Irrflug
zusammenhängt.”
Häberle kniff die Lippen zusammen und wiegte den Kopf hin und her. „Ja”, sagte er schließlich, „das hätten wir tun sollen. Sie meinen, Hilgenrainer, Rottler und Steinke könnten irgendwie unter einer Decke stecken?”
„Wie auch immer”, sinnierte Linkohr.
Nachdem Häberle seinen jungen Kollegen vor dem Kirchheimer Polizeirevier hatte aussteigen lassen, steuerte er die Hahnweide an. Er kannte inzwischen den Schleichweg über Seitenstraßen, vorbei an den Gebäuden der Wasserversorgungsgruppe und den Gärten, hinauf zum Flugplatz. Die Sonne brannte ihm durch die Windschutzscheibe entgegen. Er sah im Luftraum über dem jenseitigen Waldgebiet zwei Sportflugzeuge, die in großem Abstand hintereinander her flogen. Deren Piloten, so konstatierte der Kriminalist nach allem, was er seit gestern über die Fliegerei gelernt hatte, übten offenbar Starts und Landungen. Er hielt rund 100 Meter vor der Einmündung in die offizielle Zufahrtsstraße an und ließ seinen Mercedes auf den schmalen Grünstreifen rollen. Die Uhr im Armaturenbrett stand auf zehn vor vier. Häberle nahm den Zettel mit Hauffs Telefonnummer aus dem Brusttäschchen und drückte die Zahlen in das Handy.
Wenig später meldete sich die Sekretärin der Motorflugschule. Häberle ließ sich mit dem Chef verbinden, der sich sogleich meldete.
Er begrüßte ihn über die Freisprechanlage und beobachtete dabei, wie jetzt einer der Sportflieger quer zum Anfang der Landebahn flog und auf ihn zuzukommen schien. „Ich bin da”, sagte er, „ist sie schon gekommen?”
„Ja, sie macht gerade den Check. Wird wohl in den nächsten zehn Minuten losfliegen.”
„Okay”, zeigte sich der Kriminalist zufrieden, „dann machen Sie mal unsere Maschine fertig. Ich fahr’ zum Parkplatz. Sobald die Frau wegrollt und sie mich nicht mehr sehen kann, komm’ ich rüber und steig’ bei Ihnen ein.”
„Verstanden”, erwiderte der Motorflugschulen-Chef, als ob sie sich über Flugfunk unterhielten, „ich hab’ unserem Flugleiter gesagt, er soll sie am Funk fragen, wohin sie fliegt. Das ist nach dem Start durchaus üblich und unverdächtig.”
„Super, ich verlass’ mich vollständig auf Sie. Nur noch eine andere Frage: Hat eine weitere Person aus dem Umfeld von Frau Schneider wieder einen Flieger gebucht?”
„Nein”, antwortete Hauff, „bis jetzt nicht. Das hätt’ ich Ihnen selbstverständlich gesagt. Wir haben nämlich auch großes Interesse daran, dass der Fall möglichst schnell geklärt werden kann.” Er machte eine kurze Pause, um sich dann vom Herzen zu reden, was ihn belastete: „Sie müssen wissen, dass Anfang September wieder unser großes Oldtimer-Treffen stattfindet. Alle zwei Jahre kommen historische Flugzeuge aus der halben Welt zu uns – und Tausende von Besucher. Es wär’ uns sehr unangenehm, wenn man bis dahin noch sagen würde, hier laufe ein Mörder frei herum.”
Häberle nickte verständnisvoll, obwohl ihn sein Gegenüber nicht sehen konnte. „Wir werden unser Möglichstes tun”, versprach er und ergänzte: „Dank Ihrer Hilfe. Also, wie besprochen, ich fahr’ hinter die Hallen und seh’ ja dann, wann sie rausrollt.”
„Okay”, bestätigte Hauff, „sie hat die ›Uniform Whisky‹, eine blau-weiße Cessna mit den Endbuchstaben U und W.”
„Danke, bis gleich”, sagte der Kommissar und sah, wie eines der gerade erst gelandeten Flugzeuge hinter den Hallendächern wieder zum Himmel hinaufstieg. Er drückte am Handy den ›Aus-Knopf‹, betätigte den Anlasser und fuhr auf dem schmalen asphaltierten Weg weiter, der unweit des Campingplatzes auf die offizielle Erschließungsstraße traf. Dieser folgte er nach links, um bereits nach weiteren hundert Metern die große Parkplatzfläche hinter den Flugzeughallen zu erreichen. Dort war der Boden nicht mehr asphaltiert, sondern bestand aus knochenhartem, getrocknetem Lehm. Häberle steuerte den Mercedes an den abgestellten Autos vorbei, in deren Chromteilen sich die Sonne tausendfach spiegelte. Am Ende einer Reihe fand er schließlich einen freien Platz. Er nahm sein Handy aus der Halterung, steckte es in sein Hemdtäschchen und stieg aus. In den Sträuchern, die das Flugplatz-Gelände umgaben, herrschte reges Leben, Vögel zwitscherten und kümmerten sich um ihre Jungen. Häberle erinnerte sich daran, dass er einmal gelesen hatte, wie gerne sich Vögel gerade an Flugplätzen ansiedeln. Seltsam, dachte er sich, ob die wohl wissen, dass sie bei den
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