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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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entsetzt, um darüber nachzudenken. Eigentlich konnte ich gar nicht denken. Ich wusste nicht einmal, ob mein Herz noch schlug. Vielleicht war ich ja tot und das hier die Hölle.
    Als wäre sie zu dem Schluss gekommen, mir nun hinlänglich Zeit gelassen zu haben, sie im gleichen Maße zu studieren wie vor Angst zu erstarren, setzte sich die Spinne gemächlich in Bewegung. Allerdings wirkten ihre Bewegungen wohl eher zurückhaltend, als dass sie es wirklich waren. Allein schon durch ihre monströse Größe legte sie doch mit jedem staksenden Schritt eine nennenswerte Distanz zurück. Das Kettennetz begann nun in seiner Gänze zu klirren und zu scheppern.
    Es war dieses gewaltige Getöse, das mich endgültig aus meiner Erstarrung riss.
    Einen Schrei des Entsetzens auf den Lippen und eindeutig in Panik stürmte ich los und versuchte die klimpernden und staksenden Laute über mir zu ignorieren, die entsetzlich schnellnäher kamen. Nahezu ziellos jagte ich davon, prallte prompt gegen eine weitere Kette und hätte nicht nur fast schon wieder die Balance verloren, sondern stellte auch noch eine weitere Gemeinsamkeit zwischen diesem und einem wirklichen Spinnennetz fest. Zwar waren seine Fäden aus geschmiedeten Kettengliedern und nicht aus Seide, doch Öl und Fett und jahrzehntealter Dreck machten es beinahe genauso klebrig.
    Einen schrecklichen Moment lang drohte ich mich in dem scheppernden Gespinst zu verfangen, bevor es mir gelang, mich loszureißen und weiterzustolpern.
    Im Laufen warf ich einen Blick über die Schulter zurück und hätte fast aufgeschrien, als ich sah, dass sich die Entfernung zwischen mir und der monströsen Spinne bereits halbiert hatte. Die gigantische Spinne – unmöglich oder nicht – turnte mit sonderbar eckigen, nichtsdestoweniger aber auch schrecklich schnellen Bewegungen heran und würde mich in wenigen Augenblicken eingeholt haben, wenn kein Wunder geschah.
    Aber vielleicht hielt ich ja auch genau das in der rechten Hand.
    Ich hielt an, wobei ich das Kreischen meiner Instinkte ignorierte – die nichts anderes verlangten, als zu rennen –, ließ mich auf das linke Knie sinken und stützte den Pistolenlauf auf den angewinkelten Unterarm, um mit einer Kaltblütigkeit zu zielen, für die ich mich vermutlich selbst bewundert hätte, wäre ich nicht halb wahnsinnig vor Angst und Ekel gewesen.
    Genau im richtigen Moment drückte ich ab.
    Der langläufige Colt entlud sich mit einem Knall, der in der leeren Halle wie ein Kanonenschlag widerhallte und ein mehrfaches Echo aus der Dunkelheit schlug. Die Kugel hämmerte genau zwischen die beiden faustgroßen Hauptaugen des Ungetüms – und prallte Funken sprühend ab, um mit einem lang gezogenen Jaulen als Querschläger davonzufliegen.
    Instinktiv drückte ich noch einmal ab, doch diesmal schoss ich daneben, denn die erste Kugel hatte die Spinne zwar möglicherweise nicht verletzt, doch allein die schiere Wucht des Aufpralls warf das Ungeheuer zurück. Einen halben Atemzug lang kämpfte es mit fast komisch wirbelnden Beinen um seinen Halt auf dem eisernen Netz, dann stürzte es in die Tiefe und schlug mit einem Knall auf, der das gesamte Gebäude zum Erzittern zu bringen schien.
    Ich verschwendete keine dritte Kugel und auch keine weitere Sekunde, sondern beschloss darüber hinaus, mich später zu wundern und erst einmal am Leben zu bleiben und mich aufs Weglaufen zu verlegen. Zumal das Schicksal nun ausnahmsweise einmal auf meiner Seite zu sein schien, denn endlich hatte ich den Ausgang erblickt und jagte nun mit weit ausgreifenden Schritten auf ihn zu.
    Ich hatte ihn beinahe erreicht, als sich die Spinne aufrappelte und mit einem einzigen gewaltigen Satz über mir war.
    Vielleicht war es tatsächlich ihr eigener Schatten, der mich rettete. Etwas Riesiges und unvorstellbar Gefährliches näherte sich mir, und da war plötzlich eine Dunkelheit, die nicht von dieser Welt zu sein schien und meinen eigenen Schatten verschlang, sodass ich erschrocken zusammenzuckte und ins Stolpern geriet. Etwas traf mich mit der Wucht eines Fausthiebes zwischen die Schulterblätter und stieß mich davon, und noch während ich fiel, donnerten acht monströse Klauen an den Enden ebenso vieler Beine in den Boden und schlugen Funken daraus.
    Ich brüllte vor Schmerz und Angst und schaffte es mit mehr Glück als wirklichem Geschick, mich noch im Fallen auf den Rücken zu drehen und sogar den beinahe dolchlangen Giftklauen zu entgehen, die nach meinem Gesicht hackten und

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