Isarblues: Der dritte Fall für Max Raintaler (German Edition)
zum Armdrücken die Handflächen gegeneinander und
die Finger über den Daumen und den Handrücken des anderen legte. Fesche Sache. Man
hätte sich zwar auch ganz normal die Hand geben können, wie alle anderen Menschen
das taten, doch das wäre auf jeden Fall nur halb so cool gewesen.
»Na, klar,
Partner. Immer rein mit dir. Super, dass wir üben können.«
»Super,
dass du trotz deiner Ermittlungen Zeit hast, Max.« Mike hob seinen schweren Gitarrenkoffer
vom Treppenhausboden auf, den er vorher dort abgestellt hatte und betrat hinter
Max die kleine, aber feine Altbauwohnung.
Sie ließen
sich im Wohnzimmer nieder. Am Küchentisch war es zu eng für zwei Mann mit Gitarre.
Kaffee und Kuchen schmeckten vorzüglich, obwohl Max den Kaffee gemacht hatte. Beide
nahmen mehrmals nach.
Dann wurde
es ernst. Sie stimmten den ersten Song an. Max legte einen cool gepickten Groove
vor und Mike setzte sich langsam drauf. Zuerst mit ein paar wenigen Noten und unauffälligen
Riffs. Dann spielte er immer mehr. Ihre Köpfe und Beine begannen synchron im Takt
zu wippen. Die Töne perlten nur so von den beiden Westerngitarren aus ins Zimmer
hinein und Max sang mit seinem ruhigen, leicht angerauten Bariton dazu … ›Better
than just wait’n around to die‹ … Der einzeilige Refrain des melancholischen Musikstücks
von Townes van Zandt traf wie ein Pfeil mitten ins Herz der beiden Vollblutmusiker.
Der Alltag mit seinen täglichen Nervereien und Kriminalfällen hatte Pause.
»Schon ungerecht,
dass die besten Leute alle so früh sterben müssen«, philosophierte Mike betroffen,
als der letzte Akkord verklungen war.
»Immerhin
ist der gute Townes 52 geworden. Genau so alt, wie ich jetzt bin«, entgegnete ihm
Max, »und er ist bis zuletzt auf der Bühne gestanden. Trotz der Wagenladungen an
Alkohol, Klebstoff und Drogen, die er sich im Laufe seines Lebens eingepfiffen hat.
Ozzy lebt sogar noch. Trotz seiner Exzesse.«
»Na, dann
schau bloß, dass du schnell 53 wirst. Nicht, dass du es dem guten Townes noch nachmachst.«
Mike lachte und nahm einen Schluck Kaffee.
»Nie im
Leben, Mike. Dazu trinke ich zu wenig und mache zu viel Sport. Und Drogen und Zigaretten
haben mich noch nie gereizt. Ich bin topfit.« Noch während Max sprach, beschlich
ihn wieder diese leise heimliche Angst, die in der letzten Zeit immer häufiger in
ihm hochkam. Was, wenn er doch bald sterben musste? Wenn er doch so krank war, wie
er manchmal dachte? Blutdrucktabletten musste er ja schon nehmen. Was kam als Nächstes?
Das metabolische Syndrom? Burnout? Konnte doch alles sein. Wer wollte das wissen?
Neuerdings hatte er auch schon diese kleinen Ringe um die Hüften, und Monika wollte
ihn sogar am liebsten in die Klapsmühle stecken. Würde der Tod weh tun? Und vor
allem, was kam danach? Herrschaftszeiten. Warum mussten wir eigentlich sterben?
Hätte man das nicht geschickter lösen können? Mist, blöder.
»Topfit,
sagst du? Und das in deinem biblischen Alter?« Mike lachte noch mehr.
Max lachte
ebenfalls. Was sollte er auch sonst tun? Gut verarscht, dachte er.
»Oh Mann,
Mike. Hoffen wir, dass unser Leben noch so lange dauert, wie es dauert. Was meinst
du? Sollen wir zwischenrein vielleicht mal was Fröhlicheres spielen?«
»Biene Maja?«
Mike hob seinen tätowierten Arm, fuhr sich mit der Hand über seine kurzen schwarzen
Haare und grinste provozierend.
»Depp! Hey!
Ein neues Tattoo? Ist das etwa …?« Max zeigte auf Mikes bunten Oberarm.
»Ja, es
ist Heinz Erhard. Ich liebe die Filme mit diesem Kerl. Für mich war er der lustigste
Mensch aller Zeiten.«
»Aha. Na
gut, wie du meinst. Ich stehe mehr auf den Karl Valentin. Mein Lieblingsspruch von
ihm ist ›Die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie mal war‹. Der stimmt immer.
Übrigens fällt mir gerade ein, was wir spielen könnten. Was hältst du hiervon?«
Max schlug kraftvoll die Anfangsakkorde von ›Old Time Rock’n Roll‹ an.
Mike stieg
sofort begeistert ein. Der gute alte Bob Seger. Egal, wie leer der Saal war oder
wie voll. Egal, wie die Zuhörer gerade vorher noch drauf waren, dieser Song riss
jeden mit, schon nach den ersten paar Takten. Die Musiker riss er natürlich auch
mit, selbst daheim beim Üben im Wohnzimmer. Sie spielten den Schluss noch ein paarmal
extra. Max wollte vor dem endgültigen Ende ein Ritardando einbauen. Bis sie dafür
genau das gleiche Tempo gefunden hatten, dauerte es eine Weile. Ganz normal. Auch
für alte Profis, wie sie es waren.
Um kurz
nach sechs hatten
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