Irsud
lebenden Arzt, der dieses Ding jetzt noch aus dir herausschneiden könnte. Wenigstens hast du es hier bequem. Dir bleibt noch ein Jahr, abzüglich ein paar Tage. Warum verbringst du sie nicht …“
„Eine Sklavin?“ Sie setzte sich auf. „Nein, danke.“ Sie starrte auf zu Fäusten geballte Hände hinunter; dann, während sie die Finger öffnete, so daß sie auf den Oberschenkeln ruhten, sagte sie langsam: „Ich habe Kraftreserven, über die ich nicht mit dir reden kann. Es wird einen Weg geben, Burash.“ Sie ließ eine Hand kurz auf seiner Schulter ruhen. „Es ist zum Teil auch dein Kind; meinst du nicht … Ich …“
„Leyta.“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich kann davon nicht wie von einem Kind denken. Nein. Du trägst die alte Königin in dir. Ein Greuel, ein Ungeheuer, ohne das diese Welt besser dran wäre.“ Er hob ihre Hand an seine Lippen. „Wäre es unser Kind, so würde ich es hochschätzen, selbst wenn es von meinem Körper ausgebrütet werden müßte. Ich habe sie gehaßt. Sie widerte mich an. Sie fütterten mich mit Drogen, die Kipu hat das organisiert, um die Alte bei Laune zu halten, sonst wäre ich so schlapp gewesen wie ein seit drei Tagen toter Fisch. Ich habe sie gehaßt.“ Seine Stimme verklang, und er sah krank aus.
Aleytys saß stumm da und wehrte die unglückliche Stimmung ab, die er ausstrahlte. Stille dehnte sich zwischen ihnen aus, der Schatten des Mimosenbaumes kroch zu ihren Zehen heran und schob sich still über die Füße. „Wirst du mit mir kommen?“ fragte sie plötzlich.
„Mit dir?“
„Weg von dieser Welt.“
„Weg von dieser Welt.“ Er legte die Hand auf ihren Knöchel. „Würdest du bei mir bleiben, Leyta? Auf meiner Heimatinsel Seb?“
„Ich kann nicht.“ Sie betrachtete ihn mit gequältem Gesichtsausdruck. „Ich kann nicht“, wiederholte sie unglücklich.
Er nickte. „Das dachte ich mir. Und ich kann nicht mit dir gehen, Leyta. Was sollte ich dort draußen tun? Was könnte ich tun?“ Mit einem verzerrten Lächeln auf dem Gesicht tätschelte er ihr Bein. „Bitte mich nicht, dein Gigolo zu sein, meine Liebe. Wäre das nicht mein einziger Nutzen für dich?“
„Burash …“ Sie zupfte an einigen Grashalmen herum. „Ich kann nicht bleiben, ich kann nicht. Ich habe einen Sohn, ich habe ein Ziel. Habe ich dir davon erzählt?“
„Ein Ziel?“ Er sah verblüfft drein.
„Die Welt meiner Mutter zu finden. Eine Heimat für mich und meinen Sohn zu finden. Und vielleicht für einen Mann, den ich kannte. Ein Dieb namens Miks Stavver.“
„Dann akzeptieren wir, was sein muß.“ Burash seufzte und streichelte ihren Oberschenkel. „Komm. Nimm deine Gedanken von all diesen Dingen weg. Leyta. Sieh mal, ich werde dein Kleid aufhängen gehen und dir etwas Neues zum Anziehen besorgen. Du bleibst hier und ordnest deine Gedanken.“
Aleytys schaute durch den Schleier ihres Haares zu ihm auf. Sie brachte ein Lächeln zustande. „Ich verdiene dich nicht.“
Er wischte das flatternde Gewirr aus ihren Augen. „Das ist ein bedauerlicher Gemütszustand.“
„Ich glaube, ich bin müde.“
„Zuviel Auf und Ab. Leyta. Bemühe dich um Mäßigung, ja?“
Sie kicherte müde. „Ein wenig Sonnenschein und ein wenig Schlaf.“ Lachen tanzte in ihren Augen. „Und vielleicht ein bißchen Liebe, wenn der Mond, der einzige Mond an diesem von Armut geschlagenen Himmel, vom Himmel zum Morgen hinuntergleitet?“
„Und jetzt bist du plötzlich eine Verseschmiedin?“ Er ergriff ihr Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich hoch, lachte, als sie protestierte. „Wo bleibt das Maßhalten?“
„Ich schlage dir einen Handel vor. Schlafe, Lieber, und sieh zu, daß du wieder zu Kräften kommst. Und ich beschäftige mich mit dem Auf und Ab und übe, das alte Weibsstück zu sein, bis ich diese ganze … bis ich alle bis aufs Blut ängstige, hah!
Maßhalten?“ Sie lächelte ihn schläfrig an und drehte sich auf den Bauch. Er strich sanft auf ihrem Rückgrat entlang.
„Du kannst nichts dafür, nehme ich an. Auf und ab. Auf und ab.“
Ihre Augen schlossen sich, die Geräusche der Welt verwischten in den Ohren. Als sich ihr Atem verlangsamte und festigte, hörte Burash mit seiner Massage auf und erhob sich. „Ich komme zurück, wenn die Sonne untergeht und wecke dich, Leyta.“ Er schüttelte den Kopf und ging zu dem Baum hinüber, auf dessen Ast die Robe sanft im aufkommenden Wind schaukelte.
12
Aleytys quälte sich aus einem tiefen Schlaf, wurde langsam unter
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