Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
war – schon weil es keine andere Sitzgelegenheit hier drinnen gab –, und es war sehr still geworden, seit ich aufgehört hatte zu reden. Das einzige Geräusch war ein leises Schaben, mit dem Allisons Fingerspitzen über den weißen Verband strichen, der ihren Hals zierte.
    »Das ist … eine recht beunruhigende Geschichte«, sagte Allison endlich.
    »Ja«, antwortete ich einsilbig und bekam keine Antwort. »Wenn es denn wirklich so ist«, fuhr ich nach einer weiteren, zumindest mir endlos erscheinenden Pause fort. »Sie kennen ja Nikola. Wie hat er selbst gesagt: Manchmal steht mir meine eigene Genialität im Wege?«
    »Gerade weil ich Nikola so gut kenne, weiß ich, dass es so ist«, antwortete Allison ernst. Ihre Hand erstarrte mitten in der Bewegung, aber ich hatte das entsetzliche Gefühl, dass sich nun etwas unter ihrem Verband bewegte.
    »Und hat er Ihnen auch gesagt, wie man dieses … Zeug … wieder loswird?«
    »Ihm wird sicher etwas einfallen«, sagte ich. Vielleicht tat ich es etwas zu schnell oder zu überzeugt, denn Allison sah mich zwar nur schweigend an, aber die Dunkelheit in ihren Augen strafte ihr verkrampftes Lächeln Lügen.
    »Nikola sprudelt nur so vor Ideen«, fügte ich trotzdem mit einem alles andere als überzeugenden Lächeln hinzu. »Wenn es jemanden gibt, der eine Lösung findet, dann er.«
    »Sie haben ja Angst um mich!« Allison lachte ganz leise. »Das ist ganz entzückend von Ihnen, Quinn, und ich fühle mich wirklich geschmeichelt. Aber vielleicht ist es ja auch gar nicht so schlimm. Ich meine: Ich fühle mich gut. Ich sage das nicht so, und ich bin auch nicht hysterisch. Aber ich fühle mich sogar besser, als ich es selbst erwartet habe. Sehen Sie, hier.«
    Sie stand auf und entfernte das Pflaster von ihrer Stirn, und ich sah erstaunt, dass darunter tatsächlich nichts als unversehrte rosige Haut zum Vorschein kam. Die hässliche Wunde, die sie sich in dem geheimen Raum unter dem Labor zugezogen hatte, war so spurlos verschwunden, als hätte es sie nie gegeben.
    »Das … ist tatsächlich ein kleines Wunder«, gab ich zu. »Sie scheinen gutes Heilfleisch zu haben. Oder es war doch nicht so schlimm, wie es zunächst ausgesehen hat.«
    »Ja, vielleicht«, antwortete Allison und tat dann etwas, das mich wirklich überraschte: Sie stellte den Fuß auf die Bettkante, zog den Rock hoch, wodurch sie mir einen Blick auf ein äußerst wohlgeformtes Bein und auch noch die Hälfte des Knies gewährte, und beugte sich vor, um mit beiden Händen nach den Schuhriemen zu greifen.
    »Allison, was … tun Sie da?«, fragte ich unbehaglich. Es war ja nicht so, dass mir der Anblick nicht gefallen hätte – ganz im Gegenteil –, aber ich spürte trotzdem, wie ich rote Ohren bekam und konnte mich gerade noch beherrschen, nicht ein weiteres Stück von ihr wegzurutschen.
    Allisons Locken waren weit nach vorne gefallen, sodass ich ihr Gesicht nicht erkennen konnte, aber ich meinte das spöttische Funkeln in ihren Augen trotzdem zu sehen. »Nicht das, was Sie anzunehmen scheinen, Quinn. Ich möchte Ihnen lediglich etwas zeigen. Gehen Sie mir zur Hand?«
    Sie wartete meine Antwort erst gar nicht ab, sondern beharrte mit einem Kopfschütteln darauf, dass ich ihren Halbstiefel ergriff und fest genug hielt, dass sie mit einem energischen Ruck hinausschlüpfte. Was mir einen Blick auf einen noch viel wohlgeformteren Fuß mit einer schlanken Fessel gewährte.
    Einer vollkommen unversehrten Fessel. Auch die rote Schwellung, die ihr das Schlangenmonster als unwillkommenes Andenken hinterlassen hatte, war verschwunden. Ich starrte ihren Knöchel und ihren ebenso wohlgeformten wie unversehrten Unterschenkel so fassungslos an, dass ich sogar die Peinlichkeit der Situation vergaß.
    Und natürlich war das der Moment, in dem die Tür aufging und Captain Adler hereinkam. Ich musste mich nicht einmal umdrehen, um zu wissen, dass er mitten in der Bewegung erstarrte. Und auch nicht, um seinen Gesichtsausdruck zu erraten.
    »Ich hoffe doch, ich störe nicht?«, fragte er. »Ich kann später wiederkommen, wenn es gerade nicht günstig ist.«
    Allison sah zwar mit einem Ruck auf, machte aber keine Anstalten, den Rock wieder zurückzuschlagen, sondern lächelte Adler geradezu absurd herzlich an. »Ich habe Mister Devlin lediglich gezeigt, dass seine Sorgen ganz und gar unbegründet sind. Mir fehlt nichts. Ganz im Gegenteil. Ich fühle mich ausgesprochen wohl.«
    »Ja, das … ähm … scheint mir auch so.« Adler

Weitere Kostenlose Bücher