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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ist?«
    Mir wäre ein ganz anderes Wort dafür eingefallen, aber ich nickte trotzdem, und Nikola trat endgültig um den Tisch herum und nahm im Vorbeigehen eine Petrischale von einem Regal, die zwei Finger hoch mit einer schwarzen, körnigen Substanz gefüllt war. Behutsam nahm er eine kleine Prise davon und streute sie über das Papier, wie man Zimt oder Schokoladenstreusel auf die Sahnehaube eines Kaffees geben würde. Dann strahlte er Allison an, als erwartete er tosenden Applaus für diese Leistung.
    »Aha«, sagte Carter. Ich schwieg.
    Nikola strahlte nur noch mehr, legte einen großen metallenen Hebel an der Wand hinter sich um und sagte: »Simsalabim!«
    Ein sonderbares, kribbelndes Brummen erklang, und ich hatte das Gefühl, dass das Licht ganz kurz flackerte, aber der Gedanke entglitt mir auch sofort wieder, denn mit dem Blatt ging eine schon fast unheimliche Veränderung vonstatten. Genauer gesagt, mit dem schwarzen Pulver, das Nikola draufgestreut hatte.
    Es begann zu zittern, wie Staub, den ein Windhauch streift, kräuselte und bewegte sich … und floss zu winzigen, akribisch genauen Buchstaben zusammen, die sich wiederum zu genau dem Text aufreihten, der gestern vor unseren Augen zerfallen war.
    »Wie haben Sie das gemacht?«, fragte Allison verblüfft.
    »Oder wäre Ihnen Abrakadabra lieber gewesen?«, feixte Nikola, statt ihre Frage zu beantworten. »Na, bin ich ein Genie, oder bin ich ein Genie? Obwohl ich gestehen muss, dass es im Grunde ganz einfach war, nachdem ich es erst einmal begriffen hatte.«
    Allison sah ihn nur weiter verständnislos an, doch ich beugte mich vor und tippte das Blatt behutsam mit dem Fingernagel an. Einige Buchstaben begannen zu zittern und drohten auseinanderzufallen, scharten sich dann aber so trotzig wieder zusammen wie ein Bienenstock, der nur kurz in seiner Ruhe gestört worden war.
    »Magnetismus?«, vermutete ich.
    Nikola warf mir einen kurzen, anerkennenden Blick zu. »Das ist ganz normaler Grafit, wie Sie ihn in jedem Bleistift finden«, bestätigte er. »Das Geheimnis ist das Papier, nicht das Pulver. Erinnern Sie sich, dass ich ein wenig davon aufgefangen habe? Es kam mir gleich auf sonderbare Art bekannt vor.«
    »Sie wollen sagen, es sei magnetisches Papier?«, fragte Allison.
    Nikola verneinte heftig. »Das Magnetfeld entsteht in der Tischplatte, sobald ich den Strom einschalte«, sagte er mit einer Kopfbewegung auf den Hebel hinter sich. »Aber irgendetwas ist in diesem Papier, das die Partikel in eine bestimmte Konstellation zwingt, sobald ein magnetischer Impuls darauf trifft. Sehen Sie.« Er legte den Hebel um und versetzte dem Blatt einen winzigen Stups, und die Buchstaben verwischten wie Tinte, über die Wasser fließt. Allerdings nur ganz kurz, denn dann schaltete er den Strom wieder ein, und die Schrift erschien erneut.
    »Also so eine Art magnetische Tinte«, stellte ich fest. »Das ist erstaunlich. Die perfekte Geheimschrift. Sie sollten diesen Trick verkaufen, Nikola. Alle Spione der Welt würden sich darum reißen. Sie könnten reich werden.«
    Nikolas Grinsen erlosch. »Ich wäre bereits ein sehr reicher Mann, wenn ich auch nur einige meiner Erfindungen an das Militär verkauft hätte, Mister Devlin«, sagte er ernst. »Sie waren sehr daran interessiert, glauben Sie mir.«
    »Das ehrt Sie«, mischte sich Allison ein, noch bevor ich antworten konnte. »Aber was hat das mit Stanleys Verschwinden zu tun?«
    »Das weiß ich nicht«, bekannte Nikola und schaltete den Strom noch einmal aus und wieder ein, was den Grafit auf dem Blatt zu einem neuerlichen hektischen Tanz veranlasste. »Vielleicht nichts. Aber ich finde es auf jeden Fall höchst interessant. So etwas ist mir noch nie begegnet, und ich dachte eigentlich, ich wüsste alles.«
    »Niemand weiß alles«, sagte ich.
    »Er schon«, behauptete Allison.
    »Ich werde es auf jeden Fall noch gründlicher in Augenschein nehmen«, fuhr Nikola fort. »Das ist ein ganz erstaunlicher Fund, der sich als wertvoll erweisen könnte. Wie wertvoll, das kann ich jetzt noch gar nicht abschätzen … Sie haben doch nichts dagegen, Quinn?«
    »Warum sollte ich?«
    »Immerhin gehört es streng genommen Ihnen.«
    »Streng genommen gehört es Stanley Jacobs«, korrigierte ich ihn. »Helfen Sie mir, ihn zu finden, und ich bin sicher, dass ihm ein Blatt Papier als Belohnung nicht zu viel ist.«
    »Nein, bestimmt nicht«, warf Allison ein. »Aber nun würde ich wirklich gerne …«
    »… das Schiff sehen,

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