Irrflug
Kriminalist.
„Ja, wieder zurück nach Rothenburg ob der Tauber, hat sie jedenfalls angegeben.”
„Sie kennen die Frau?”.
„Nur vom Sehen, kommt ja öfters vorbei, um ihre Freundin zu treffen. Aber wie sie heißt, weiß ich nicht.”
„Bei Ihnen wird aber das Kennzeichen des Flugzeugs notiert?”, vergewisserte sich die Stimme im Telefon.
„Ja, natürlich, Landezeit, Startzeit, Kennzeichen. Ist so Vorschrift”, erklärte Weber und stand auf, um nun in seinem Wohnzimmer telefonierend hin- und herzugehen.
„Haben Sie’s noch im Kopf?”
„Nein, leider nicht. Ich müsste in meinem Buch im Tower nachsehen.”
„Und wer die Freundin ist, die von der Hahnweide kommen sollte, das wissen Sie auch nicht?”
„Nein, auch nicht.”
Der Kriminalist machte eine Pause. Danach fuhr er mit überaus freundlicher Stimme fort: „Das ist zumindest ein kleiner Hinweis, dem wir nachgehen können. Meine herzliche Bitte: Rufen Sie uns gleich morgen früh an, wenn Sie wieder an Ihrem Arbeitsplatz sind, und teilen Sie uns das Flugzeug-Kennzeichen mit.”
„Selbstverständlich.”
Der Beamte ließ sich Telefonnummer und Adresse Webers geben.
Nachdem der Flugleiter aufgelegt hatte, sank er seufzend auf seine Couch zurück. Das Gewitter, das auch über dem Bodensee niedergegangen war, hatte kaum für Abkühlung gesorgt.
Häberle und Linkohr hatten aus dem Dienst-Mercedes eine Handlampe geholt. Ihr starkes Halogenlicht, so stellten sie zufrieden fest, war in der Lage, bis zum Dach des Einfamilienhauses zu strahlen. Häberle ging voraus zum Grundstück zurück, links um das Gebäude, wo sie inzwischen vom Nachbargrundstück aus ein älterer Mann in Boxer-Shorts und Unterhemd kritisch und fragend beäugte. „Ist was los?”, rief er über den bewachsenen Zaun.
„Häberle, Kriminalpolizei”, stellte sich der Chef-Kriminalist vor, „nichts Aufregendes. Hier wurde vermutlich eingebrochen.”
Der Nachbar zeigte sich entsetzt, wollte Details wissen, doch die beiden Kriminalisten verschwanden um die nächste Ecke zur Rückseite des Hauses. Häberle ließ den Lichtkegel der Lampe in den Kellerabgang fallen. Dort war die verrostete Tür, die offenbar nur aus relativ dünnem Metall bestand, im Bereich der Klinke aufgewuchtet und aus dem Schließmachanismus gehievt worden. „Nicht mal ein Sicherheitsschloss”, stellte Häberle schon beim Näher- kommen fest, „absolutes primitives Zeug. Ich frag’ mich, was unser Vorbeugungsprogramm eigentlich soll.” Auch Linkohr kam nun die paar Stufen herab und besah sich die deformierte Tür.
„Da ist jetzt sicher keiner mehr drin”, stellte Häberle eher für sich fest. Dennoch schien es ihm geboten, Vorsicht walten zu lassen. Er öffnete die verbogene Tür und leuchtete in den Raum hinein. Es war wohl eine Art Waschküche, in der sich Waschmaschine und Trockner befanden, aber auch eine Vielzahl von Kartons. Häberle drückte auf den Lichtschalter und sogleich begann eine Leuchtstoffröhre zu zucken und grell zu strahlen. Der Kriminalist betrat den Raum und ging zur nächsten, nur angelehnten Tür. Linkohr, der ihm gefolgt war, zog sie mit einem Ruck auf, so dass der Strahl von Häberles Lampe in einen Flur fiel. Auch dort knipste der Kommissar das Licht an. Die beiden Männer drangen in das Gebäude vor. Durch eine weitere Tür gelangten sie ins Treppenhaus, durch das sie ins Erdgeschoss hochstiegen. Dazu brauchten sie ihre Handlampe nicht mehr, weil sie nun überall die Lichter einschalten konnten. Es handelte sich um ein eher schmuckloses Haus, stellte Häberle fest. Die Wände hätten längst eine neue Tapete nötig gehabt, die Lampen im Treppenhaus erinnerten an den Geschmack der späten 50er-Jahre. Häberle nahm ein Taschentuch, um beim Öffnen der unverschlossenen Wohnungstür keine Fingerspuren zu verwischen. Als sie den Flur betraten und auch dort das Licht eingeschaltet hatten, blieben sie für einen Moment wie angewurzelt stehen. Vor ihnen machte sich das Chaos breit. Die Schubladen des Garderoben-Schrankes waren herausgerissen, der Inhalt auf dem gefliesten Fußboden verstreut.
„Da hat einer ganze Arbeit geleistet”, stellte Häberle fest und stieg vorsichtig mit den Zehenspitzen über die Gegenstände hinweg. Er sah einen Schlüsselbund, diverses Schminkzeug, Kämme, Bürsten und eine Unmenge von Schmierzetteln. Linkohr folgte seinem Chef, der eine Tür öffnete, die zum Wohnzimmer führte. Auch dort knipste Häberle das Licht an. Gleiches Chaos. Die
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