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Iron Witch

Iron Witch

Titel: Iron Witch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Mahoney
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nie, ob sie einen erkennt.
    Trotz allem war es schön, sie heute zu sehen. Ich war überrascht, wie erleichtert ich war, einfach nur bei ihr sitzen zu können, ihre Hand zu halten und ihr in die Augen zu schauen. Ihre wunderschönen Augen, die immer noch diese ungewöhnliche silbergraue Farbe haben – meine Augen sind nur eine armseliger Abklatsch davon, obwohl ich mich erinnern kann, dass Dad uns immer miteinander verglichen hat und behauptete, dass es unsere Augen seien, die uns wie Schwestern aussehen ließen. Mom musste darüber immer lachen.
    Erinnerungen sind manchmal so dämlich. Warum kann ich mich nur an das nutzlose Zeug erinnern?
    Die schönen roten Haare meiner Mom sind verblasst, und die weiße Strähne über ihrer Stirn ist seit meinem letzten Besuch größer geworden. Ich nahm die schwere Bürste von der altmodischen Kommode und fing an, ihr langes Haar zu bürsten. Eine Strähne nach der anderen bürstete ich langsam und systematisch, bis ihr Haar wie poliertes Holz glänzte.
    Sie nahm es hin und sprach kein Wort. Ich fragte mich, ob sie mich für eine ihrer Pflegerinnen hielt.
    Aber zum ersten Mal seit Monaten schien es mir, als ob sie sich tatsächlich erinnerte, wer ich war. Als ich die Bürste zurücklegen wollte, griff sie nach meiner Hand und versuchte mir etwas zu sagen – nur leider kamen keine Worte. Zumindest nicht am Anfang. Nicht, bis sie sich plötzlich in ihrem Stuhl nach vorne beugte und mich so intensiv anstarrte, dass ich Angst bekam.
    Sie saß eine Ewigkeit so da – es kam mir vor wie Stunden, obwohl es natürlich nur ein oder zwei Minuten waren. Wir sprachen kein Wort, und ich spürte, wie mein Herz raste. Vielleicht erinnerte sie sich an irgendetwas.
    Mom sagte: »Wir haben versucht dich zu retten.«
    Immer und immer wieder sprach sie diese Worte, nur diese: »Wir haben versucht dich zu retten.«
    Sie wiederholte die Worte wie ein Mantra, ging an ihren Nachttisch und öffnete die oberste Schublade. Sie wühlte eine Ewigkeit darin herum und zog schließlich eine kleine hölzerne Schmuckschatulle hervor. Sie öffnete den Deckel und nahm einen winzigen Beutel aus weichem, schwarzem Samt heraus, den sie mir in die Hand drückte.
    »Wir haben versucht dich zu retten«, sagte sie wieder und nickte bestimmt, als ob sie sich selbst davon überzeugen wollte. »Wir haben versucht dich zu retten.«
    Letztendlich musste eine Krankenschwester kommen und ihr ein Beruhigungsmittel geben, da sie immer aufgewühlter wurde. Sie versuchten mich zum Gehen zu bewegen, aber ich wollte auf keinen Fall diesen Raum verlassen, solange die Chance bestand, dass Mom noch mehr sagte.
    Wovon redete sie? Mich vor was retten? Vor den Elfen? Ich wünschte, sie hätte mehr gesagt – es ist das Einzige, das ich jemals im Zusammenhang mit dieser Nacht von ihr gehört habe.
    Ich saß am Bett und lauschte ihren Atemzügen und dem gelegentlichen Zucken und Gemurmel, das sie selbst im Schlaf noch von sich gab. In dem Beutel, den sie mir gegeben hatte, befand sich ein wunderschönes, filigranes, silbernes Armband mit Anhängern. Es klimperte, als ich es schüttelte und ins Licht hielt. Ich stopfte es mitsamt dem kleinen Beutel in meine Hosentasche und beschloss es mir später genauer anzusehen. Ich wusste, dass das Armband wichtig sein musste, aber für den Moment wollte ich nur bei Mom sitzen bleiben.
    Ich beobachtete ihr schönes und dennoch gezeichnetes Gesicht, wie es sich endlich im Schlaf entspannte.
    Eines Tages werde ich herausfinden, was ihr zugestoßen ist, und dann überlege ich mir, wie ich sie zurückholen kann.

Sieben
    D onna wartete im Park auf Alexander Grayson und bemühte sich, ihre Nervosität zu unterdrücken. Während der Unterrichtsstunden hatte sie vor sich hingeträumt, und ihre Lehrerin Alma hatte sich sogar über die mangelnde Aufmerksamkeit ihrer Schülerin beschwert. Donna war allerdings der Meinung, dass man ihr deswegen keinen Vorwurf machen konnte, denn der Unterricht montags bestand aus »normalem« Lehrstoff, wie sie ihn auch in der Highschool durchnehmen würde; wie sollte sie sich also auf die Unabhängigkeitserklärung konzentrieren, wenn sie fast so etwas wie ein Date mit einem unglaublich umwerfenden Typen hatte?
    Genau in der Mitte des Parks befand sich ein beliebter Treffpunkt für Freunde und Pärchen. Donna setzte sich auf eine leere Parkbank, und ihr Blick wanderte zum alten Musikpavillon. Plötzlich fühlte sie sich unsicher und gammlig in ihren ausgefransten Jeans, obwohl

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