Isarbrodeln
Oder ein Schlaganfall. Da hat man ja schon die wildesten Sachen gehört, was einem passieren kann, wenn man zu viel Alkohol intus hat.
Georg und Josef genossen währenddessen drinnen nach wie vor ihr Bier und die Anwesenheit der holden Weiblichkeit aus Norddeutschland.
»Wollt ihr euren Freund denn wirklich ganz alleine heimgehen lassen? In seinem Zustand?«, fragte Annika sie mit besorgter Miene.
»Ja, logisch. Dem Max passiert nichts. Erstens hat er einen sehr zuverlässigen Schutzengel und zweitens war er Polizist,« antwortete Josef und schielte dabei wie ein Brunnenputzer.
Natürlich nur wegen des Alkohols und nicht etwa, weil er normalerweise immer geschielt hätte. Georg klärte die Damen zu deren großer Belustigung ausführlich über diesen Sachverhalt auf.
Max kam ganz gemäß seiner anfänglichen Befürchtungen nur sehr schlecht auf seinem Nachhauseweg voran. Immer wieder stolperte und taumelte er. Immer wieder suchte er Halt an Hausmauern und Bäumen. Und immer wieder musste er sich auf den Motorhauben diverser, am Straßenrand geparkter Autos ausruhen. Nach gut zwei Stunden jedoch stand er endlich vor seiner Wohnung im zweiten Stock und gab sich größte Mühe aufzusperren. Eine knifflige Angelegenheit in seinem Zustand. Vor allem im Dunklen. Denn den Lichtschalter im Treppenhaus hatte er partout nicht finden können. Obwohl er wirklich sehr lange und sehr gründlich nach ihm gesucht hatte. Eine Viertelstunde verging. Dann noch mal eine halbe. Dann hatte er es endlich geschafft. Voller Stolz auf seine handwerklichen Fähigkeiten ging er hinein, warf schwungvoll die Tür hinter sich ins Schloss, tastete sich vorsichtig an der Wand ins Schlafzimmer hinüber – weil er den Lichtschalter auch hier drinnen nirgends finden konnte – vergaß völlig das Magnesium, das er noch hatte trinken wollen, und plumpste mit einem erleichterten Seufzer angezogen auf sein Bett.
»Verdammt, Giovanni. Ich finde das Schwein. Ich finde es. Versprochen!«, murmelte er noch in sein Kissen. Dann schlief er von einer Sekunde auf die nächste ein.
10
»Raintaler.« Max hielt sein Handy, das er gerade aus seiner Hosentasche gekramt hatte, falsch herum und konnte deswegen nichts verstehen. Da die Stimme aus dem kleinen Mikrofon vor seinem Mund aber unentwegt weiterquäkte, bemerkte er sein kleines Missgeschick recht bald, drehte das ganze Teil herum und meldete sich noch einmal.
»Max? Was ist los? Bist du besoffen?«, vernahm er jetzt die grantig klingende Stimme von Franz.
»Nicht mehr. Hoffe ich jedenfalls«, antwortete er. »Servus, Franzi. Was gibt’s Neues?«
»Leider nichts Gutes. Ich musste unsere zwei Verdächtigen wieder laufen lassen. Sie haben absolut wasserdichte Alibis. Fünf Leute aus der Großmarkthalle schwören Stein und Bein, dass die beiden den ganzen Morgen beim Stand ihrer Mutter gewesen seien. Und Fingerabdrücke oder sonstige Spuren von ihnen am Tatort haben wir auch nicht gefunden.«
»Ja, Herrschaftszeiten! Mist, verdammter!« Max hatte sich bei dem Versuch, das Glas Wasser, das seit zwei Tagen halb leer auf seinem Nachtkästchen stand, zu fischen, einen Tick zu weit aus dem Bett gelehnt und kippte samt Kopfkissen seitlich auf den Boden. Dabei fiel ihm das Telefon aus der Hand und rutschte unter das Bett.
»Entschuldige, Franz, jetzt bin ich wieder dran und bleib es auch«, versicherte er, als er es, um ein paar dicke Staubflocken reicher, wieder hervorgeholt und gründlich sauber gepustet hatte.
»Aha. Gut. Ja, und außerdem war es ja auch so, dass Clara den oder die Täter nicht erkennen konnte. Oder sich wegen ihrer Gehirnerschütterung an niemanden erinnern kann. Die beiden Burschen sind zwar hundertprozentig ein paar ausgemachte Kleinganoven, aber an Giovannis Tod waren sie zu neunundneunzig Prozent nicht beteiligt. Und ein Prozent reicht dem Staatsanwalt nicht, wie du selbst weißt.«
»Und was jetzt?«
»Das Übliche. Wie immer. Neue Spuren suchen. Neue Verdächtige auftreiben. Du kennst das Spiel ja noch von früher.«
»Und ob ich das kenne.« Max rieb sich die Schläfen, während sein Exkollege fortfuhr.
»Wir haben zwar jede Menge Fingerabdrücke in Giovannis Lokal gefunden. Und die von diesem Koch Paolo und Clara, die wir noch gleich vor Ort abgenommen hatten, haben wir auch schon abgeglichen. Aber keinen der anderen Abdrücke konnte ich in der Computerkartei wiederfinden. Es muss also jemand gewesen sein, der nicht bei uns gespeichert ist. Noch nicht. Oder er hatte
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