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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Hand zu, um das Telefon daran zu hindern, endgültig von seinem Schoß zu rutschen, und war zwar kurz abgelenkt, antwortete aber trotzdem: »Das glaube ich nicht.«
    »Es ist auch nicht wahr«, sagte Mulligan lächelnd und versetzte ihm ansatzlos einen Kinnhaken, der ihm nicht nur auf der Stelle das Bewusstsein raubte, sondern ihn auch mitsamt seinem Stuhl nach hinten kippen ließ. Ich griff gedankenschnell zu und bekam das Telefon rasch genug zu fassen, bevor der empfindliche Apparat zu Boden fallen und am Ende noch Schaden nehmen konnte.
    »Und ich dachte wirklich, Sie hätten der Gewalttätigkeit endlich abgeschworen, Mulligan«, seufzte Watson.
    »Ein einfaches Danke hätte vollkommen gereicht, Doktor«, grummelte Mulligan, während Watson und er sich neben dem bewusstlosen Sergeant in die Hocke sinken ließen, um sich jeder auf seine Weise um O’Brien zu kümmern. Mulligan, indem er zwei schon vorbereitete Stricke aus der Jackentasche zog und ihm Hand- und Fußgelenke zusammenband (was er seinem verletzten Arm damit antat, wollte ich lieber gar nicht wissen), Watson, indem er ihn flüchtig zu untersuchen begann.
    »Was ist mit den anderen?« Watsons Finger tasteten über O’Briens Hals, um seinen Puls zu fühlen, mit der anderen Hand hielt er mir die Pfeife hin, die ihm jetzt offensichtlich im Weg war.
    »Der Posten draußen macht ein Nickerchen«, antwortete Mulligan. »Aber es stehen noch zwei am Tor und jeweils einer an den übrigen Eingängen. Soll ich mich um sie kümmern?«
    Ich tat Watson den Gefallen, ihn von der Pfeife zu befreien, damit er beide Hände frei hatte, um den bedauernswerten Sergeant zu versorgen, und trat damit ans Fenster. Das Wetterleuchten im Osten war intensiver geworden, und nun glaubte ich tatsächlich einen fernen, noch hauchdünnen Blitz zu erkennen, auch wenn weiterhin kein Laut zu hören war. Ich war eigentlich kein Pfeifenraucher und verabscheute diese meiner Meinung nach eher affektierte Art des Tabakrauchens für gewöhnlich. Aber in diesem Moment schmeckte sie ganz ausgezeichnet.
    »Es hat für einen Tag schon mehr als genug Gewalt gegeben, Mulligan«, sagte Watson streng. »Und Adlers Männer werden ihren Posten auch gewiss nicht verlassen, solange wir ihnen keinen Grund dafür liefern. Sind das alle?«
    »Unten bei dem Jungen ist noch einer«, antwortete Mulligan. »Ich kümmere mich um ihn, sobald der Tanz losgeht.«
    »Welcher Tanz?«, fragte ich. War ich hier eigentlich der Einzige, der von nichts eine Ahnung hatte?
    »Das Gewitter.« Watson stand auf und zögerte merklich, ehe er weitersprach. Möglicherweise irritierte es ihn ja, dass mir grauer Rauch aus Mund und Nase gekommen war, während ich meine Frage gestellt hatte. Aber er ging nicht darauf ein. »Wir müssen warten, bis das Gewitter näher heran ist.«
    »Und wie lange wird das dauern?« Ich widerstand der Verlockung, noch einen weiteren Zug aus der Pfeife zu nehmen, und wollte sie ihm zurückgeben, doch er ignorierte meine ausgestreckte Hand und ging um seinen Schreibtisch herum, um die gleiche Schublade aufzuziehen und eine Zigarre herauszunehmen, die ich ohne große Mühe als eine Cohiba noch höherer Preisklasse identifizierte als die, die ich in Jacobs’ Büro erbeutet hatte. Ich war sogar fast sicher, so etwas wie ein schadenfrohes Aufblitzen in Watsons Augen zu gewahren, als er ein Streichholz anriss und einen ersten, genießerischen Zug nahm. »Das weiß ich nicht«, antwortete er. »Noch lieber würde ich warten, bis das Gewitter auch hier bei uns angekommen ist. Nur um ganz sicherzugehen. Aber ich fürchte, dass uns so viel Zeit nicht bleibt.«
    »Um was zu tun?«
    »Miss Carter und die anderen zu retten«, antwortete Watson. »Ach ja, und vielleicht den Rest der Welt.«



27

    »Warum heißt es eigentlich Arkham-Institut?«, fragte ich später, als ich neben Mulligan die kaum beleuchtete Treppe hinunterging, zwischen zwei tiefen Zügen aus einer teuren Zigarre, von denen mir Watson schließlich eine ganze Handvoll überlassen hatte. Ich war ihm dankbar, konnte mich aber des Gedankens auch nicht erwehren, dass in manchen Gefängnissen den Delinquenten auf dem Weg zum Galgen noch eine gute Zigarre zugestanden wurde. Was nichts daran änderte, dass sie mir ganz vorzüglich mundete.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Mulligan, der jetzt, als wir wieder allein waren, in den breitesten Cork-Dialekt verfallen war, den ich je gehört hatte. »War wohl eine Idee von Sir Arthur. Weiß nicht, was es

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