Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
dahinterliegenden gemauerten Gang mit gewölbter Decke. Hier roch es womöglich noch schlechter, doch er war vollkommen leer. Ich ging bis zu seinem Ende und betastete die Mauer mit meiner unversehrten Hand. Sie fühlte sich massiv an und sehr kalt.
    »Sind Sie jetzt zufrieden?«, fragte Allison an Nikola gewandt. »Hier unten ist gar nichts.«
    »So würde ich das …«, begann Nikola, zog es dann jedoch vor, den Satz lieber nicht zu beenden. Irgendetwas musste er wohl in Allisons Augen gelesen haben, das ihn beunruhigte.
    »Sie können Ihre wissenschaftliche Neugier gern später befriedigen, aber mein Bedarf an Abenteuern ist für heute mehr als gedeckt. Hier unten riecht es wie in einer Kloake, und wahrscheinlich wimmelt es nur so von Ungeziefer. Sind wir nicht auf der Jagd nach solchem überhaupt erst hierhergekommen?«
    »Spinnen sind alles andere als Ungeziefer«, antwortete Nikola, was möglicherweise richtig, aber ganz gewiss nicht klug war. Er fuhr trotzdem fort: »Es handelt sich ganz im Gegenteil um überaus nützliche Tiere, auch wenn ich zugeben muss, dass sie wahrscheinlich kaum einen Preis bei einem Schönheitswettbewerb gewinnen würden.«
    Allison starrte ihn an, und Nikola kam wohl endlich zu dem Schluss, jetzt doch besser die Klappe zu halten. Ich tastete noch einmal mit spitzen Fingern über die Wand – sie war nicht nur kalt, sondern so feucht, dass das Wort nass schon zutreffender gewesen wäre. Dann machte ich kehrt, blieb aber auf halber Strecke schon wieder stehen, als sich der Klang meiner Schritte veränderte, und sah nach unten.
    Ich stand nicht mehr auf Stein oder Beton, sondern auf einer geschmiedeten Klappe, die nahezu perfekt in den Boden eingelassen war. Rasch trat ich zurück, ging in die Hocke und bedeutete Nikola, mir zu leuchten.
    »Was haben Sie vor?«, fragte Allison nervös.
    Statt zu antworten, zog ich mit beiden Händen an den eisernen Griffen, die an der Platte angeschweißt waren, stellte überrascht fest, wie schwer sie war, und mobilisierte meine ganze, nicht unerhebliche Kraft. Selbst jetzt gelang es mir nur, die Platte vielleicht einen Zoll weit anzuheben und ein kleines Stück zur Seite zu wuchten.
    Vielleicht war das auch gut so, denn ein durchdringendes Zischen und Brodeln erklang, begleitet von einem Schwall so grässlichen chemischen Gestanks, dass ich zurückprallte und gerade noch dem Impuls widerstehen konnte, erschrocken nach Luft zu schnappen, womit ich mir wahrscheinlich die Lungen verätzt hätte. Ich erbleichte.
    »Was haben Sie?«, fragte Nikola alarmiert.
    Ich hütete mich zu antworten, denn dazu hätte ich Luft holen müssen, sondern beugte mich mit angehaltenem Atem über den Spalt und bedeutete ihm gleichzeitig, mit der Lampe näher zu kommen. Nach kurzem Zögern gehorchte er. Selbst Allison schloss sich uns an, wenn auch mit einer Miene, die ihren Widerwillen mehr als nur verdeutlichte.
    Das Licht brach sich auf einem brodelnden Strom, der mit der Geschwindigkeit eines galoppierenden Pferdes durch einen gemauerten Kanal schoss. Wenn es überhaupt Wasser war, dann von einer Art, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte, denn im Licht der Rühmkorff-Lampe schillerte es in ungesunden grünen, bläulichen und grauen Tönen.
    Ich sah so lange hin, bis mir die ätzenden und stinkenden Dämpfe die Tränen in die Augen trieben und mir leicht schwindelig zu werden begann. Angewidert drehte ich den Kopf zur Seite und versuchte, durch die zusammengebissenen Zähne zu atmen, was ein bisschen half. Aber nicht viel.
    »Das muss irgendetwas … Chemisches sein«, keuchte ich. »Und etwas nicht sehr Gesundes.«
    »Das scheint mir auch so«, bestätigte Nikola, und Allison fügte hinzu: »Sie sollten besser nicht dortbleiben.«
    »Was ist das?«, ächzte ich. »So eine Art Abwasserkanal? Und woher kommt dieses Zeug, um Himmels willen?«
    Allisons Antwort bestand auch jetzt nur aus einem nervösen Blick, und ich beugte mich ein zweites Mal (mit angehaltenem Atem und zusammengebissenen Zähnen) über den Spalt.
    Diesmal traf mich der Gestank nicht ganz so unvorbereitet, aber auch das machte es nicht wirklich besser. Der Strom sah noch immer widerwärtig und gefährlich aus und brodelte und zischte, und die Dämpfe trieben mir erneut die Tränen in die Augen. Dennoch hatte ich das Gefühl, etwas übersehen zu haben. Nur wusste ich nicht, was.
    »Was tun Sie da, Quinn?«, fragte Allison nervös. »Kommen Sie besser da weg.«
    Ich hätte nichts lieber getan, beugte mich

Weitere Kostenlose Bücher