Iron Witch
und ihre Wangen glühten, dachte sie: Wie könnte ich da widerstehen!
Der Weg, den Xan einschlug, schlängelte sich an einem frisch gepflanzten Wäldchen vorbei. Der Abstand zwischen den in unregelmäßigen Abständen verteilten Straßenlaternen schien hier größer zu sein, und das sporadisch durchsickernde Licht zeigte keine größere Wirkung in der frühen Dunkelheit.
In diesem Teil des Parks waren auch weniger Menschen unterwegs, und der Pfad lag abseits der Hauptstraße. Donna nahm gedämpfte Motorengeräusche durch das Unterholz wahr, aber alle anderen Geräusche waren die der Natur – Vögel, die sich gegenseitig zuzwitscherten, bevor sie sich für die Nacht niederließen, und seltsame, undefinierbare, tieftönige Schwingungen, die an Froschgequake erinnerten. Im Ernst, Donnas Wissen über die Tierwelt war erbärmlich, aber sie genoss es, sich mit Xan an diesem Ort, in der kalten Luft des herrlichen Abends, zu verlieren.
Hier draußen schien er mit sich im Reinen zu sein. Seine Hände hatte er noch immer tief in den Taschen vergraben, und mit seinen strahlend grünen Augen blickte er wachsam um sich.
Donna brach dann das Schweigen. »Ist das hier eine gängige Abkürzung?«
Xan schaute sie an. »Ja, man muss nicht um die ganze nordöstliche Ecke laufen; so ist es viel …«
Doch er hatte keine Gelegenheit mehr, den Satz zu beenden. Eine mannsgroße Gestalt stürzte sich auf ihn und schleuderte ihn zu Boden. Donna hörte, wie Xan regelrecht die Luft aus den Lungen gepresst wurde, als er noch einen Schreckensschrei ausstieß, der jedoch sofort abgeschnitten wurde, als der Angreifer Xan mit seinen großen Händen würgte.
»Xan!« Donna stürzte auf die beiden zu. Sie wälzten sich am Boden, wirbelten dabei einen Haufen vertrockneter Blätter auf und verscheuchten ein Nest schlafender Eichhörnchen.
Es schien, als hätte Xan die Oberhand, denn mittlerweile kniete er über seinem Angreifer. Donna verschwendete einen kurzen Gedanken daran, wie er das wohl so schnell zustande gebracht hatte, aber alles war vergessen, als sie die Person , mit der Xan kämpfte, zum ersten Mal richtig sah. Auf den ersten Blick hätte man ihn für einen normalen Obdachlosen halten können; einfach irgendein Typ von der Straße, mit einem schäbigen Mantel und ein paar Halstüchern, die sein Gesicht verhüllten. Donna erhaschte einen Blick auf helle Haut und einen buschigen, dunklen Bart, bevor der Angreifer sich losriss und wieder auf die Füße kam.
Mit einer einzigen, extrem schnellen und äußerst geschickten Bewegung sprang Xan vom Boden in den Stand. Donna war sprachlos. Was zum Teufel? Wie hatte er das gemacht?
Bevor sie aber noch weiter darüber nachdenken konnte, packte der obdachlose Irre ihren Arm und zog sie an sich. Sie hatte erwartet, er würde fürchterlich stinken, aber alles, was sie riechen konnte, war frische Erde und der schwache Duft von feuchten Regenschirmen.
»Lass mich los!« Donna zappelte, aber er hielt sie mit beiden Armen fest umschlungen. Er stand hinter ihr und hielt ihren Rücken an seinen Brustkorb gepresst, ihre Arme regungslos an den Seiten ihres Körpers eingeklemmt.
Xan hatte eine geduckte Angriffshaltung eingenommen. Seine Haare waren völlig zerzaust, und seine Augen blitzten wie Smaragde in der Dunkelheit.
»Mann, lass sie los, nimm die Hände von ihr!«, knurrte er mit tiefer, vor Wut zitternder Stimme. Donna konnte den Zorn in seinen Worten genauso spüren wie die eigene Panik, die in ihr aufstieg. Irgendwie schmeichelte es ihr zu wissen, dass dieser Typ, den sie gerade erst kennengelernt hatte, sie beschützen wollte.
Aber es gab etwas Wichtiges, was Xan nicht über sie wusste. Donna Underwood musste nicht beschützt werden. Durch ihre Arme und Hände floss die Magie der alten Alchemisten. Sie war eine Missgeburt mit einer besonderen Gabe.
Sie holte tief Luft, ballte ihre Hände zu Fäusten und drückte beide Arme nach außen. Der abgewrackte Typ war stark, aber Donna würde ihr Leben darauf wetten, dass sie stärker war. Ihr Angreifer gab einen überraschten Laut von sich, als sie sich losriss. Er strauchelte nach hinten, stolperte über einen Ast und versuchte sein Gleichgewicht zu halten.
Jetzt war Xan derjenige, der sie verwundert anschaute. Es fühlte sich gut an zu wissen, dass sie auf sich selbst aufpassen konnte. Es kam nicht oft vor, dass sie dankbar dafür war, anders zu sein. Aber dieses Mal war es so.
Xan und Donna standen dem Penner jetzt Seite an Seite gegenüber.
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