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Isabelle

Isabelle

Titel: Isabelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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einem kurzen Zögern. Vielleicht hatte er Besuch von anderen Leuten erhalten, und die waren nicht wegen Ben Visser gekommen, sonst hätte Gerben Hinstra diesen Namen schon einmal gehört, bevor er ihn in der Zeitung gelesen hatte.
    »Hat sich vor mir schon mal irgendjemand nach Alex Lafont erkundigt?«, fragte Max beiläufig.
    Hinstra blickte auf. »Ja, das Waisenhaus, aber es ging dabei um etwas ganz anderes. Die Direktorin rief mich an und fragte, ob ich wüsste, wo sich mein Adoptivsohn aufhielte, weil sie von einem französischen Notar schriftlich um Informationen über ihn gebeten worden war. Sie schickte den Brief an mich weiter.«
    Max runzelte die Stirn. »Ein französischer Notar? Haben Sie den Brief noch?«
    Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Er kam letzten Winter. Da ich Alex nicht erreichen konnte, beschloss ich, ihn bis zu seinem nächsten Besuch im April aufzubewahren.«
    »Haben Sie ihn gelesen?«
    »Ja, ich brauchte ein Wörterbuch dazu, er war im typischen Juristenjargon abgefasst. Es ging darum, dass der Notar auf der Suche nach Alex Lafont war, im Zusammenhang mit dem Nachlass eines gewissen Raymond Lafont.«
    »Erinnern Sie sich noch an den Namen des Notars?«, fragte Max.
    »Maître Christian Longueteau, aus Nuits Saint Georges, das liegt im Burgund.«
    Max nahm sein Notizbuch zur Hand und begann, sich Notizen zu machen, um seine Aufregung zu verbergen. »Was hat denn Alex dazu gesagt?«
    Hinstra kniff sich wieder in die Nase. »Er hat sich erst ein bisschen erschrocken, aber dann hat er angefangen zu lachen. Ein Erbe in Frankreich? Er hat den Brief zerrissen und zu mir gesagt: ›Ich bin Alex Hinstra, und sollte jemals wieder ein Mensch nach mir fragen, dann sagst du, ich sei mit achtzehn von zu Hause weggelaufen und du hättest nie wieder etwas von mir gehört.‹ Ich fragte ihn, ob er denn nicht neugierig sei, wer seine Mutter war. ›Meine Mutter ist tot‹, antwortete er, ›sonst gäbe es ja kein Erbe. Bitte tu, was ich dir sage, das ist besser für uns alle, und sicherere« Hinstra schwieg einen Moment, als ginge ihm der Atem aus, und sagte dann: »Und im Mai las ich dann in der Zeitung, dass er ermordet worden war.«
    Max beschlich eine unheilvolle Ahnung. »Haben Sie der Direktorin des Waisenhauses gesagt, dass Sie wüssten, wo sich Alex aufhielte?«
    »Ich habe ihr erklärt, ich wisse nicht genau, wo er wohne, dass ich ihm aber den Brief geben würde, wenn er mich an meinem Geburtstag besuchen käme.« Der alte Mann sah Max’ betroffenes Gesicht und wurde nervös. »Sie wollte es ganz genau wissen, sonst hätte sie den Brief wieder an den Notar zurückgeschickt. Ich dachte, Alex hätte sicher Interesse an einer Erbschaft. Jedenfalls war das eine Sache, über die er zu entscheiden hatte und nicht ich, deshalb habe ich von seinem Besuch an meinem Geburtstag erzählt. Hätte ich das besser nicht tun sollen?«
    Max sah, wie sehr ihn sein Gewissen quälte, und rang sich ein Lächeln ab. »Aber nein«, sagte er beruhigend. »Alles deutet auf eine Verbindung mit Amerika hin.«
    Es sei denn, der Mörder wäre von Anfang an auf der Suche nach Alex Lafont aus Frankreich gewesen und hätte sich an einem ganz gewöhnlichen Notarschreiben orientiert. Er brauchte nur im Waisenhaus anzurufen und danach im Rathaus von Leeuwarden das Geburtsdatum des Adoptivvaters herauszusuchen, um ihm auf die Spur zu kommen. Die Frage war nur, wie sie auf das Waisenhaus gekommen waren, wo Alex ohne Papiere als Findling ausgesetzt worden war.
    Max behielt seine Gedanken für sich. Er hatte kein Bedürfnis danach, den alten Kirschbaum vor Reue umstürzen zu lassen.
    »Der Mann, der hier war, war der gleichen Meinung«, sagte Hinstra, in einem Ton, als versuche er sich selbst Trost zuzusprechen. »Dass er in Florida in irgendetwas hineingeraten ist und als Zeuge auftrat, wofür er im Gegenzug von den amerikanischen Justizbehörden eine neue Identität erhielt. Man liest so was ja gelegentlich.«
    Max fragte gespannt: »Der Mann? Welcher Mann?«
    »Er hieß De Kanter oder so. Ein Belgier. Er suchte mich zwei Wochen nach dem Mord auf, im Auftrag des französischen Notars. Er besaß bereits eine Kopie der Adoptionspapiere und eine offizielle Erklärung des Waisenhauses. Außerdem verfügte er über einen Obduktionsbericht, in dem Alex’ äußerliche Merkmale aufgeführt wurden, unter anderem die Narbe an seiner Hand. Ich habe eine Erklärung unterschrieben, dass es sich bei Ben Visser, Alex Hinstra und Alex Lafont um

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