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Irrgarten Der Liebe

Titel: Irrgarten Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Julius Bierbaum
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fröhliche,
    Tummelnde Freiheit!
    Grünbehauchte Weiherspiegel
    Sinnen tiefen, stillen Traum
    Mitten in der übermütigen Farbenheiterkeit.
    Dunkle, trotzige Wäldermassen,
    Braun,
    Breit,
    Brüten gewaltigen Ernst und das dunkle
    Geheimnis wipfelumrauschter Einsamkeit.
    Zwischenhinein hellrote Dächer,
    Bläulich wirbelnder Rauch daraus;
    Blitzende Fenster von Menschenhäusern
    Leuchten wie lachende Augen.
     
    Aber weit, weit drüber hinweg,
    Weit, in duftiger blauender Ferne,
    Weit, oh weit über dem Kleingespiel,
    Starr,
    Gewaltig,
    Mit rissigen Schroffen,
    In Schnee und Eis krystallen gehüllt,
    Ragen die Alpen.
     
    Stille, Stille über dem Riesenrund.
    Ueber mir
    Hoch in den Lüften
    Schreit ein Falke,
    Langsam kreisend durch das tiefe Lüfteblau.
     
    Stille, Stille .... die schweigende Schönheit
    Atmet leise, voll. – Da schwebt
    Aus der Tiefe der kleinen Stadt
    Hell ein Singen empor, es klingt:
    »Der Mai ist gekommen« ....
    Von Kinderlippen.
     
    In enger Stube sitzen die Kleinen.
    Ich sehe im Geiste die frischen roten
    Mäulerchen sich gleichmäßig öffnen,
    Sehe den Lehrer die Fiedel streichen,
    Sehe die lustig mitsingenden Augen, –
    Kindheit, Kindheit,
    Fröhliche, frische,
    Singende Unschuld!
     
    In die Ferne noch einen Blick,
    Noch einen Blick über die Schönheit hin,
    Ueber das Farbenwechselspiel
    Lebender, atmender, wunderreicher
    Schönheit.
     
    Und ich folge dem Kindergesang,
    Der durch das schönheitstrunkene Herz mir
    Wie ein Frühlingsdranghauch weht.
    Hinunter steig ich durch Gassengewinkel,
    Immer den langausklingenden Tönen
    Lauschend nach,
    Gefangen, gezogen ....
    Da verscheidet der Sang.
    Vor einem großen, grauen Hause
    Steh ich still.
    Durch offene Thore
    Weht von Weihrauch
    Kühl mildharziger Duft. In die Kirche
    Tret ich ...
     
    Da starb meiner Schönheit Bild.
     
    Häßliches freches Bunt an den Wänden,
    Grausam thörichter Spott mit den Leiden
    Eines gewaltigen, liebedurchloderten,
    Göttlichen Menschen.
    Kniende Weiber mit dumpfen, blöden,
    Aengstlichen Zügen murmeln Gebete.
    Klappernd gleitet durch die harten,
    Gekrümmten Finger die abgegriffene
    Perlenschnur des knöchernen Rosenkranzes.
    Ein dickes Priestergesicht aus Speckstein
    Neigt sich und nickt
    Und wackelt und wendet sich
    Vorn am Altare.
     
    Eine tiefe, schneidende Bitternis grub
    Aetzend sich in mein Herz.
    Was der Natur hold heilige Schönheit
    Mir geschenkt, verdarb vor dem armen
    Menschenkram,
    Dem Menschenbettelvolk,
    Das sich vor fremdem Leid in den Staub
    Winselnd wirft,
    Statt freudig hinauf,
    Jauchzend freudig mit vollem Herzschlag,
    Hoch hinauf sich zu heben zu seliger,
    Lebender Schönheit.
     
     
Sonntagmorgen
    (An Gabriel Max in dankbarer Verehrung.)
     
    Durch den breiten Fensterbogen
    Blick ich hinaus in stürmischen Frühling.
    Grobgraue Wolken in dicken Flocken
    Schieben sich drängend über das bleiige
    Blau des Himmels, schwarze, geballte
    Wolkenfäuste drohend voran.
    Unten der Sturm faucht in das junge Grün
    Wie eine gierige Löwenkatze,
    Zaust die buschigen Wipfel, rauft,
    Zerrt in den zitternden Locken des Laubs.
    Steinern starr, spitzig schlank,
    Ragt im grünen Sturmgeschwank,
    Schnörkelblütig, rankenumklettert,
    Keck in die Höh zu den jagenden Wolken,
    Hochaufreckend ein goldenes Kreuz,
    Der gotische Turm.
    Und es klingt durch den Sturm
    Vom Turm herab,
    Dunkeltönig, wellig, breit,
    Dumpf, ernst, tief
    Kirchengeläute:
    »Kommt – kommt, kommt – kommt,
    Gott – ruft, Gott – ruft, – Kommt ...!«
     
    Der Sturm stößt weiter, die Glocke verklingt,
    Die Wolkenfäuste spreizen die schwarzen,
    Knolligen Finger: Der Regen träuft.
    Da schweigt der Sturm.
    Ein Nebelgespinnst, eintönig, grau,
    Schwankt vor dem Fenster.
    Leises Rieselrauschen flirrt,
    Frische Düfte atmenden Lebens
    Kühlen herein.
    Und ferne, ferne, über dem Mosaik
    Des langen Kirchendaches (ein Meßgewand,
    Steif golden hangend von Priesterschultern)
    Thut lachend ein blaues Himmelsauge
    Sich heiter auf.
    Fröhlichen Lichtes ein kleines, blaues
    Flämmlein, blinzelt es liebenswürdig
    Und ein wenig malitiös
    Ueber das protzige, fromme Dach,
    Lacht und leuchtet, lacht und leuchtet,
    Und wird größer im Lachen und Leuchten,
    Und unermeßlich groß
    – Gottes Auge! –
    Wie die dumpfen Kirchenglocken
    Heimwärts bimmeln ihre Heerde:
    »Geht – geht, geht – geht!
    Fromm – fromm, fromm – fromm, fromm ...
    Heiter milde lacht das große,
    Blaue Gottesauge.«
     
     
Lichtglaube
    (An Karl

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