Isabelle
getroffen.«
»Ist es viel wert?«
»Ja, es ist ein millionenschwerer Betrieb, zu dem ausgedehnte Weinberge, eine eigene Produktionsanlage und Weinkeller gehören. Das Maison de Maître stammt aus dem achtzehnten Jahrhundert. Außerdem ist Lafont zu fünfzig Prozent an einem großen Weinhaus in Antwerpen beteiligt. Vielleicht können Sie das Problem verstehen, vor das Didier sich gestellt sah. Nicht nur hätte er zwei Drittel hergeben müssen, sondern ihm drohte auch das Schreckgespenst, liquidieren zu müssen, wenn die anderen Geschwister nicht an Weinbau interessiert gewesen wären und hätten ausbezahlt werden wollen. Ihm wäre nichts mehr übrig geblieben, nur das Geld oder ein Restanteil des Gutes. Der alte Familienbetrieb hätte aufgehört zu existieren.«
Kein schlechtes Motiv für einen Mord, dachte Max. »Aber so weit ist es nicht gekommen?«, bemerkte er.
Der Notar warf ihm einen verstörten Blick zu.
»Sie haben natürlich versucht, die Erben ausfindig zu machen?«, fragte Nel.
»Natürlich«, antwortete Christian. »Gemäß den Vorschriften. Dabei ist eine Frist einzuhalten.«
»Ich habe davon keine Ahnung«, bekannte Nel. »Wie geht denn so etwas vor sich?«
»Die Ermittlungen über die Behörden brachten kein Ergebnis. Wir haben Anzeigen geschaltet, aber keinerlei Reaktion darauf erhalten. Schließlich habe ich auf Anraten von Didier den belgischen Anwalt beauftragt, der auch seinen Weinhandel in Antwerpen vertritt. Der hat Nachforschungen angestellt, die dann endlich ein Resultat erbrachten.«
»Hat Didier sich denn keine Hoffnungen gemacht, dass die Frist verstreichen würde?«
Der Notar warf Max einen herablassenden Blick zu. »Sie können sich doch wohl denken, dass er absolut sichergehen wollte? Denn was wäre geschehen, wenn die Frist verstrichen wäre und ein paar Jahre später doch noch Erben aufgetaucht wären? Daraus hätte sich eine juristische Auseinandersetzung ergeben, die sich über Jahre hätte hinziehen können, und in dieser Zeit wären Didier die Hände gebunden gewesen, weil in einem solchen Fall alles, was Lafont einbringt, in einem Fonds eingefroren worden wäre. Das sind keine guten Aussich ten, und in acht von zehn Fällen gewinnt der andere Erbe schließlich doch.«
»Sie haben Recht«, sagte Max, »bitte entschuldigen Sie.«
Nel blickte den Notar beschwichtigend an. »Ihre Nachforschungen waren also erfolgreich«, sagte sie in einem Ton, als hätte er dafür eine Medaille verdient.
»Ja. Die Tochter war leicht zu finden. Es stellte sich heraus, dass sie 1974 in einem Krankenhaus irgendwo in den zentralen Niederlanden gestorben war.«
In Max’ Gehirn fing etwas an zu summen. »War auch die Todesursache angegeben?«, fragte er.
»Ja, innere Blutungen.« Der Notar sah Nel mit ernstem Blick an. »Dem Sohn kamen wir erst auf die Spur, als in Raymonds Schreibtisch ein alter Brief seiner ersten Ehe frau gefunden wurde. Aus ihm ging hervor, dass sie ihren Sohn vor einem Waisenhaus ausgesetzt hatte, weil sie nicht für ihn sorgen konnte.«
Max war aufgeregt. Das Waisenhaus!
Christian rieb sich über die Stirn. »Das sind natürlich Privatangelegenheiten«, fuhr er fort, »aber als ich diesen Brief las, konnte ich mir vorstellen, dass der alte Ray mond unter furchtbaren Schuldgefühlen gelitten haben musste. Er muss gewusst haben, dass seine Frau, als sie ohne einen Franc in der Tasche fortging, nicht nur eine dreijährige Tochter hatte, für die sie sorgen musste, son dern wieder schwanger war. Vielleicht hat er diese Ge schichte die ganze Zeit über absichtlich vergessen oder verdrängt, bis kurz vor seinem Tod. Aber es war zu spät, sie sind alle beide tot. Ich nehme an, dass Sie wissen, was mit Alex passiert ist, in Amerika.«
»In Amerika?«
»Nun ja, da ist er doch in kriminelle Machenschaften verwickelt worden. Die amerikanischen Justizbehörden verhalfen ihm zu einer neuen Identität. Er ging zurück in die Niederlande, aber die Mafia hat ihn schließlich doch gefunden. Es ist traurig.«
»Haben die amerikanischen Behörden das bestätigt?«, fragte Max.
»Nein, es wäre auch schwierig, eine solche Auskunft von ihnen zu erhalten, aber es geht aus den Unterlagen aus Antwerpen hervor, denen eine Erklärung der nieder ländischen Justiz beilag. Für uns war juristisch nur von Interesse, dass hinlänglich bewiesen wurde, dass Alex Lafont beziehungsweise Alex Hinstra mit Ben Visser identisch war und dass dessen Todesursache nichts mit dem Erbe zu tun hat. Damit
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