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Isabelle

Isabelle

Titel: Isabelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Wer ist dieser Mann?«
    »Noël Bonvenu«, antwortete Max. »Interpol versucht ihm auf die Spur zu kommen. Ich glaube, dass er ein Auftragskiller ist, der für Millessandri in Marseille arbeitet. Er wurde an dem Tag, als Alex Lafont ermordet wurde, in den Niederlanden gesehen. Christine Lafont hat in ihm soeben einen der beiden Männer wiedererkannt, die Didier abgeholt haben. Behalt das Foto ruhig. Man weiß ja nie, vielleicht ist er von Leuten hier in der Gegend gesehen worden, oder vielleicht sein Auto …« Den Rest ließ er unausgesprochen, denn vermutlich brauchte er den Gendarmen nicht zu erklären, wie sie eine Befragung der Bevölkerung durchzuführen hatten.
    »Vielen Dank.« Der Chef nahm es dankbar an. »Merde!«, sagte er verärgert. »Wenn die uns das früher gegeben hätten, hätten wir ihn vielleicht sogar mit eigenen Augen gesehen.«
    »Troyes«, bemerkte Kleiweg verwundert. »Was hatten die denn da zu suchen? Das liegt doch auf dem Weg nach Paris?«
    »Von hier aus mehr in Richtung Reims oder Belgien«, sagte der Chef.
    »Ich würde da nichts hineininterpretieren«, sagte Max. »Ihr einziger Grund dafür, in diese Richtung zu fahren, war wohl, dass es entgegengesetzt von Marseille liegt.«
    Der Schmerz raste in ihrem Unterleib. Sie verlor das Bewusstsein dafür, wo sie war und wer bei ihr war. Der indische Arzt war zugegen, Krankenschwestern, Judith schien an der Tür zu stehen, die Hand vor den Mund geschlagen, Letty war ganz in ihrer Nähe, in einem grünen Kittel und mit einem grünen Lappen über dem Mund. Sie selbst lag in diesem komischen Stuhl, in den Kniekehlen gepolsterte Bügel, unter einem orangeroten Laken, in einem Zelt aus Schmerzen.
    Isabelle schrie, lange und laut, dann erstickt, unter Lettys Hand auf ihrem Gesicht. Sie krümmte sich wie eine Blattfeder nach hinten und schüttelte wild mit ihrem verschwitzten Kopf zu dem orangefarbenen Zelt hin: Weg, weg, weg!
    Ein Hindernis, ein Ding, sie konnte es noch nicht einmal als Kind betrachten, sie verspürte nur den übermächtigen Drang, davon erlöst zu werden. Sie presste es heraus, eine Welle des Schwindels, als der Abgrund aufriss, dann eine neue Flutwelle von schwarzer Leere und Erleichterung, als der Abgrund sich wieder schloss und sie wie ein Ball in den leeren Raum katapultiert wurde, plötzlich befreit von ihrem Körper.
    Sie blickte an sich hinunter, erfasste aus den Augenwinkeln heraus das orangefarbene Zelt, Instrumente, Leute um sich herum und etwas, das sich in ihren Händen wand und Laute von sich gab. Dann funkelten die fernen Sterne. Der Schmerz war weg und sie taumelte durch die Nacht. Sie spürte Kühle auf ihrer Stirn. Letty lächelte sie an, tupfte ihre Stirn ab. Der laute Wasserfall, als sie das Tuch über einer Metallschüssel auswrang. Krankenhausgerüche, Desinfektionsmittel, Jod.
    »Es kann noch eine halbe Stunde dauern«, sagte Letty.
    Isabelle drehte den Kopf. Tageslicht fiel in den Raum. Judith war weg, der Arzt auch. Eine Krankenschwester befand sich hinter dem orangefarbenen Zelt, sie spürte ihre Hände und die leicht brennende Flüssigkeit, mit der die Reste des alten Schmerzes weggewischt wurden. Der Schmerz glühte, eine brennende Erinnerung, und dahinter wühlten die Tentakel einer neuen Pein, wie ein heraufziehendes Unwetter.
    »Was war es?«, flüsterte sie.
    »Es ist weg.«
    Das Versprechen, dachte Isabelle. Ich habe den Preis be zahlt.
    »Ich habe es gerade von der Gendarmerie erfahren«, sagte Maître Longueteau. »Das ist ja furchtbar.«
    »Vielleicht ist es besser, als wenn er den Rest seines Lebens hinter Gittern gesessen hätte«, sagte Max auf Französisch.
    »Ich dachte, Sie würden kein Französisch sprechen.«
    Max lächelte. »Meine Assistentin spricht besser Englisch als Französisch, und da Sie die Sprache auch beherrschen, war es praktischer so.«
    »Ah, Ihre Assistentin. Ist sie diesmal nicht mitgekommen?«
    Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich bin mit einem Inspecteur der niederländischen Polizei hier. Er ist gerade in der Gendarmerie. Und zwar geht es um den Nachlass.«
    Christian Longueteau warf ihm einen eigenartigen Blick zu. »Von Didier Lafont?«
    »Beziehungsweise um den seines Vaters, Raymond Lafont.«
    Der Notar verlor den Faden. Er ging zu seinem Schreibtisch. »Ich weiß nicht so recht, was es darüber noch zu sagen gibt.«
    Max setzte sich in denselben Sessel wie beim letzten Mal, drehte ihn aber diesmal so, dass er sich voll im Blickfeld des Notars befand. Das Licht

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