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Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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vibrierend zwischen ihnen.
    Aleytys schloß die Augen. „Harskari“, flüsterte sie. „Hilf mir.“
    „Hör zu, was sie sagt.“ Die bernsteingelben Augen blinzelten ungeduldig. „Sei nicht in allem von mir abhängig, Aleytys, du bist erwachsen, intelligent, benutze das.“
    Die bernsteingelben Augen schlossen sich mit entmutigter Endgültigkeit. Ein Muskel zuckte an ihrem Mundwinkel, Aleytys sammelte sich, fragte: „Ein Leben?“
    „Asshrud.“
    „Was?“ Aleytys schluckte und kuschelte sich in die Robe, fühlte sich irgendwie geschrumpft.
    „Du hast es gehört.“
    „Wie kommst du darauf, daß ich …“ Sie leckte über trockene Lippen, „… jemanden umbringen könnte … oder würde … Jemanden umbringen – und ausgerechnet für dich?“
    „Der Migru. Die Hiiri.“
    „Ah.“ Sie preßte die Hände vor die Augen. „Ich bin eine Heilerin“, murmelte sie.
    „Tod. Leben. Zwei Seiten ein und derselben Münze, nicht ein Haar Unterschied dazwischen.“
    „Aber … jemand hat mir gesagt, du könntest sie nicht anrühren.“
    „Das Hiiri-Mädchen.“
    Bei dieser Erinnerung an die Überwachung ihres Lebens entflammte Aleytys plötzlich in Wut. Sie schluckte sie hinunter und sagte hart: „Und?“
    „Ich kann sie nicht anrühren.“
    „Aber ich?“ Sie zog die Hände langsam herunter und faltete sie im Schoß. „Ist es nicht dasselbe, den Mord zu befehlen oder ihn selbst zu begehen?“
    „Ich? Dir befehlen? Meiner Königin?“
    „Oh.“ Ihr Mund zuckte. „Was passiert mit mir? Ich nehme an, ich muß die Verantwortung für den Mord übernehmen.“
    „Sie hat versucht, dich umzubringen.“ Die Fühler der Kipu zuckten in kurzen, eckigen Bögen, unterstrichen ihre Verwunderung über Aleytys’ hartnäckige Weigerung zu sehen, wo ihre Interessen lagen. „Sei nicht dumm. Was für eine Wahl hast du schon? Ein Leben für ein Leben. Die Hiiri gegen Asshrud.“
    „Was ist mit meinem Leben?“
    „Das, was du trägst, schützt dich.“
    „Erklär mit das mit den Hiiri.“
    „Es ist ganz einfach. Wenn Asshrud lebt, sterben die Hiiri.“ Sie zog den Mund zu einem ungeduldigen, feinen Strich gerade. „Muß ich noch sagen, daß sie sehr, sehr schmerzhaft sterben werden? Ich brauche nur eine Geisel, um dich zu halten, und der Migru wird sehr wohl genügen.“
    „Nein. Ich glaube dir.“ Aleytys starrte auf ihre Hände hinunter. Sie rieb sie hilflos aneinander. „Ich brauche Zeit.“
    „Zeit? Wofür?“
    „Du verstehst nicht.“
    „Das ist auch nicht nötig.“
    „Richtig. Du brauchst mich nicht zu verstehen. Nur zu benutzen.“
    „Ich wußte, daß du schließlich merken würdest, wo du stehst.“
    „Warum tust du es nicht und gibst mir die Schuld? Ich kann es nicht leugnen, solange du meine Freunde festhältst.“
    „Nein. Ich kann das Fleisch und Blut der Königin nicht anrühren.“
    „Nein. Du befiehlst nur, dies zu tun.“
    „Das ist etwas anderes.“
    „Nein.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Das ist es nicht. Aber ich rechne nicht damit, daß du es je begreifen wirst. Wie lange?“
    „Was?“ Die Kipu runzelte die Stirn. „Was heißt das?“
    „Wann muß ich mich entschieden haben?“
    „Jetzt.“ Die Kipu schritt zum Türbogen und blieb stehen, die Hand am Gobelin. „Entscheide dich jetzt. Was hast du für eine Wahl?“
    „Drängle mich nicht.“ Aleytys lehnte sich vor, das Gesicht in harte Linien gefaßt. „Wenn du keine Ablehnung willst.“ Sie glitt aus dem Stuhl, stand auf. „Ich brauche Zeit.“
    Die Kipu ließ ihre Blicke über die arrogante Haltung der ihr gegenüber stehenden Frau gleiten. Sie kapitulierte. „Nun gut. Ich werde mit dem Morgenmahl zurückkehren. Halte deine Antwort bereit. Die Hiiri oder Asshrud.“
    „Ja.“ Aleytys wischte das Haar aus ihrem feuchten und verschwitzten Gesicht, die momentane Aufsässigkeit wurde aus ihr hinausgespült; sie fühlte sich grau und verwelkt. „Ich weiß.“
    Sie starrte der Kipu nach, wie sie durch den Türbogen hinausschlenderte. Sie fühlte sich eigenartig … fern und entrückt … ihr Magen krampfte sich zusammen, entspannte sich … verklumpte krampfartig … Der Geist schwebte unheimlich … Sie stolperte in den Garten hinaus, ließ sich schwer auf die Bank am Bachufer fallen, sah das Wasser vorbeifließen, funkelndes Silber im Mondlicht.
    Der einzelne Mond schwamm träge zwischen langsam dichter werdenden Wolken. „Morgen wird es regnen.“ Aleytys lehnte sich zurück, starrte auf ihre Hände hinunter. „Ich

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