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Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Heimat geflohen war, erinnerte sich an das Brennen, die knochentiefe Müdigkeit, die hartnäckige Weigerung, aufzugeben. Ihr Körper pochte vor Sympathie mit dem seinen. Sie trieb ihr Pferd an Nakivas1 Seite. „Können wir anhalten?”
    „Der Seppanhei?”
    „Ja. Er will nicht aufgeben, aber er ist vor lauter Erschöpfung in Trance.” Sie runzelte die Stirn. „Gib mir ein paar Minuten, ich denke, ich kann das in Ordnung bringen.”
    „Sogar das, Kunniakas?”
    „Warum nicht.”
    „Der Regen wird bald versiegen, und wir brauchen ohnehin Deckung.” Er schaute über die Schulter zu dem Nayid zurück.
    „Könnte er noch eine halbe Stunde durchhalten?”
    „Er wird reiten, bis er aus dem Sattel fällt.”
    „Das wird dann genügen. Und du, Kunniakas? Wie reitest du jetzt?”
    Sie lachte. „Steif, mein Freund. Aber die alten Kenntnisse kehren zurück, und morgen wird es besser gehen.”
    Der Regen verwandelte sich in ein leichtes Nieseln, und Aleytys konnte sehen, was ihr die anderen Sinne bereits gezeigt hatten. Sie hatten die Ebene hinter sich gelassen und waren in ein sanft hügeliges, bewaldetes Land vorgedrungen. Nakivas ließ das Pferd sich zwischen den Bäumen hindurchschlängeln und stieg schließlich auf einer kleinen, grasbewachsenen Lichtung ab. „Wir rasten hier bis zum Einbruch der Dunkelheit”, sagte er knapp.
    Aleytys rutschte aus dem Sattel und eilte an Burashs Seite. „Wie geht es dir?” Besorgnis machte ihre Stimme schärfer, als sie beabsichtigt hatte.
    Er schwankte bedrohlich im Sattel, öffnete gewaltsam die Augen, versuchte, sie anzulächeln.
    „Laß mich helfen.” Sie ergriff seine Hand und legte sie auf ihre Schulter. „Stütz dich auf mich. Laß dich einfach herunterfallen.
    Komm schon, die leichteste Sache der Welt. Und ich bin hier; du hast nichts zu fürchten.”
    Er nickte und glitt auf sie zu, knurrte, als das Sattelleder über zarten Oberschenkeln entlangwischte. Aleytys packte die schwerfällige Last. Er konnte nicht stehen, konnte sich nur schwach bewegen. Sie ließ sich langsam nieder, bis sie mit ihm kniete, dann ließ sie ihn sich flach auf dem nassen, kalten Gras ausstrek-ken.
    „Schließ für einen Moment deine Augen, Naram.”
    Die dünnen, zarten Membranen glitten über die Facettenaugen.
    Er zitterte vor Kälte, sein ganzer Körper schüttelte sich vor Kälte und Erschöpfung. Aleytys griff nach ihrem Fluß und ließ die Kraft durch ihre Hände in seinen Körper fließen. So, wie sie das Gift aus ihrem Körper gespült hatte, so wusch sie jetzt die Erschöpfung aus dem seinen und heilte die Schürfwunden an den Innenseiten der Oberschenkel.
    Burash fühlte, wie die Kraft wieder in seinen Körper zurückfloß, und öffnete seine Augen, lächelte zu ihr hinauf. „Du läßt mich nie im Stich”, flüsterte er.
    „Möge ich es nie tun”, antwortete sie. Ihre Fingerspitzen berührten sein Gesicht. „Glaubst du, daß du jetzt stehen kannst?”
    Ohne sich mit Worten aufzuhalten, sprang er auf die Füße und reichte ihr die Hand.
    Sie lachte und ließ sich von ihm hochziehen. Dann blickte sie sich um. Die Grasnarbe war geöffnet worden. Eine unregelmäßige, kreisförmige Grasfläche war beiseite gezogen worden und enthüllte ein dunkles Loch. Aamunkoitta führte das Packpferd hinunter, wobei sie es streichelte und ihm zu scheuem Gehorsam zuredete.
    „Überraschung, Überraschung.” Aleytys ging hinüber und schaute in das Loch hinunter, konnte aber außer der Kruppe des hinuntertrottenden Pferdes wenig sehen. „Was für eine Organisation!”
    Aamunkoitta kam an die Schräge zurück. „Komm schon herunter, Kunniakas, damit wir das Dach schließen können. Die Kipu wird mittlerweile die Gleiter alarmiert haben. Sie sind auf der Jagd nach uns.”
    „Es ist dunkel da unten.”
    Aamunkoitta lachte. „Nicht lange. Nicht, wenn wir erst den Deckel draufhaben. Es ist sehr gemütlich. Du wirst sehen.”
    Aleytys schnüffelte skeptisch, hielt sich an Burashs Hand fest und ging mit übertriebener Vorsicht die Schräge hinunter. Naki-vas fegte an ihr vorbei und gesellte sich zu Aamunkoitta. Gemeinsam zogen die Hiiri den Deckel wieder in seine ursprüngliche Lage und tasteten sich dann durch die absolute Finsternis dorthin zurück, wo Aleytys und Burash standen.
    „Nimm meine Hand.” Aamunkoittas sanfte, klare Stimme klang durch die Dunkelheit seltsam verzerrt. Aleytys konnte sie nicht gleich lokalisieren. Dann berührte eine kleine, dreifingrige Hand ihren Arm und glitt

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