Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Höhe.
    »Noch eine von Ihren fantastischen Erfindungen?«, fragte ich.
    »Die beste überhaupt«, bestätigte Nikola todernst. »Mir ist nur noch kein passender Name dafür eingefallen. Ich dachte an etwas wie … Magnet? « Mit gewichtiger Miene hob er den Würfel über die Nierenschale. Zunächst geschah nichts, dann meinte ich ein sachtes Zittern zu sehen, und als Nikola den Würfel ein wenig senkte, hob sich das ganze silberne Geflecht ein kleines Stück … und fiel auseinander. Nikola sah sehr zufrieden aus.
    Ohne irgendetwas zu sagen, senkte er den Würfel in den geöffneten Brustkorb des toten Polizisten und erreichte auch dort einen ganz ähnlichen Effekt. Das Metallgespinst begann zu zittern und löste sich hier und da mit matschigem Geräusch aus dem nassen Fleisch, fiel aber praktisch sofort auseinander und zerstob dann zu anthrazitfarbenem Staub.
    »Es ist magnetisch«, stellte Watson überflüssigerweise fest.
    »Und Fleisch und Knochen geben ihm den nötigen Halt«, fügte Nikola hinzu. Ohne ein weiteres Wort trat er an den benachbarten Tisch. Als er das Tuch zurückschlug, sah ich, dass auch darunter eine Leiche lag, die auf dieselbe obszöne Weise geöffnet worden war wie Constabler Bannison. Ich hatte nicht das Bedürfnis, noch mehr unappetitliche Details zu sehen, doch es war auch nicht schwer zu erraten, was Nikola dort tat.
    Was er als Nächstes tat, dafür umso mehr.
    Ohne sich die Mühe einer Erklärung zu machen (oder gar um Erlaubnis gefragt zu haben), kam er zurück, hob seinen Magneten und drückte ihn gegen den Verband an meinem Hals.
    »He!«, protestierte ich. »Was …?« Dann schlug ich Nikolas Hand beiseite und die eigenen Finger gegen den Verband an meinem Hals und sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein, als ein greller Schmerz durch meinen Hals schoss. Der Verband unter meinen Fingern wurde feucht, und Nikola wich vorsichtshalber zwei rasche Schritte vor mir zurück. Er sah kein bisschen so aus, als hätte er ein schlechtes Gewissen, fand ich.
    »Das ist vielleicht eine etwas drastische Methode, aber sie scheint zu funktionieren«, sagte Watson.
    »Sie sollten sich einen stärkeren Magneten besorgen«, fügte Adler hinzu.
    »Einen sehr viel stärkeren«, bestätigte Nikola. »Und vor allem einen vernünftig regelbaren.«
    Ich hatte mich endlich weit genug gefangen, um Nikola wenigstens etwas von dem zu sagen, was mir auf der Zunge lag, doch nun kam mir Watson zuvor, indem er meine Hand grob herunterdrückte und nach dem Verband griff, um ihn zu entfernen. Blut lief an meinem Hals hinab und tränkte meinen Kragen. Es tat weh.
    Watson begutachtete die wieder neu aufgebrochene Wunde in meiner Halsbeuge und machte sich nicht die Mühe, nach einer Pinzette oder etwas anderem zu suchen, sondern nahm Nikola den Magneten ab und presste ihn gegen meinen Hals.
    Diesmal tat es wirklich sehr weh. Ich hätte seine Hand weggeschlagen, wäre Adler nicht rasch hinter mich getreten und hätte meine Arme festgehalten; natürlich mit sehr viel mehr Kraft, als nötig gewesen wäre.
    Weder fiel ich in Ohnmacht, noch kam mehr als ein leises Wimmern über meine Lippen, doch meine Knie wurden weich, und auch wenn ich den Teufel tun und es zugeben würde, war ich doch plötzlich ganz froh, dass Adler mich festhielt, denn meine Knie zitterten.
    Nikola nahm dem Arzt den Magneten ab und betrachtete aus eng zusammengepressten Augen den anthrazitfarbenen Staub, der darauf klebte, zusammen mit meinem Blut. »Haben Sie hier irgendwo ein Mikroskop?«, fragte er.
    Watson starrte ihn nur an, doch ich fuhr herum und stürmte zur Tür.
    Ich musste zu Allison.
    Sofort.



16

    Allerspätestens als ich den Raum betrat, in dem Allison wie ein Tier gehalten wurde, hätte ich gewusst, in welcher speziellen Art von Klinik wir uns befanden. Raum traf es nicht wirklich, denn es handelte sich ganz eindeutig um eine Zelle, der im Grunde nur noch das Stroh auf dem Boden und eiserne Ringe an der Wand fehlten, um die Bezeichnung Kerker zu verdienen. Das Fenster war sehr klein, ließ sich nicht öffnen und hatte extrem dickes Glas, war aber trotzdem noch zusätzlich vergittert. Die schmale Pritsche wäre selbst in einem Armenhospiz schon längst ausgemustert worden, und der einzige andere Einrichtungsgegenstand war ein emaillierter Eimer mit einem Deckel, der nicht ganz schloss. Er war leer, stank aber trotzdem erbärmlich.
    Allison und ich saßen so dicht nebeneinander auf der schmalen Pritsche, wie es gerade noch schicklich

Weitere Kostenlose Bücher