Irrgarten Der Liebe
fröhliche,
Tummelnde Freiheit!
Grünbehauchte Weiherspiegel
Sinnen tiefen, stillen Traum
Mitten in der übermütigen Farbenheiterkeit.
Dunkle, trotzige Wäldermassen,
Braun,
Breit,
Brüten gewaltigen Ernst und das dunkle
Geheimnis wipfelumrauschter Einsamkeit.
Zwischenhinein hellrote Dächer,
Bläulich wirbelnder Rauch daraus;
Blitzende Fenster von Menschenhäusern
Leuchten wie lachende Augen.
Aber weit, weit drüber hinweg,
Weit, in duftiger blauender Ferne,
Weit, oh weit über dem Kleingespiel,
Starr,
Gewaltig,
Mit rissigen Schroffen,
In Schnee und Eis krystallen gehüllt,
Ragen die Alpen.
Stille, Stille über dem Riesenrund.
Ueber mir
Hoch in den Lüften
Schreit ein Falke,
Langsam kreisend durch das tiefe Lüfteblau.
Stille, Stille .... die schweigende Schönheit
Atmet leise, voll. – Da schwebt
Aus der Tiefe der kleinen Stadt
Hell ein Singen empor, es klingt:
»Der Mai ist gekommen« ....
Von Kinderlippen.
In enger Stube sitzen die Kleinen.
Ich sehe im Geiste die frischen roten
Mäulerchen sich gleichmäßig öffnen,
Sehe den Lehrer die Fiedel streichen,
Sehe die lustig mitsingenden Augen, –
Kindheit, Kindheit,
Fröhliche, frische,
Singende Unschuld!
In die Ferne noch einen Blick,
Noch einen Blick über die Schönheit hin,
Ueber das Farbenwechselspiel
Lebender, atmender, wunderreicher
Schönheit.
Und ich folge dem Kindergesang,
Der durch das schönheitstrunkene Herz mir
Wie ein Frühlingsdranghauch weht.
Hinunter steig ich durch Gassengewinkel,
Immer den langausklingenden Tönen
Lauschend nach,
Gefangen, gezogen ....
Da verscheidet der Sang.
Vor einem großen, grauen Hause
Steh ich still.
Durch offene Thore
Weht von Weihrauch
Kühl mildharziger Duft. In die Kirche
Tret ich ...
Da starb meiner Schönheit Bild.
Häßliches freches Bunt an den Wänden,
Grausam thörichter Spott mit den Leiden
Eines gewaltigen, liebedurchloderten,
Göttlichen Menschen.
Kniende Weiber mit dumpfen, blöden,
Aengstlichen Zügen murmeln Gebete.
Klappernd gleitet durch die harten,
Gekrümmten Finger die abgegriffene
Perlenschnur des knöchernen Rosenkranzes.
Ein dickes Priestergesicht aus Speckstein
Neigt sich und nickt
Und wackelt und wendet sich
Vorn am Altare.
Eine tiefe, schneidende Bitternis grub
Aetzend sich in mein Herz.
Was der Natur hold heilige Schönheit
Mir geschenkt, verdarb vor dem armen
Menschenkram,
Dem Menschenbettelvolk,
Das sich vor fremdem Leid in den Staub
Winselnd wirft,
Statt freudig hinauf,
Jauchzend freudig mit vollem Herzschlag,
Hoch hinauf sich zu heben zu seliger,
Lebender Schönheit.
Sonntagmorgen
(An Gabriel Max in dankbarer Verehrung.)
Durch den breiten Fensterbogen
Blick ich hinaus in stürmischen Frühling.
Grobgraue Wolken in dicken Flocken
Schieben sich drängend über das bleiige
Blau des Himmels, schwarze, geballte
Wolkenfäuste drohend voran.
Unten der Sturm faucht in das junge Grün
Wie eine gierige Löwenkatze,
Zaust die buschigen Wipfel, rauft,
Zerrt in den zitternden Locken des Laubs.
Steinern starr, spitzig schlank,
Ragt im grünen Sturmgeschwank,
Schnörkelblütig, rankenumklettert,
Keck in die Höh zu den jagenden Wolken,
Hochaufreckend ein goldenes Kreuz,
Der gotische Turm.
Und es klingt durch den Sturm
Vom Turm herab,
Dunkeltönig, wellig, breit,
Dumpf, ernst, tief
Kirchengeläute:
»Kommt – kommt, kommt – kommt,
Gott – ruft, Gott – ruft, – Kommt ...!«
Der Sturm stößt weiter, die Glocke verklingt,
Die Wolkenfäuste spreizen die schwarzen,
Knolligen Finger: Der Regen träuft.
Da schweigt der Sturm.
Ein Nebelgespinnst, eintönig, grau,
Schwankt vor dem Fenster.
Leises Rieselrauschen flirrt,
Frische Düfte atmenden Lebens
Kühlen herein.
Und ferne, ferne, über dem Mosaik
Des langen Kirchendaches (ein Meßgewand,
Steif golden hangend von Priesterschultern)
Thut lachend ein blaues Himmelsauge
Sich heiter auf.
Fröhlichen Lichtes ein kleines, blaues
Flämmlein, blinzelt es liebenswürdig
Und ein wenig malitiös
Ueber das protzige, fromme Dach,
Lacht und leuchtet, lacht und leuchtet,
Und wird größer im Lachen und Leuchten,
Und unermeßlich groß
– Gottes Auge! –
Wie die dumpfen Kirchenglocken
Heimwärts bimmeln ihre Heerde:
»Geht – geht, geht – geht!
Fromm – fromm, fromm – fromm, fromm ...
Heiter milde lacht das große,
Blaue Gottesauge.«
Lichtglaube
(An Karl
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