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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie mich auf die Straße hinausexpedierten.
    Beim ersten Mal.
    Als ich es diesmal tatsächlich tat und die gläserne Drehtür einfach um weitere hundertachtzig Grad aufstieß, sie durchschritt und gesenkten Blickes an den beiden Gorillas vorbeizudefilieren versuchte, packten sie mich kurzerhand an den Oberarmen und trugen mich zwischen sich her zum zweiten Mal durch die Drehtür, um mich diesmal wortwörtlich auf die Straße zu setzen.
    Immerhin warfen sie mich nicht hinaus.
    Das war vermutlich schon mehr, als ich erwarten durfte. Dennoch war mein Stolz verletzt, und die stirnrunzelnden Blicke, die mir die vorüberflanierenden Passanten zuwarfen, während ich mich übellaunig aufrappelte und den Staub von meiner Hose klopfte, waren meiner Stimmung auch nicht zuträglich. Mein Hut war heruntergefallen und lag verkehrt herum da, und eine ältliche Frau, die an mir vorüberging und nicht mit missbilligenden Blicken geizte, begann in ihrem Beutel zu kramen, zog dann aber nur ein weißes Spitzentuch hervor, um sich demonstrativ die Nase zu tupfen. Ich atmete innerlich auf. Hätte sie mir eine Münze in den Hut geworfen, wäre ich vielleicht wirklich ausfällig geworden.
    Für den Augenblick war ich mit meinem Latein am Ende. Also warf ich dem protzigen Eingang noch einen angemessen zornigen Blick zu und ging dann quer über die belebte Straße zu einem der zahlreichen Cafés, die es hier überall gab. Dort wollte ich zur Ruhe kommen und einen neuen Plan ersinnen, wie zu Jacobs durchzudringen war.
    Vermutlich würde es sich schwieriger gestalten, als ich jetzt noch annahm. Ich hatte gewusst, dass Stanley Jacobs ein wohlhabender und einflussreicher Mann war, hätte mir aber niemals träumen lassen, dass er sich so gut abschirmte und anscheinend auch noch menschenscheu war. Das einzige Mal, dass wir uns getroffen hatten, hatte in einer eher ungezwungenen Atmosphäre in meinem Büro stattgefunden, dessen Hinterzimmer mir zugleich auch als Wohnung diente.
    Ich nahm an einem Tisch am Fenster Platz, von dem aus ich das große Gebäude gut im Blick hatte, und winkte den Kellner heran. Noch während er meine Bestellung aufnahm, bewegte sich die Drehtür erneut und zuerst zwei, gleich darauf noch einmal drei uniformierte Polizisten traten heraus und begannen sich auf dem Trottoir vor dem Eingang zu verteilen. Etliche von ihnen sprachen vorübergehende Passanten an, und mindestens einer steuerte nach einem dieser kurzen Gespräche auch zielsicher in meine Richtung, schien dann aber etwas anderes entdeckt zu haben, denn er machte im letzten Moment wieder kehrt.
    Ich bestellte einen Kaffee und einen Whisky und hielt die Polizisten auf der anderen Straßenseite so unauffällig im Auge, wie ich konnte, ohne die Neugier der anderen Gäste zu erregen. Ich vermutete, dass es nicht sonderlich unauffällig war, und ich vermutete zudem, dass sich die Männer auf der Suche nach mir befanden. Es gab keinen Grund für diese Annahme, aber ich war schließlich lange genug selbst Polizist gewesen, um so etwas zu spüren. Doch ich hatte Glück. Nach einigen Minuten zogen sich die Uniformierten wieder ins Haus zurück.
    Die Geschichte wurde immer seltsamer. Ich musste wirklich einen klaren Kopf bekommen und mir einen guten Plan zurechtlegen. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie er aussehen sollte, und da war auch eine leise Stimme in meinen Gedanken, die mich fragte, warum ich nicht einfach Jacobs fünfundachtzig Pfund samt des Sixpence nahm und ein paar wirklich gute Zigarren und eine teure Flasche Scotch kaufte, um mich selbst für die überstandene Unbill zu belohnen.
    Vielleicht halfen mir ja ein starker Kaffee und ein guter Whisky dabei, einen klaren Kopf zu bekommen.
    Eine halbe Stunde später und bei der dritten Tasse Kaffee und dem zweiten Whisky angekommen hatte ich noch immer keine neue Idee, außer dem wenig erfolgversprechenden Einfall, einfach sitzen zu bleiben und das Haus im Auge zu behalten, um Jacobs abzufangen, wenn er herauskam. Das konnte Stunden dauern, bis weit in den Abend und, wenn ich Pech hatte, sogar in die Nacht hinein, und ich wusste ja noch nicht einmal, ob es noch einen anderen Ausgang gab, vor dem Jacobs’ Wagen vorfahren konnte. Oder er es nicht erneut in Begleitung der beiden ungehobelten Burschen tat, die beim dritten Mal vermutlich noch ein wenig ungehobelter sein würden oder der Polizei oder oder oder …
    Beim siebten oder achten oder angekommen ging die Tür auf, und eine junge Frau mit dunklem Lockenhaar

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