Isabelle
Sofa. »Erklär ihm, dass es ein Irrtum ist, dass ich gar nicht hier wohne, dass du mich nicht gefunden hast.«
Letty stand auf. Sie erschrak vor ihren eigenen Gedanken. »Warum? Du hast doch wirklich nichts damit zu tun, oder?«
»Geh weg«, flüsterte Isabelle. »Du machst alles kaputt.«
»Du kannst dich doch nicht ewig verstecken. Was sollen denn die Leute denken?«
»Ist mir doch egal, was die Leute denken.«
»Ich bin deine Freundin«, sagte Letty. »Es tut mir Leid, dass ich diesem Mann die Anzeige gegeben habe, aber ich wollte einfach wissen, wo du bist und ob es dir gut geht. Ich habe mir nämlich allmählich große Sorgen gemacht.« Ihre Stimme zitterte. »Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich konnte mir nicht vorstellen, was los war. Verstehst du das denn nicht?«
»Geh weg.«
Dickköpfig blieb Letty stehen. »Ich war mir nicht sicher, wie ich reagieren würde, wenn ich mich unsterblich verliebt hätte und der Mann meines Lebens ermordet worden wäre, während ich zum ersten Mal mit ihm im Bett liege. Begreifst du das? Ob ich versuchen würde, mich von einer Brücke zu stürzen? Jedenfalls würdest du mich suchen, um mich davon abzubringen, weil du meine Freundin bist.«
Isabelle spürte, wie ihr schwindelig wurde. Sie schwankte und tastete blindlings nach Halt. Letty stieß vor Schreck einen Schrei aus und hielt sie an den Schultern fest. »Was ist denn …« Sie half ihr, sich langsam aufs Sofa sinken zu lassen, setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm. »Ruhig, ganz ruhig«, sagte sie. »Ich bin ja bei dir, ich lasse dich nicht im Stich. Atme einfach weiter. Mist, hätte ich nur meinen Mund gehalten.«
Isabelle hielt die Augen geschlossen. Ihr dröhnten die Ohren, und sie hatte Schmerzen in der Brust. Letty drückte sie sanft an die Rückenlehne und ließ sie los. »Hast du Alkohol im Haus?«
Rasch ging sie an den Vorratsschrank, den sie in der Diele gesehen hatte. Unten drin standen Weinflaschen und eine Flasche Cognac. Letty griff nach dem Cognac, kam zurück ins Wohnzimmer und fand auf dem Wandregal Gläser.
»Ich könnte auch einen vertragen«, sagte sie. »Meine Güte, was ist denn bloß los mit dir? Hier, trink das auf ex.«
Isabelle trank und erschauerte. Dann fing sie an zu weinen. Letty nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es auf einen Hocker. Schweigend wartete sie, bis ihre Freundin sich ausgeweint hatte.
»Geht schon wieder«, stotterte Isabelle.
Letty holte ein Küchenhandtuch.
»Soll ich lieber weggehen?«, fragte sie.
»Nein, bleib hier. Ich wollte dich nicht …«
»Du nimmst doch keine Drogen oder so?«
»Nein, ich bin schwanger.« Endlich war es heraus.
Letty guckte Isabelle drei Sekunden lang sprachlos an. »Au weia«, sagte sie dann. »Dann liegt’s also nicht an den braunen Bohnen.«
Isabelle war nervös, als der Detektiv zu Besuch kam. Sie wusste, dass sie sich nicht davor drücken konnte, denn sie hatte nicht den geringsten Grund, ihm sein Kommen zu verweigern. Feindselig schaute sie aus dem Fenster über der Anrichte, als der BMW auf das Gelände neben dem Stall fuhr und unter dem gewaltigen Kastanienbaum parkte, dessen Blätter sich schon zu verfärben begannen. Der Mann, der ausstieg, hatte dieselbe Gestalt wie Ben und schien auch im selben Alter zu sein, aber er hatte dunkles Haar, war gröber gebaut und schwerer, und seine Kleidung hing ihm locker und ein bisschen formlos um den Körper.
»Ich habe Ihnen nichts zu sagen«, erklärte sie, nachdem er sich vorgestellt hatte.
»Darf ich Isabelle sagen?«, fragte er.
Isabelle nickte unfreundlich und ließ ihn ein. Er schaute sich ausgiebig um und ging dann, wie Letty es getan hatte, zur Terrassentür und schaute hinaus in den Obstgarten. »Ist es dir hier nicht zu einsam?«, fragte er.
Seine Direktheit erschreckte sie ein wenig. »Nein«, antwortete sie. »Die Leute sind sehr nett, und es gibt viel zu tun.«
Er drehte sich um und lächelte. »Gefällt es dir hier besser als bei Tante Maran?«
Sie zögerte. »Meine Tante meint es nur gut.«
Max nickte. »Sie tut sich schwer mit diesen Dingen. Sie ist nicht an überwältigende Liebe gewöhnt und kann nichts mit Menschen anfangen, die einer spontanen Gefühlsaufwallung nachgeben, anstatt sich an die Regeln zu halten. Als sie dich unter ihre Obhut nahm, hat sie vielleicht geglaubt, dadurch würde sich in ihrem Leben nichts verändern.«
Isabelle schwieg, aber sein Gesichtsausdruck und die Art, wie er über Dinge sprach, ohne dabei ein
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