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Iron Witch

Iron Witch

Titel: Iron Witch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Mahoney
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vordrangen. Die Laubbäume trugen kaum noch Blätter, aber die Tannen waren so groß, dass sie das Licht des blauen Himmels völlig blockierten. Die Sonne ließ ihre goldgelben Strahlen wie Splitter zwischen den Bäumen aufblitzen, die sofort wieder verschwanden, nur um Sekunden später in einer anderen schattigen Lücke wieder aufzutauchen.
    Donna verlangsamte ihr Tempo und runzelte die Stirn. »Schau mal, der Weg teilt sich. In welche Richtung gehen wir?«
    Xan lief zu der kleinen Kreuzung. Er schloss die Augen und legte seine Hand auf den Stamm einer alten Eiche. Donna beobachtete ihn und versuchte nicht daran zu denken, wie ihm die Haare ins Gesicht fielen und ihn jünger als Neunzehn aussehen ließen. Mit einem Mal musste sie an Navin denken und an das, was wohl gerade mit ihm passierte, aber sie zwang sich Geduld zu bewahren. Sie glaubte fest daran, dass Navin am Leben war und dass es ihm gut ging – sie mussten ihn einfach nur finden, und dann wäre alles wieder in Ordnung.
    Xan öffnete die Augen und nickte nach rechts. »Hier entlang.«
    »Bist du sicher?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Nicht wirklich, aber besser geht’s nicht.« Er schaute sie an. »Kannst du dich denn an gar nichts erinnern?«
    »Nein, ich hab dir doch gesagt, dass ich mich an kaum etwas erinnern kann.« Donna schluckte, als sie an ihren Vater dachte. »In meinen Träumen sehe ich immer eine Lichtung, aber ich weiß nicht, ob sie real oder nur eingebildet ist.«
    Er nahm ihre Hand, und durch den Handschuh hindurch spürte sie Wärme und Sicherheit. »Vielleicht finden wir es heraus«, sagte er.
    Donna drückte sanft seine Hand und bemühte sich zu Lächeln. Sie verdrängte die Erinnerung an das, was vor ein paar Stunden mit Melanie passiert war. Die Kraft ihrer Hände machte ihr manchmal Angst. Es schien, als ob sie dieses Freaky-Gewalt-Zeug echt immer nur dann machte, wenn ihre Gefühle das Adrenalin in ihr zum Überkochen brachten.
    Xan sah ihr in die Augen. »Donna, ich bin so froh, dass ich dich gefunden habe.«
    Donna stockte der Atem. »Hey«, sagte sie und versuchte witzig zu klingen. »Ich habe dich gefunden, vergiss das nicht.«
    »Und zum Glück hast du mich sofort durchschaut. Mein Gott, ich hab mich an dem Abend auf dem Dach wie ein Idiot aufgeführt.«
    »Nein, hast du nicht.« Na ja, dachte sie, vielleicht ein klein wenig. Sie biss sich auf die Lippe, um nicht zu grinsen.
    »Hab ich doch, und das wissen wir beide. Ich hab voll den Angeber raushängen lassen – hab so getan, als wäre ich mysteriös und unnahbar. In Wirklichkeit bin ich gar nicht so.« Er grinste. »Zumindest nicht immer.«
    Sie folgten dem Pfad nach rechts und liefen schweigend nebeneinander her. Donnas Gedanken schweiften ab, und Quentins Standuhr kam ihr wieder in den Sinn. Vielleicht gab es morgen nach dem Unterricht bei Alma für sie noch mal eine Gelegenheit, sich die Uhr anzuschauen.
    Dann blieb sie stehen, weil Xan unvermittelt vor ihr anhielt. Er starrte wie gebannt in das Unterholz auf der linken Seite des Pfads. In seinen Augen erkannte sie nackte Angst, und der Anblick verschlug ihr den Atem.
    »Xan, was ist los?« Sie ging zu ihm und fragte sich dabei, ob es okay wäre, ihn zu berühren, oder ob sie es besser lassen sollte. Er sah aus, als wäre er in Stein gemeißelt. Auf seinem Gesicht lag ein verbissener Ausdruck, und im spärlichen Licht, das durch die Bäume fiel, sah seine sonst so goldbraune Haut blass aus.
    »Wir sind da.«
    Donna schaute sich um und fragte sich, woher er das wusste. Für sie sahen alle Bäume gleich aus, nur das Unterholz war hier dichter, und es fiel noch weniger Licht durch die Baumkronen. Xan starrte in das Dickicht der Bäume auf eine Gruppe langblättriger Büsche. Donna fiel nichts Außergewöhnliches daran auf.
    Zumindest nicht sofort. Als aber ihre Hände zu pochen begannen und der bekannte Schmerz sich in ihren Handgelenken und Armen ausbreitete, ahnte sie, dass sie am richtigen Ort sein mussten.
    Xan räusperte sich. »Da müssen wir durch.« Er reichte ihr wieder die Hand, die sie dankbar ergriff. »Donna, bist du sicher, dass du das hier tun willst?«
    Sie nickte. »Absolut.« Ihr Magen krampfte sich zusammen, aber sie wusste, dass sie keine andere Wahl hatte. Sie musste Navin finden.
    Xan verließ den Pfad und zog Donna mit sich. Sie bahnten sich einen Weg durch das dichte Unterholz. Sie bückten sich unter Ästen und Ranken hindurch, die nach ihnen griffen und sich in ihren Haaren verfingen. Donna

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