Irische Küsse
vertieften sich ihre Gefühle für ihn. Das war gefährlich. Die Nächte in seinen Armen hatten sie überglücklich gemacht. Selbst jetzt, wenn sie nur an seine Zärtlichkeiten dachte, begann ihr Herz schneller zu klopfen. Und heute Nacht wollte sie wieder bei ihm liegen.
Als sie später die Halle betrat, entdeckte sie Ewan augenblicklich in der großen Schar von Männern und Frauen. Obgleich in ein Gespräch vertieft, hob er bei ihrem Erscheinen den Kopf, und Honora las glühende Leidenschaft in seinen Augen. Sie blieb wie angewurzelt stehen, gefangen im Bann seiner Augen, die sich nicht an ihr sattsehen konnten.
Er unterbrach den Gedankenaustausch und eilte ihr entgegen. Ihre Knie begannen zu zittern, das Blut rauschte ihr in den Ohren. Ewan trat auf sie zu, nahm sie wortlos bei der Hand und zog sie mit sich. Honora konnte kaum Schritt mit ihm halten, geschweige denn, sich aus seinem festen Griff befreien.
„Wohin bringst du mich?“, fragte sie beklommen. „Deine Familie …“
„Kann warten“, führte er ihren Satz zu Ende. „Das Festmahl beginnt erst in einiger Zeit. Und ich will vorher noch allein mit dir sein.“
Er stieg mit ihr die Wendeltreppe hinauf, hielt plötzlich inne und nahm sie in die Arme. Ewan küsste sie leidenschaftlich, kostete von ihrem Mund und ihrer Zunge, als könne er nicht genug von ihr bekommen.
Honora vermochte unter seiner lüsternen Besitznahme kaum zu atmen. Schwindel befiel sie. Schließlich schlang sie die Arme um seinen Hals und gab sich dem Hunger seiner Küsse hin.
„Du gehörst mir, Honora“, raunte er an ihrer Kehle. Sie wühlte die Hände in sein Haar und schmolz unter seiner hitzigen Leidenschaft dahin. Diese heimlichen Augenblicke waren alles, was ihnen gegönnt war. Und auch sie würden ihnen bald genommen werden.
Als sie jedoch spürte, wie seine Hand sich an ihren Röcken zu schaffen machte, setzte ihr Verstand wieder ein. Sie durfte nicht zulassen, dass er auf der Treppe über sie herfiel, wo sie jeden Moment ertappt werden konnten.
„Ewan, bitte …“
„Still“, raunte er und knabberte an ihrem Ohrläppchen. Seine Hände gruben sich in ihr Gesäß und pressten es an seine Lenden.
Honora begriff, dass Worte nicht durch den Nebel seiner sinnlichen Trunkenheit drangen. Sie musste handeln.
Sie drehte das Gesicht zur Seite, stieß ihn von sich und griff gleichzeitig nach dem Dolch an seinem Gürtel. „MacEgan, behalte deine Hose an und beherrsche dich. Du kannst mich später haben.“
„Gut gesprochen“, ertönte eine tiefe Männerstimme von oben. Schuldbewusst fuhr Honora herum. Ein kostbar gewandeter Mann schritt die Treppe herab. Der Goldreif um seine Stirn wies ihn zweifelsohne als König Patrick von Laochre aus.
„Mein Bruder“, fuhr der König lächelnd fort, „ich glaube, du hast endlich die Richtige gefunden.“
17. KAPITEL
Ewan streckte die Hand aus, und Honora gab ihm den Dolch mit dem Heft voran zurück. Er stellte sie seelenruhig seinem Bruder vor, und sie wäre am liebsten im Boden versunken.
„Willkommen daheim.“ Patrick schlug ihm kräftig auf die Schulter, bevor er sich Honora zuwandte. Seine Augen funkelten belustigt. „Ihr erinnert mich an Isabel. Sie ist auch schon mit dem Dolch auf mich losgegangen.“
„Eine schlechte Angewohnheit von mir“, gestand sie zerknirscht und mit glühenden Wangen, und an Ewan gerichtet fuhr sie fort: „Verzeih, das hätte ich nicht tun dürfen.“
Er ergriff ihre Hand und drückte sie. „Tu es nie wieder.“
Er hatte bei ihrem Anblick einfach den Verstand verloren. In dem kornblumenblauen Gewand und dem cremefarbenen Léinesah sie überirdisch schön aus. Die Farben ließen ihren Teint transparent leuchten. Der weiche Faltenwurf betonte ihre weiblichen Rundungen und ihre schmale Taille.
Bevor sie etwas sagen konnte, ergriff sein Bruder das Wort. „Ewan, kehre mit Honora in die Halle zurück und stelle sie dem restlichen MacEgan-Clan vor. Wir sprechen später über den Zwischenfall an der walisischen Küste.“
Gehorsam nahm Ewan sie bei der Hand und begleitete sie in die Große Halle zurück. Sämtliche Clanmitglieder und näheren Verwandten hatten sich eingefunden und saßen an langen Tischen in dem riesigen Raum. Isabel entdeckte er an der Hochtafel, sie wartete auf ihren königlichen Gemahl. Auch seine Brüder und ihre Gemahlinnen hatten bereits ihre Plätze eingenommen, nur der Stuhl seines Bruders Trahern war leer.
Beim Anblick der festlich gedeckten Tische, auf denen
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