Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irrflug

Irrflug

Titel: Irrflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
Vom Netzwerk:
Nacht um die Ohren zu schlagen. „Im Moment brennt kaum was an”, stellte er fest. „Wir müssen eine Vernehmung nach der anderen angehen. Ein verdammt stupides Geschäft. Und nach Mitternacht können wir wohl kaum noch bei jemand auftauchen.”
    Er schaltete die Scheibenwischer auf die nächst höhere Stufe, während der weiße Mercedes nun ins Zentrum von Göppingen rollte.
    Die ›Down-Town‹ Kneipe, die das Ziel war, kannte Häberle vom Vorbeigehen. Drinnen war er noch nie. Sie befand sich in einer jenen kleinen Straßen, die sich im Schachbrett-System um die Innenstadt gruppierten. Nach dem großen Stadtbrand von 1782 war dieses Bebauungsmuster von höchster Stelle angeordnet worden, um künftige Feuerbrünste besser in den Griff zu bekommen. Jetzt, im Juni 2003, schien es so, als wollten die Stadtväter noch einmal alles umkrempeln. Trotz leerer Kassen, die die Kommunen allerorten beklagten, hatte man in Göppingen ›die neue Mitte‹ propagiert, eine Tiefgarage gebaut und verkehrsberuhigende Maßnahmen größeren Stils in Angriff genommen. Rigoros waren deshalb die prächtigen Kastanienbäume gefällt worden, die bis dahin das Gesicht des Zentrums geprägt hatten. Dies bedauerte Häberle ebenso, wie den Verlust der herrlichen Platanen, die in der Fußgängerzone erst vor 25 Jahren gepflanzt worden und inzwischen zu stattlichen Bäumen herangewachsen waren – doch auch sie wurden vor kurzem dem unbändigen Drang nach Modernisierung und Großstadt-Feeling geopfert. Heute hatte es in einem Regionalsender geheißen, bei den Bauarbeiten sei man auf Reste der mittelalterlichen Stadtmauer gestoßen. Es handle sich wohl um das massive Fundament des früheren Obertores am westlichen Zugang zur damaligen Stadt. An diese Meldung dachte Häberle. Neuerdings jedenfalls kam er sich vor, als fahre er in eine fremde Stadt hinein. Noch lange vor der Marktplatz-Baustelle bog er nach rechts ab. Er steuerte den Mercedes in die seitlichen Straßen, wo zu dieser abendlichen Stunde das Parken an den Parkuhren gebührenfrei erlaubt war.
    „Wir haben keinen Schirm an Bord”, stellte der Kommissar fest, als sie beide ausstiegen und von einer Regenböe erfasst wurden. „Ist aber gleich da drüben”, erklärte er seinem Kollegen. Sie setzten zu einem kurzen Spurt an und erreichten die ›Down-Town‹ Kneipe in weniger als einer halben Minute. Die kleine Gartenwirtschaft war geräumt. Die Stühle lehnten zusammengeklappt an den Tischen, die Sonnenschirme waren mit Gummibändern gesichert.
    Häberle betrat als Erster das Lokal, in dem sich nur noch wenige Gäste aufhielten. Linkohr folgte ihm und schloss die Tür. An der langen Theke lehnten mehrere Männer, während sich an zwei Tischen weitere Personen aufhielten. Altersmäßig, so erkannte Häberle auf einen Blick, waren offenbar alle Jahrgänge vertreten. Sein Blick fiel auf zwei blonde Frauen, die eine mit langem, die andere mit eher kurzem Haar. Sie saßen an einem Ecktisch mit zwei Männern zusammen, von denen einer besonders pomadiges, schwarzes Haar hatte, der andere schien deutlich älter zu sein, hatte blondes graumeliertes Haar mit Stirnglatze. Sie führten offenbar ein ziemlich ernstes Gespräch.
    Während Häberle auf einen freien Platz am Tresen zuging, fiel ihm abseits, an der Registrierkasse, eine attraktive, dunkelblonde Frau auf, die überaus knappe Shorts trug. Häberle warf seinem Kollegen Linkohr einen aufmunternden Blick zu, ehe sie sich beide lässig an den Tresen lehnten und jeweils ein Hefeweizen bestellten. „Das gönnen wir uns jetzt”, sagte der Chef-Kriminalist. Als die Kurzbehoste die schäumenden Gläser reichte, beugte er sich leicht zu ihr hinüber. „Sind Sie die Frau Elvira Schneider?”
    Aus ihrem Gesicht verschwand das berufsmäßige Lächeln. „Ja, warum?”
    Häberle wurde leiser, damit die Umstehenden es nicht hören konnten. „Mein Name ist Häberle, Kriminalpolizei. Wir hätten ein paar Fragen an Sie.”
    Die Wirtin runzelte die Stirn, überlegte kurz und sagte dann: „Geh’n wir doch an einen Tisch rüber.” Sie deutete in eine Nische, weit abseits der anderen Gäste. Die beiden Kriminalisten nahmen ihre Gläser und folgten der Wirtin in eine nur spärlich beleuchtete Ecke. Häberle setzte sich mit dem Rücken an die Wand, Linkohr nahm ihm gegenüber Platz, die Wirtin an die Oberkante des Tisches. „Nichts Aufregendes”, begann Häberle lächelnd, „nur reine Routine. Wir dachten, dass wir Sie um diese Zeit am ehesten

Weitere Kostenlose Bücher