Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
noch winzige Funken, und vor allem ihr Fußknöchel bot einen schlimmen Anblick. Was immer sie gepackt hatte, hatte wie ein Draht tief in ihre Haut geschnitten und eine dünne, rote Linie hinterlassen, aus der tausend mikroskopisch feine Blutströpfchen quollen. Der Fuß selbst begann bereits sichtbar anzuschwellen und seine Farbe zu verändern. Wenn sie den Schuh auszog, dann würde sie ihn so schnell nicht wieder anbekommen.
    Ein dröhnender Schlag erklang, und Staub und weißes Licht explodierten aus den Ritzen der Tür. Nikola sprang mit einem erschrockenen Laut hoch und verschwand in den Schatten auf der anderen Seite des Kellers, um kurz darauf mit einem dicken Metallrohr beladen zurückzukommen, mit dem er ungeschickt die Tür zu verkeilen versuchte. Schon der nächste wuchtige Hieb, der sie traf, ließ seine improvisierte Barrikade einfach umfallen. Für einen Mann, der so viel von Technik verstand, dachte ich, war er von einem bemerkenswerten Ungeschick.
    Aber die Idee war gut.
    »Kann ich Sie einen Moment allein lassen?«, fragte ich, wartete Allisons angedeutetes Nicken ab und stand dann auf. Nikola war schon wieder in der Dunkelheit verschwunden und rumorte und schepperte lautstark irgendwo herum, und ich versetzte dem brennenden Schlangen-Ding einen weiteren Tritt, der es durch den Keller und fast bis an die mit Regalen vollgestellte Wand schlittern ließ. Um Allison nicht im Dunkeln zurückzulassen, ließ ich die Rühmkorff-Lampe bei ihr.
    Die Flammen verzehrten sich rasch selbst, aber das Licht reichte trotzdem, um uns eine Anzahl passender Materialien finden zu lassen, mittels derer wir die Tür verbarrikadieren konnten. Das Ergebnis sah alles andere als vertrauenerweckend aus, als wir nach etlichen Minuten fertig waren, doch wahrscheinlich wären unsere Bemühungen ohnehin nicht mehr nötig gewesen. Es folgten noch drei oder vier weitere Schläge, die jedes Mal deutlich weniger Kraft hatten, und schließlich hörte es ganz auf. Auch das Klingeln und Dröhnen in meinen Ohren war nun fort. Nur mein Herz jagte nach wie vor so schnell, als versuchte es ernsthaft, aus meiner Brust herauszuspringen.
    Vorsichtig streckte ich die Hand nach der Tür aus, aber ich wagte es nicht, das Metall zu berühren, das noch immer heiß genug war, um mir die Finger zu verbrennen.
    Nicht, dass das noch nötig gewesen wäre.
    »Was um alles in der Welt … war das?«, flüsterte Nikola.
    Ich hatte ihm gerade dieselbe Frage stellen wollen, hob aber nun nur die Schultern und ging zu Allison zurück. Sie hatte sich halb aufgesetzt, die letzten Funken in ihren Kleidern gelöscht und sah aus wie das sprichwörtliche Häufchen Elend. Die Stelle, wo ihr die Haarsträhne ausgerissen worden war, blutete immer noch heftig, und auch ihr Knöchel hatte sich inzwischen zur Gänze rot gefärbt. Sie zitterte am ganzen Leib, und in ihren Augen erblickte ich etwas, das mir vor Mitleid schier die Kehle zuschnürte. Obwohl ich mich selbst nicht über einen Mangel an Schmerzen und Beschwerden jeglicher Art beklagen konnte, dachte ich in diesem Augenblick nur an sie und hätte alles dafür gegeben, ihr Los wenigstens ein bisschen erleichtern zu können.
    »Was … was war … das?«, stammelte sie, während sich ihr Blick regelrecht an der verbarrikadierten Tür festzusaugen schien. Sie begann noch heftiger zu zittern. »Schlangen. Das … das müssen Schlangen … gewesen sein!«
    Schlangen aus Messing und Aluminium und Glas?
    »Der Kanal führt ins Meer, nicht wahr?«, fragte ich und bekam genau die Antwort, mit der ich gerechnet hatte, nämlich keine. Mit einem heftigen Kopfschütteln fügte ich hinzu: »Es gibt im Atlantik keine Schlangen.« Wenigstens nicht solche. Die gab es nirgendwo.
    Allison starrte die Tür weiter aus aufgerissenen Augen an, und ich schluckte meine nächste Frage hinunter, da mir klar wurde, dass sie mich gar nicht mehr hörte. Da war noch immer eine Schwärze in ihren Augen, die mir zunehmend Angst zu machen begann, denn ich war nicht sicher, ob sie jemals wieder verschwinden würde.
    »Können Sie aufstehen?«, fragte ich. »Wir müssen hier weg.« Und sie musste zu einem Arzt. Dringend. Genau wie ich im Übrigen.
    Und Nikola – falls ihm danach war – wohl auch.
    Allison reagierte auch jetzt nicht, sondern starrte nur weiter die Tür an, sogar ohne zu blinzeln. Als sie die Hand ausstrecken wollte, um ihren verletzten Knöchel zu betasten, hielt ich ihren Arm jedoch mit sanfter Gewalt zurück. Ich wollte nicht,

Weitere Kostenlose Bücher