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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ein warmes gelbes Licht tauchte und nicht in das kalte Blau von Nikolas merkwürdiger Rühmkorff-Lampe.
    Eine gute, alte Petroleumlampe, die sie offensichtlich hier unten vorgefunden hatte. Umso besser.
    Allison drängte sich an Nikola vorbei und kniete als Erste neben dem Schachtdeckel nieder.
    »Helfen Sie uns, Quinn«, bat sie. Eigentlich befahl sie es, aber ich wollte mich nicht beschweren. Immerhin wusste sie noch, dass ich da war. Und wenn ich ihr ohne große Diskussionen half, dann kamen wir hier vielleicht auch wieder schneller raus.
    Zumindest hoffte ich es.
    Gehorsam ließ ich mich neben Nikola auf die Knie sinken und half ihm dabei, die schwere Platte erneut zur Seite zu wuchten. Ich drehte den Kopf und hielt die Luft an, aber es half kaum. Nikola verzog angewidert das Gesicht und hatte es mit einem Male sehr eilig, ein Taschentuch vor Mund und Nase zu pressen, aber er beugte sich trotzdem vor und sah aus tränenden Augen nach unten.
    »Und?«, fragte Allison, in jenem ganz bestimmten, spitzen Tonfall, zu dem seit der Erfindung der menschlichen Sprache nur Frauen imstande sind. »Brauchen Sie noch mehr Beweise?«
    Wenn, dann bekam er sie in genau diesem Moment.
    Etwas bewegte sich unter der Wasseroberfläche. Es war unmöglich zu sagen, was. Ein Schatten, der immer wieder auseinanderbrach und sich neu zusammenfügte und jedes Mal auf andere Art; Farben, deren bloßer Anblick Übelkeit auslösen wollte und … Dinge , die zu beschreiben es in der menschlichen Sprache keine Worte gibt. Neben mir stieß auch Nikola ein entsetztes Keuchen aus und versuchte … irgendetwas zu tun, aber es war viel zu spät, denn das formlose Etwas brach mit einem gewaltigen Platschen durch die Wasseroberfläche, schlug nach uns und verfehlte mein Gesicht zwar um Haaresbreite, traf mich aber mit solcher Wucht an der Schulter, dass ich die Balance in der Hocke verlor und rücklings gegen die Wand fiel.
    Es tat nicht einmal weh, aber ich war so erschrocken, dass ich einen gellenden Schrei ausstieß und dabei einen so tiefen Atemzug nahm, dass sich meine Lungen mit Feuer zu füllen schienen. Ich spürte mehr, als ich sah, dass auch Nikola zurückwich und ungeschickt gegen die Wand prallte, während Allison noch spitzer und zugleich lauter schrie, während sie zur Seite kippte. Die giftige Brühe hatte mein Gesicht bespritzt und verwandelte sich in eine Million winziger, rot glühender Nadeln, die unbarmherzig in meine Haut bissen. Mein Anzug begann zu schwelen, als wäre er in den Funkenregen einer Gießerei geraten, und es stank nach verbranntem Haar und schmorendem Fleisch. Möglicherweise meinem.
    Da war wogende Bewegung und die Nähe von etwas Gigantischem und durch und durch Feindseligem. Durch einen immer dichter werdenden Tränenschleier hindurch meinte ich einen massigen Schatten wahrzunehmen, der aus dem Schacht emporwuchs und immer noch größer und größer und noch größer wurde, bis er mit einem schweren fleischigen Klatschen gegen die Tunneldecke stieß und sich dabei zugleich weiter zurückbog, wie eine Peitschenschnur, die zuschlagen wollte. Ich konnte kaum mehr als Schemen erkennen, weil meine Augen so sehr tränten. Aber vielleicht weigerte sich auch mein Verstand einfach, das Gesehene zu akzeptieren, denn es war zu fremd und bizarr und grässlich.
    Das alles hinderte meinen Körper nicht daran, sich instinktiv herumzuwerfen. Etwas klatschte mit einem widerwärtig nassen und zugleich metallisch klirrenden Laut genau dort gegen die Mauer, wo ich gerade noch gelehnt hatte, und ließ Staub und rote Backsteinsplitter sowie klebrigen Schleim in alle Richtungen explodieren. Ich warf mich abermals herum, diesmal zur anderen Seite, und kroch hastig auf Händen und Knien davon, wobei ich das Gefühl hatte, über eine glühende Herdplatte zu robben. Ich glaubte ein Zischen zu hören, wie das Geräusch einer wütenden Schlange, verschwendete aber keine Zeit damit, hinter mich zu blicken, sondern kroch nur noch hastiger weiter.
    Nikola schrie irgendetwas, vielleicht meinen Namen, vielleicht auch nur einen Laut sinnlosen Erschreckens, und bevor ich den rettenden Ausgang erreichte und aufspringen konnte, hörte ich Allison aufkreischen. Das veranlasste mich dazu, nun doch den Kopf zu drehen, und mein Herz tat einen entsetzten Sprung. Es war wie ein Bild aus Dantes neuntem Kreis der Hölle, das die Schleier aus Schmerz und rot gefärbten Tränen vor meinen Augen nur noch schlimmer machte. Die schwere Metallklappe war zur Seite

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