Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

…« Adler japste hörbar nach Luft und versuchte dann zu lachen. Es misslang schrecklich. »Eine Maschine, die sich selbst repariert? Sie sind ja verrückt!«
    »Ich wollte, es wäre so«, antwortete Nikola ernst. »Möchten Sie Ihr Leben darauf verwetten?«
    »Ich habe einen Mann draußen postiert, der uns warnt«, behauptete Adler, und das musste wohl auch stimmen, denn er hatte noch nicht einmal ganz zu Ende gesprochen, da wehte das lang nachhallende peitschende Echo eines Schusses durch die offene Tür zu uns herein, gefolgt von einem gellenden Schrei, der in schier unmenschliche Höhen anstieg und dann mit so erschreckender Plötzlichkeit abbrach, dass die nachfolgende Stille umso Furcht einflößender klang.
    Allerdings währte sie nicht einmal eine Sekunde, dann ertönte ein fürchterlicher, reißender Laut, dem das Trappeln zahlreicher harter Beine folgte, und Nikola schrie so laut, dass es in den Ohren gellte: »Die Tür!«
    Ich reagierte, ohne wirklich zu denken – dafür war keine Zeit –, und raste zum Eingang. Auf dem letzten Stück stolperte ich ausgerechnet über Jacobs’ ausgestreckte Beine, doch das Schicksal hatte ausnahmsweise ein Einsehen mit mir: Ich fiel zwar, wandelte meinen Sturz aber im letzten Moment in einen lang gestreckten Hechtsprung um, an dessen Ende meine Handflächen wuchtig genug gegen die Tür prallten, dass sie mit einem Knall ins Schloss geschmettert wurde; und auch wuchtig genug, um das meterlange haarige Bein abzuquetschen, das genau in diesem Sekundenbruchteil zu uns hereinkommen wollte. Funken sprühten, und ich meinte etwas wie einen eisernen Schmerzensschrei zu hören. Doch dann prallte etwas mit solcher Urgewalt gegen die Tür, dass sie hinter einer explodierenden Wolke aus Staub verschwand und sogar eine der schweren Angeln aus der Wand gerissen wurde, mit denen sie befestigt war.
    Meine Handflächen, Knie und Kinn bluteten, und meine Unterarme fühlten sich an, als wären sie gebrochen. Dennoch stieß ich mich mit aller Kraft ab, rammte die Schulter gegen die Tür und legte mit fliegenden Fingern den Riegel vor.
    Und das keinen Sekundenbruchteil zu früh.
    Die Tür dröhnte unter einem zweiten, ungleich heftigeren Schlag, der mich etliche Schritte zurückstolpern und so hart auf das Hinterteil plumpsen ließ, dass mir die Luft mit einem Schmerzensschrei aus den Lungen entwich. Wie durch ein Wunder hielt die Tür jedoch auch diesem Hammerschlag stand, obwohl eine der massiven Angeln aus der Wand gerissen wurde und wie ein Geschoss durch den Raum flog und eine sichtbare Delle im Metall der Tür hinterließ. Erneut erklang ein zorniger Laut von einer Art, wie ich ihn noch nie zuvor gehört hatte, und mir drohten die Sinne zu schwinden.
    Als sich der dampfende Nebel wieder hob, waren gleich drei von Adlers vier Constablern damit beschäftigt, die Tür mit allen möglichen Dingen zu verbarrikadieren, und ein dunkles Augenpaar blickte auf mich herab, dessen bloßer Anblick reichte, mich allen Schmerz vergessen und mein Herz jubilieren zu lassen.
    »Wie fühlen Sie sich, Quinn«, fragte Allison. »Sind Sie verletzt? Geht es Ihnen gut?«
    »Ich glaube, ich habe das schon einmal gesagt«, murmelte ich benommen, »aber sollte nicht eigentlich ich es sein, der Ihnen diese Frage stellt?«
    Allison versuchte zu lächeln, aber so blass und abgekämpft, wie ihr Gesicht war, geriet es eher zu einer Furcht einflößenden Grimasse. Ich hoffte, dass sie mir mein Erschrecken nicht zu deutlich ansah, aber ich fragte mich zugleich auch, ob ich wohl einen ähnlichen Anblick bot.
    Auch wenn ich die Antwort eigentlich kannte.
    Mühsam setzte ich mich auf. »Wie geht es Ihnen?«
    »Ich habe zuerst gefragt«, erwiderte Allison, und diesmal gelang wenigstens ihren Augen ein halbwegs überzeugendes Lächeln. Dann wurde sie wieder ernst. »Was geschieht hier, Quinn? Ich verstehe nicht, was das alles zu bedeuten hat.«
    Diese Frage sollte sie wohl eher an Nikola richten, dachte ich, hütete mich aber, den Gedanken laut auszusprechen. Stattdessen stemmte ich mich umständlich in die Höhe – wobei ich tapfer ihre hilfreich ausgestreckte Hand ignorierte, nach der zu greifen mein Stolz niemals zugelassen hätte – und drehte mich zu Nikola um, der inzwischen herbeigeeilt war und das abgerissene Spinnenbein aufgehoben hatte. Ich hasste Spinnen, und der Anblick sollte mir eigentlich den Magen umdrehen, doch dazu war ich einfach zu aufgedreht.
    Dabei erwies sich das unheimliche Ding auch von Nahem