Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)
man diese Spezialeinheit zusammengestellt hat.«
»Das wird ja immer schöner«, schimpfte Allison. »Der Bau dieses Schiffes wirbelt überall Unrat auf. Und dann sperrt man uns auch noch ohne Anklage weg und lässt uns verrotten!«
»Nun, ganz so weit ist es noch nicht«, wandte Nikola ein, und drehte sich dann zu mir um. »Wie geht es Ihrer Einschätzung nach jetzt weiter?«
»Eigentlich hätten sie uns längst verhören sollen«, antwortete ich. »Aber sie können auch genauso gut bis Montag damit warten. Oder auch noch länger.«
Ich selbst hatte in meiner Zeit als Polizist auch schon einmal den einen oder anderen Burschen gleich mehrere Tage in der Zelle schmoren lassen, um ihn weichzukochen. Aber das verriet ich ihnen lieber nicht.
»Aber das dürfen sie doch gar nicht!«, ereiferte sich Nikola. »Wir haben schließlich Rechte!«
»Ihre Rechte«, belehrte ich ihn, »haben Sie in dem Augenblick eingebüßt, in dem Sie Jacobs’ Kontor betreten haben.« Und wenn man es ganz genau nahm, sogar schon in dem Augenblick, in dem uns Allison zu dem Einbruch in sein Büro überredet hatte; selbstverständlich ohne sich die Mühe zu machen, uns darüber aufzuklären, dass es überhaupt ein Einbruch war.
Auch darüber würden wir noch reden, ganz bestimmt sogar, und es würde ihr auch ganz bestimmt nicht gefallen. Aber nicht jetzt.
»Glauben Sie nicht, dass ich mir das bieten lasse«, ereiferte sich Nikola. »Ich werde diesen Inspektor oder Captain oder was immer er auch sein mag …«
»Sie werden nichts tun«, fiel ich ihm ins Wort. »Wenn Sie es auf diese Weise versuchen, dann verbringen wir womöglich noch Silvester hier drinnen. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede.«
»Ja, das scheint mir auch so«, sagte Allison spitz. Sie deutete mit dem Kinn auf Nikola. »Wissen Sie überhaupt, wer das ist?«
»Sollte ich?«, erwiderte ich.
Nikola reagierte gar nicht, aber es gelang ihm auch nicht ganz zu verhehlen, dass ihm Allisons Bemerkung aus irgendeinem Grund unangenehm war.
»Ihr freundlicher Kollege, der uns in dieses reizende Zimmer eingesperrt hat, wird sich wundern, wenn er es erfährt«, fuhr sie dennoch fort. »Nikola ist nicht irgendwer.«
»Natürlich nicht«, antwortete ich. So viel war mir schon selbst klar geworden. »Aber vielmehr interessiert mich eigentlich, warum Sie mir nicht gesagt haben, dass in Jacobs’ Firma wirklich niemand weiß, wer Sie sind, Allison.«
»Das habe ich«, sagte Allison.
»Nicht so«, beharrte ich. »Ich weiß, dass Sie kein Kapital aus der Tatsache schlagen wollten, mit Stanley Jacobs verwandt zu sein, und das ehrt Sie zweifellos. Aber Sie könnten dieses Geheimnis jetzt allmählich lüften, damit wir endlich hier herauskommen.«
»Ist Ihnen meine Gesellschaft so zuwider?«
»Oh, ich habe nichts dagegen, das ganze Wochenende mit Ihnen zu verbringen, Allison. Aber nicht unbedingt in einer Gefängniszelle.«
Allison starrte mich ein bisschen konsterniert an, und das war auch ganz genau der Sinn dieser – zugegeben frivolen – Bemerkung gewesen: ihre Reaktion zu prüfen. Doch sie fiel anders aus, als ich erwartet hätte. Allison maß mich zwar mit einem angemessen entrüsteten Blick, zog aber zugleich auch schon wieder die Unterlippe zwischen die Zähne und begann nervös darauf zu kauen. Ich war jetzt sicher, dass sie mir etwas verschwieg, etwas Wichtiges, aber auch, dass es völlig sinnlos wäre, sie danach zu fragen. Eigentlich sollte ich zornig werden, aber es gelang mir nicht.
»Sie schlagen also vor, dass wir klaglos auf alle unsere Bürgerrechte verzichten und uns auch noch für diese skandalöse Behandlung bedanken?«, erkundigte sich Nikola.
Anders als gerade bei Allison musste ich mich jetzt beherrschen, um weiterhin Ruhe zu bewahren. »Ich schlage vor allem vor, dass Sie mir das Reden überlassen«, sagte ich. »Wir sollten erst einmal herausfinden, was genau man uns überhaupt vorwirft, und dann reagieren.«
»Haben es die zu Unrecht Verdächtigten auch so gehalten, als Sie noch Polizist waren?«, schnaubte Nikola. Er legte fragend den Kopf auf die Seite. »Warum haben Sie den Polizeidienst eigentlich verlassen?«
»Aus … privaten Gründen«, antwortete ich ausweichend. »Und weil das, was ich jetzt tue, viel besser bezahlt wird. Aber Sie haben recht. Manchmal vermisse ich es schon, das gebe ich zu.«
»Was?« Nikola machte eine entsprechende Kopfbewegung. »Auf der anderen Seite des Gitters zu stehen?«
»Auch«, antwortete ich. »Aber ganz
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