Isarblues: Der dritte Fall für Max Raintaler (German Edition)
Taktgefüge solange zu verändern,
bis sie perfekt zum restlichen Playback passten.
»Aha. So
banal wird heute also im Studio produziert«, provozierte ihn Max, als Heinz fertig
war. »Mit dem Computer. Da kann ja jeder Depp Musik machen. Und teure Musiker braucht
man auch keine mehr.«
»Eben nicht,
Max. Weil ein Depp nämlich gar nicht weiß, wo die Töne hingehören und wie sie klingen
müssen, damit ein harmonisches Ganzes entsteht«, entgegnete ihm Heinz unwirsch und
schüttelte ärgerlich seinen roten Lockenkopf. »Es ist sogar genau anders herum.
Jeder Depp kann einem Instrument ein paar Töne entlocken. Aber nur der Könner weiß,
welche Töne im Playback gebraucht werden und wie sie eingesetzt werden müssen.«
»Ach, wirklich?
Ja, da schau her, Herr Professor. Das ist mir ja ganz neu.« Max grinste breit. Natürlich
war es ihm nicht neu. Er war selbst oft genug wegen Demoaufnahmen für seine eigenen
Songs im Studio gewesen. Zwar nicht in einem so teuren Hightechtempel wie hier bei
Heinz, aber immerhin im Studio. Und seine früheren Platten und CDs hatte er ebenfalls
jedes Mal mitproduziert.
»Außerdem
hole ich mir nach wie vor genügend echte Musiker für Soli oder wenn ein Playback
einmal ganz natürlich und organisch klingen soll. Handgemacht, sozusagen.« Heinz
klang immer noch angefressen.
»Ist ja
schon wieder gut. War doch bloß ein Scherz, Heinz.«
Max wusste,
dass Heinz, was seine Arbeit betraf, keinen Spaß verstand. Und gerade deshalb schoss
er den Schlagerproduzenten so gerne hoch. Kein anderer konnte sich so herrlich ereifern
wie der.
»Aber jetzt
mal im Ernst, Heinz. Ich habe Neuigkeiten für dich. Teils gut, teils schlecht. Welchen
Teil willst du zuerst hören?«
»Den guten
natürlich.« Heinz drehte sich mit seinem ganzen Stuhl zur Seite, damit er Max ins
Gesicht schauen konnte.
»Holzer
und Nagel haben deine Lieder definitiv gekauft«, fuhr der fort. »Von einem Herrn
namens Ratgeber, einem Musikredakteur beim Fernsehen, den du sicher auch kennst.«
»Ja, so
eine Ratte! Logisch kenne ich den Ratgeber. Das ist der erste Ganove, den du schmieren
musst, wenn deine Lieder im privaten Fernsehen laufen sollen. Das weiß doch die
ganze Stadt.« Die diesbezügliche Unwissenheit seines Freundes überraschte Heinz
offenbar genauso wie dessen Neuigkeiten.
»Na gut.
Ich wusste es bisher jedenfalls nicht«, erwiderte Max. »Aber egal. Fakt ist, dass
er deine Lieder an Holzer und Nagel verkauft hat. Und jetzt kommt’s. Die beiden
geben dir deine Rechte an den Liedern zurück.«
»Hey! Das
ist doch super. Wie hast du denn das geschafft?«
»Ich bin
Profi. Oder nicht?«
»Gratuliere.
Und was ist die schlechte Nachricht?« Heinz blickte neugierig über seinen Keyboardständer
hinweg.
»Ratgebers
dreißig Prozent wirst du wohl abschreiben können. Der sitzt im Flieger nach Chile
und wird sicher nicht wieder zurückkommen. Und den eigentlichen Dieb habe ich auch
noch nicht erwischt. Den Menschen, der deine Lieder an Ratgeber verkauft hat.«
»Mist!«
»Holzer
und Nagel wissen angeblich nicht, wer es war. Und Ratgeber selbst wird es wohl nicht
gewesen sein. Oder hat er dich in letzter Zeit mal hier im Studio besucht?« Max
setzte sich auf die große schwarze Ledercouch seitlich des Mischpults.
»Nein. Er
war noch nie hier bei mir. Es gibt Leute in der Branche, um die man als seriöser
Mensch besser einen Bogen macht. Ratgeber gehört dazu, genau wie Holzer und Nagel.«
Heinz grinste grimmig.
»Dann können
dir deine Lieder natürlich auch in Zukunft geklaut werden.«
»Verstehe,
Max. Weil Ratgeber abgehauen ist, bevor du den Namen seines Lieferanten aus ihm
rauskriegen konntest. Außer der tote Bär wäre der Dieb gewesen. Dann wäre bereits
heute alles vorbei, weil er tot ist. Richtig?« Heinz kratzte sich nachdenklich am
Hinterkopf.
»Du hast
es erfasst«, bestätigte Max. »Die Frage ist jetzt, ob ich trotzdem weiter ermitteln
soll. Oder ob wir die ganze Aktion abbrechen, und du dir stattdessen vorsorglich
einen großen Safe für deine wichtigsten Bänder anschaffst und überall neue Schlösser
anbringst und jeden Musiker, der dein Studio verlassen will, vorher gründlich durchsuchst.«
»Ja, meinst
du denn, dass du den Kerl erwischst? Also … vorausgesetzt, dass es dieser Bär nicht
war.« Heinz rieb sich ausgiebig über die Stoppeln seines rötlichen Dreitagebartes.
»Irgendwann
bestimmt. Aber es kann natürlich noch ein paar Tage dauern.« Max blickte ihm offen
ins
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