowohl im Umgang mit dem Schwert als auch in ihrer sinnlichen Leidenschaft.
Die nächtlichen Zärtlichkeiten, die sie im Garten getauscht hatten, verfolgten ihn noch immer. Der Duft ihres Haares, die Süße ihres Mundes … ihre seidige Haut.
Er hätte sie nicht zurücklassen dürfen, trotz aller zusätzlichen Schwierigkeiten, die ihm daraus erwachsen wären. Wenigstens wäre sie in seiner Nähe keiner Gefahr ausgesetzt.
Die Dämmerung brach herein. Ewan entzündete ein Feuer und errichtete sich ein Nachtlager. Er hatte die Küchenmagd überredet, ihm etwas Proviant einzupacken. Als er das Bündel aufschnürte, hörte er Hufschläge eines einzelnen Pferdes.
Ewan griff nach seinem Schwert und spähte in die Ferne. Im letzten Tageslicht blinkte das Metall einer Rüstung auf. Er warf sich schutzsuchend ins hohe Gras und wartete darauf, dass der feindliche Soldat sich näherte.
Hatte Lord Ardennes ihm einen Mann hinterhergeschickt? Vielleicht sogar John of Ceredys? Er wünschte, Pfeil und Bogen bei sich zu haben.
Auf allen vieren kroch er hinter ein Gebüsch an der Uferböschung, die Hand am Schwertgriff. Während der Reiter sich näherte, fiel ihm etwas Merkwürdiges auf. Der Soldat saß nicht aufrecht im Sattel, sondern hing vornübergesunken am Hals des Pferdes. Er trug die Farben von Ardennes, aber keinen Schild.
Ein Verwundeter? Oder war es nur eine List, um ihn in Sicherheit zu wiegen?
Vorsichtig verließ Ewan sein Versteck, als das Pferd zum Stehen kam. Der Soldat versuchte sich aufzusetzen, glitt kraftlos aus dem Sattel und fiel zu Boden.
Críost. Es war Honora.
Ewan steckte sein Schwert in die Scheide, eilte zu ihr und half ihr, sich aufzurichten. Sie sank ihm ermattet an die Brust, und Ewan konnte kaum fassen, dass sie sich so lange in der Rüstung im Sattel gehalten hatte.
Er spähte um sich, ohne einen Verfolger zu entdecken. „Geht es dir gut?“
Er nahm ihr Helm und Kettenhaube ab, und Honora lächelte müde. „Jetzt schon.“
14. KAPITEL
Ewan half ihr, die schwere Rüstung abzulegen. Darunter trug sie ein Hemd und einen zerknitterten Bliaut, beides klebte schweißnass an ihr.
„Ich bin so müde“, murmelte sie und ließ ihn gewähren. „Ich glaubte schon, ich würde dich nie mehr finden.“
Sie barg ihre Wange an seiner Brust, und Ewan strich ihr das feuchte Haar aus dem Gesicht. „Ich bin froh, dass du gekommen bist.“
Er konnte kaum glauben, dass sie wirklich bei ihm war und hätte gern gewusst, wieso sie ihm gefolgt war. Er zögerte aber, danach zu fragen, als könne sie ihm dadurch irgendwie entgleiten und entschwinden.
Ewan küsste sie sanft auf die Lippen, doch noch mehr sehnte er sich danach, sie zu streicheln. Aber er wollte sie zu nichts drängen. „Ich habe etwas für ein Nachtmahl dabei, solltest du hungrig sein.“
Ihr Lächeln vertiefte sich. „Gott sei Dank. Ich habe gehofft, dass du mich nicht verhungern
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