Irrflug
antreffen würden.” Eine gewaltige Böe trieb den Regen prasselnd gegen die Fensterscheibe. Im Lokal brannten bereits einige Lichter.
„Ich kann’s mir fast denken”, versuchte die Wirtin wieder zu lächeln.
„Ja?”, fragte Häberle und nahm einen kräftigen Schluck aus dem Weizenbierglas, nachdem er seinem Kollegen zugeprostet hatte.
„Kommt doch den ganzen Tag über schon im Radio. Die Hahnweide, nehm’ ich an”, sagte Elvira Schneider.
„Stimmt. Wir gehen gerade so ziemlich alle Kunden der Motorflugschule durch, weil wir unbedingt wissen sollten, wer die tote Frau ist.”
„Darüber zerbrech’ ich mir auch schon den ganzen Tag den Kopf. Aber es ist unmöglich, all die Leute zu kennen, schon gar nicht die Passagiere, die immer mitgebracht werden. Gibt es denn überhaupt Anhaltspunkte dafür, dass die Tote einen Bezug zur Fliegerei hatte?”
Häberle zögerte. „Nein, keinen konkreten. Aber immerhin scheint sich der Pilot, mit dem sie dort war, bestens auf der Hahnweide auszukennen.”
Linkohr schaltete sich ein. „Sie kennen auch niemanden, der öfters mal mit einer jungen Frau geflogen ist?”
Elvira Schneider lächelte wieder. „Oh, doch natürlich. Aber die Beschreibung, wie sie im Radio genannt wurde, passt auf keine von denen. Ein Foto gibt’s wohl nicht?”
Häberle schüttelte den Kopf. „Sie ist erheblich verletzt worden.”
„Wann waren Sie zuletzt auf der Hahnweide?”, hakte jetzt Linkohr nach.
Die Wirtin legte ihre nackten Beine übereinander und verengte die Augenbrauen. „Ich? Heute Mittag. Wieso fragen Sie?”
Die beiden Kriminalisten zeigten sich verwundert. „Heute?”, wiederholte Häberle fragend.
„Ja, aber man durfte ja nicht fliegen.”
„Sie haben als Wirtin an so einem schönen Tag Zeit zu fliegen?”, staunte Linkohr.
„Soll das jetzt ein Verhör sein?”, wurde die Frau misstrauisch.
Häberle lächelte und verschränkte seine Arme, wie er das immer tat, wenn er besonders locker und gelöst wirken wollte. „Sehen wir so aus, als ob wir Sie jetzt verhören wollten? Uns geht’s nur um Information, damit wir ein Stück weiterkommen.”
Elvira Schneider zögerte, fühlte sich dann aber durch Häberles Blicke dazu ermuntert, doch etwas zu sagen. „Ich hab’ gutes Personal. Und wenn das Wetter so super ist, wie jetzt, schleich’ ich mich kurz davon. In einer halben Stunde bin ich drüben.”
„Und dann gibt’s einen Sightseeing-Flug?”, fragte Häberle.
„Ja, so kann man das bezeichnen, ja. Mal hierhin, mal dahin, so ein- oder eineinhalb Stunden lang. Sind Sie schon mal an der Alb entlang geflogen?”
„Mit dem Polizeihubschrauber mitgeflogen, ja”, sagte Häberle und Linkohr nickte kräftig.
„Wenn Sie eine so eifrige Fliegerin sind, dann kennen Sie aber doch einige andere Piloten von der Hahnweide”, stellte Linkohr fest, während es draußen blitzte und sofort donnerte.
„Ja, natürlich. Mit einigen hab’ ich den Schein gemacht, andere sind ja auch hier aus der Gegend”, sagte sie.
„Wie der Herr Rottler”, stieß Häberle plötzlich dazwischen.
Über Elvira Schneiders rechte Lippe huschte ein Lächeln. „Den Olaf”, sie zögerte kurz, „ja, natürlich. Kennen schon, aber eher flüchtig, wir haben miteinander den Schein gemacht, vor Jahren.”
„Und sonst?”, hakte Häberle nach.
„Nichts”, sagte sie verständnislos, „nichts. Er ist ein geschäftiger Mensch, hab’ ich mir damals gedacht. Wir haben uns seit damals auch nie mehr wieder getroffen. Obwohl er doch hier in Göppingen wohnt.”
„Und den Herrn Hilgenrainer aus Süßen?”, legte Häberle nach.
„Sie haben ja wohl schon die ganze Fliegerszene durchleuchtet”, entgegnete die Wirtin leicht gereizt. „Wenn Sie ohnehin jeden kennen, brauchen Sie mich doch gar nicht mehr zu fragen.”
Die beiden Kriminalisten nahmen wieder einen kräftigen Schluck aus ihren Biergläsern. Häberle wischte sich den Schaum vom Mund. „Wir wollen nur die Zusammenhänge ein bisschen beleuchten.”
„Und einen Mörder finden”, ergänzte die Frau, die jetzt mit einem Bierdeckel zu spielen begann.
„Das ist leider unser Job”, sagte Häberle, „da haben Sie Recht.”
„Wissen Sie”, erklärte die Wirtin und lehnte sich zurück, „das Image des Sportfliegers ist ziemlich angekratzt. Da wird völlig unsinnigerweise behauptet, das seien alles Bonzen und Geldsäcke. Wenn Sie sich aber umschauen, werden Sie kaum andere Menschen finden, wie in anderen Sportvereinen. Nur,
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