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Irrgarten Der Liebe

Titel: Irrgarten Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Julius Bierbaum
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mir
    Und kalkten sich ein;
    Ich müßte mich selber zerreißen,
    Wollte ich sie aus mir austreiben.
    Ich vergaß sie, wenn sie nicht tobten,
    Und, wenn sie tobten, schrie ich mit,
    Bis sie stille waren.
    Hetzte auch einen Schmerz auf den andern,
    Daß sie sich fraßen,
    Und ich lachte, wenn ich sah,
    Wie sie im Uebereinanderherfallen
    Stücke aus mir rissen.
     
    Dann kamen weiche Hände und streichelten mich;
    Wie ein schwarzer Baum, der grüne Knospen
    Der Sonne aufthut, fühlte ich die Wollust
    Im Sein zu werden.
    Alles, das war,
    War nur für mich,
    Alle die Welt
    War mein Geschwister.
    Ich wuchs in die Welt, wie in der Blume
    Der starke Samenstengel sich hebt,
    Und mir war: Ich wäre der Sinn der Welt.
     
    Wunderbar schwoll meine Seele aus,
    Ueber mich weg in die Ahnungen des Seins;
    Götter gebar ich aus mir
    Und spielte mit ihnen
    Spiele der Seligkeiten und Spiele der Angst,
    Und schlug meine Götter tot,
    Da ich ihrer müde wurde.
     
    Nun ward ich still
    Und spielte nicht mehr.
    Ich sah mich selber an und erschrak,
    Daß ich allein sei.
    Endlos Leben an Leben um mich,
    Ich aber allein,
    Und nichts über mir.
    Da bückte ich mich in mich selbst
    Und verbarg mich in mir
    Und träumte.
     
    Was ich geträumt, war wirr und wild,
    Aber als ich erwachte
    War ich heiter und wußte
    Den Sinn meines Lebens.
    Der ist: Still mich treiben lassen von dem,
    Das in mir ist und nicht fragen:
    Wohin?
     
    Dunkel sind die Ziele,
    Dunkel sind die Götter,
    Dunkel ist die Welt.
    Aber eine warme Flamme leuchtet in mir
    Und läßt mich wachsen.
     
    Weiter weiß ich nichts als diese Flamme,
    Aber in ihr ahne ich alles.
     
    Ich laufe nicht mehr querhin durch den Garten
    Und stoße mich an keinen Stein mehr.
    Ich wachse wie ein Baum empor
    Und fühle unendlich und immer die Wollust
    Im Sein zu werden.
     
     
Genug
    (Meinem Freunde M.A. Stremel.)
     
    Ein Ritter ritt durch reifes Korn,
    Den Zügel laß und ohne Sporn;
     
    Es fraß der breite Gaul im Schritt,
    Nahm manche gelbe Aehre mit.
     
    Der Sommersonne heller Strahl
    Lag funkelnd auf dem schwarzen Stahl
     
    Des Rüstkleids, das der Ritter trug;
    Im Schild stand ihm ein Wort: Genug.
     
    Es lag die Lanze vor ihm quer,
    Darauf die Eisenrechte schwer.
     
    Als er an eine Quelle kam,
    Den Helm er sich vom Haupte nahm,
     
    Kniete nieder in den Kieselsand,
    Schöpfte Wasser mit der Eisenhand.
     
    Und ließ es wieder fließen dann;
    Liebreich sah er das Fließen an:
     
    Mein Herz war heiß im Kampfgetos,
    Mich ließ die Liebe nimmer los;
     
    Nun reite ich nach Haus im Schritt
    Und bringe bloß ein Lächeln mit:
     
    Genug.
     
     
Die Straßburger Münster-Engelchen
    (Für meinen lieben Franz Blei.)
     
    Gieb dir weiter keine Mühe, mein Sohn, ohé,
    Die kleinen thörichten Engelchen
    Am Münster
    Zu Straßburg
    Sind viel gescheiter, als du.
     
    Sie rennen nicht
    Und reden nicht
    Und sitzen auf keinen Stühlen nicht
    Und schreiben nicht
    Und dichten nicht
    Und wissen von Haß und Liebe nicht –:
    Stehn bloß so da, aus Stein gehaun,
    Und thun den seligen Himmel anschaun
    Und loben Gott in guter Ruh
    Und machen ein lieb dumm Gesicht dazu
    Mit ihren süßen Schnäbeln; – oh,
    Was sind die thörichten Engelchen froh,
    Aus Steine,
    So kleine.
     
    Gieb dir weiter keine Mühe, mein Sohn, ohé,
    Die kleinen thörichten Engelchen
    Am Münster
    Zu Straßburg
    Sind viel gescheiter, als du.
     
     
Faunsmonolog
    (Für Maximilian Dauthendey.)
     
    Bin ein alter Faun mit langem, weißem Bocksbart,
    Lobe Pan und blase meine grüne Bündelflöte,
    Die so süß singt wie der Maienwind im Schilfe.
    Sah schon viele, viele hohe Säulen fallen,
    Schöne, schlanke Säulen, buntbekapitälte,
    Zwischen denen Wein und rote Rosen rankten.
     
    Unter Weingerank und roten Schlingerosen
    Liegen nun die glatten, weißen Steinbaumstämme;
    Menschenhand erhob sie, Menschenhand zerschlug sie.
     
    Sinne nach, ich alter Faun am braunen Wasser,
    Sinne nach, wozu dies wirre Menschgewimmel
    Immerfort beklebt, befleckt die bunte Erde,
    Immerfort bewegt mit Armen, Beinen, Mäulern
    Ewig baut und bildet, schreit und zankt, – und wütig
    Niederreißt Gebautes und Geschaffenes. Besser
    Dünkt es mir, die leise Flöte blasen, träumen,
    Aus dem grünen Gras zum blauen Himmel blicken.
     
    Aber keine Ruhe mehr auf dieser Erde,
    Ueber-überallhin dringt
ihr
wüstes Schrein.
    Wäre nicht die laute Menschenarbeitsherde,
    Wär es wonnevoll, ein alter Faun zu sein.
     
     
Faunsflötenlied
    (Für Peter

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