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Irrflug

Irrflug

Titel: Irrflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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sich endgültig breit zu machen. „Behalten Sie bitte Ruhe, im Moment besteht keinerlei Gefahr”, erklärte der Polizist durch seinen Lautsprecher.
    Mittlerweile waren junge Männer des Technischen Hilfswerks (THW) in das Münster geeilt, um den dunklen Innenraum der Kirche zu räumen. Dezent, aber bestimmend forderten sie die Besucher auf, das Gotteshaus zu verlassen. Die THW-Mitarbeiter begleiteten ältere Menschen, die schlecht zu Fuß waren und denen die Aufregung zu schaffen machte, ins Freie. Drei sportliche THWler, mit blauen Uniformen bekleidet, rannten die schmalen Steinstufen des Turmes hinauf. Einige Touristen, die auf dem Weg nach oben gewesen waren, hatten das Spektakel unterwegs mitbekommen und durch die Luken in der schmalen Wendeltreppe die Lautsprecher-Durchsagen gehört. Sie eilten abwärts, viel zu schnell, viel zu hastig, wie die THWler feststellten. Die jungen Männer ermahnten die Turmbesucher, ruhig und überlegt abwärts zu steigen. Es bestehe derzeit wirklich kein Grund zu Panik.
    Einer Gruppe jüngerer Personen, die auf der ersten Ebene an einer Brüstung standen und den Polizeieinsatz offenbar mit Begeisterung von oben verfolgten, mussten die THW-Helfer den Ernst der Lage deutlich machen. Dabei hörten sie das das Motorengeräusch der Cessna bedrohlich näher kommen.
    Im Laufschritt weiter aufwärts die Wendeltreppe hoch. Als sie die dritte Ebene erreichten, waren die THWler völlig außer Atem. Schweiß rann ihnen in Bächen von der Stirn, die Hemden klebten am Körper, die Gesichter waren rot. Hier, wo sich der Turm deutlich nach oben hin zu verjüngen begann, blies glücklicherweise eine angenehme Brise durch die offene Konstruktion. Jetzt wurde die Wendeltreppe noch schmaler. Die Männer blickten sich um, sahen keine Menschen und hasteten weiter. Denn wer sich ganz oben, auf dem engen Aussichtsbalkon aufhielt, gleich unterhalb der Spitze, der war bei einer möglichen Attacke des verrückten Piloten am stärksten gefährdet.
    Drunten auf dem Münsterplatz ebbte der Menschenstrom ab. Rot-Kreuzler hatten damit begonnen, an den Wohnungen der einzelnen Häuser zu klingeln und, falls sich noch jemand meldete, nach bettlägerigen oder gehunfähigen Personen zu fragen. Dort, wo es notwendig war, wurden solche Bewohner mit Tragen ins Freie geholt und mit den Krankenwagen zu einem Feldlazarett gefahren, das Rot-Kreuz-Helfer rund 200 Meter vom Münster entfernt auf der Fußgängerzone aufbauten – umringt von mehreren hundert Schaulustigen.
    Die Feuerwehr hatte unterdessen rings um den Münsterplatz vier Tanklöschfahrzeuge in Position gebracht. Eine Vorsichtsmaßnahme, falls die Maschine tatsächlich gegen den Turm krachte und brennend abstürzte. Bei allem, was der Pilot gedroht hatte, war mit dem Schlimmsten zu rechnen.
     
    Im Lehrsaal der Polizeidirektion waren mittlerweile mehrere Funkgeräte installiert. Beamte hatten auf dem großen Tisch einen Stadtplan von Ulm ausgebreitet, mehrere Aktenordner lagen griffbereit beiseite. Häberle stand an einem der Fenster und blickte zusammen mit drei Führungskräften über die Dächer der benachbarten Giebelhäuser hinweg zur Spitze des Münsters hinauf. „Wir brauchen einen Psychologen”, stellte der Kommissar fest, „einen, der sich mit so einem durchgeknallten Typen auskennt.” Einer der Uniformierten versprach, sich darum zu kümmern und verließ den Raum.
    Unterdessen telefonierte der PD-Leiter stehend mit dem Oberbürgermeister, der sich an diesem Nachmittag mit Frau und Kind bei der Schwiegermutter in Geislingen aufhielt. Er versprach, sofort zu kommen, um den Einsatz vor Ort mit zu koordinieren.
    Dann zerriss eine krächzende Stimme aus einem der Geräte die Stille: „Hallo, Herr Häberle.” Es war Rottler.
    Der Soko-Chef eilte an den Apparat und griff zum Mikrofon. „Was gibt’s?”
    „Ist ja ein mächtiges Spektakel, was ihr da unten losmacht”, höhnte Rottler, „aber wenn ich die Kiste an den Turm knalle, bleibt kein Auge trocken. Vergessen Sie das nicht.”
    Häberle setzte sich und versuchte, ruhig zu bleiben. „Vielleicht sollten Sie einfach mal in Ruhe über Ihre Situation nachdenken”, sprach er mit sonorer Stimme auf den Mann ein, „wenn es tatsächlich so ist, dass Herr Steinke den Millionenbetrug angezettelt hat, dann wird sich dies beweisen und belegen lassen.” Häberle gab die Leitung wieder für eine Antwort frei. Die Gespräche im Raum verstummten.
    „Holen Sie den jämmerlichen Giftzwerg her!”, befahl

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