Isarbrodeln
Unglaublich!«, rief Max überrascht aus.
Er und Franz sahen sich in dem gerade mal vierzig Quadratmeter großen Raum um und kamen nicht mehr aus dem Staunen heraus. Einige wenige, perfekt mit Silberbesteck und teurem Porzellan eingedeckte Tische aus dunklem, altem Holz standen großzügig verteilt an der Fensterfront. Ihnen gegenüber befand sich eine sehr gepflegte Bar, die nur so glänzte und gleißte. Dazwischen hatte man Platz für eine winzige Tanzfläche gelassen. Niemand war zu sehen.
»Was ist denn das hier?«, wandte sich Franz an Paolo. Er war genauso baff wie Max. Alles Mögliche hätte er hinter der vergammelten Fassade draußen erwartet, nur nicht ein derart vornehmes Restaurant.
»Es gehört Lucio, einem Freund von mir«, verkündete Paolo mit vor Stolz geschwellter Brust. »Er ist durch dieselbe Kochschule gegangen wie ich. Schön, oder?«
»Verdammt schön«, bestätigte Max. »Da muss ich ja glatt mal mit einer schönen Frau zum Essen hergehen.«
»Natürlich. Komm doch einfach mal mit Monika vorbei. Dann wird es noch schöner.« Paolo lachte ihn unbefangen an.
»Und deinen Freund und seine Frau nimmst du mit«, fuhr er mit einem Blick auf Franz fort. »Ich lade euch ein, wenn ihr wollt.«
»Sapperlot. So oft an einem Abend bin ich wirklich noch nie eingeladen worden«, staunte Franz und stieß Max in die Seite.
»Ich auch nicht«, meinte der grinsend. »Aber du weißt ja. Es gibt für alles ein erstes Mal.«
»Was wollt ihr trinken, Max?«, fragte Paolo.
»Gibt es hier auch Bier?«
»Natürlich. Zwei?« Paolo sah Franz fragend an.
»Ja«, antwortete der.
»Bin gleich wieder da. Setzt euch doch so lange schon mal an die Bar.« Der junge Koch ging um den Tresen herum und verschwand in einer kleinen Tür dahinter.
Franz legte erneut seine Hand auf die Waffe an seiner Seite.
»Ganz geheuer ist mir das hier nicht«, raunte er Max zu, während sie sich an die Bar setzten. »Du wirst sehen. Gleich stehen drei bis elf finstere Schlägertypen um uns herum und wollen uns fertigmachen.«
»Ach, Schmarrn«, entgegnete ihm sein alter Freund. »Du wirst es schon sehen, Franzi. Paolo hat mit dem Mord an Giovanni nichts zu tun. Ich glaube eher, dass dieser Luigi ein ganz schlimmer Finger ist. Warum hat er uns die Sache über Giovanni und Paolo wohl erzählt? Denk doch mal nach. Der will bestimmt nur einen weiteren Konkurrenten aus dem Weg schaffen. Und sonst nichts. Und das hier könnte richtig harte Konkurrenz für ihn werden. Glaube mir.« Er zeigte mit der rechten Hand in das kleine, aber feine Lokal hinein.
»Trotzdem werden Sie mir wohl erlauben, unserem jungen aufstrebenden Freund ein paar Fragen zu stellen, Herr Exkollege Raintaler.«
»Aber sicher, Herr Hauptkommissar Wurmdobler. Fragen Sie nur. Aber sei nicht enttäuscht, wenn du deinen Mörder danach nicht gleich mitnehmen kannst.«
Paolo kam mit dem Wirt zurück, der nach einer kurzen, aber sehr herzlichen Begrüßung die Getränke einschenkte.
»Also, Herr Gianni«, begann Franz sein Verhör, als Lucio ihnen die Getränke hingestellt hatte und gleich darauf wieder in seiner Tür hinter dem Tresen verschwunden war. »Uns ist zu Ohren gekommen, dass Giovanni Vitali Ihnen eine große Geldsumme geliehen hat. Stimmt das?« Er schaltete sein kleines Diktiergerät ein und hielt es vor Paolos Brust.
»Wer hat das gesagt?« Paolo, der jetzt zwischen ihnen am Tresen saß, blickte erstaunt und erschrocken drein.
»Wer das gesagt hat, tut nichts zur Sache. Ich möchte im Moment lediglich von Ihnen wissen, ob es stimmt.« Franz zündete sich eine Zigarette zu seinem Bier an und blickte den Koch erwartungsvoll an.
»Na gut. Es stimmt«, gab der schließlich zu, nachdem er eine Weile von einem zum anderen geschaut hatte. »Giovanni hat mir dreißigtausend Euro geliehen. Ich habe das Geld gebraucht, um Schulden zu bezahlen. Aber das muss ja nicht jeder wissen.«
Wenn du wüsstest, wer das alles bereits weiß, dachte Max. Dann hörte er Franz weiter zu.
»Und was hatten Sie mit ihm über die Rückzahlung vereinbart?«
»Ich sollte ihm jeden Monat fünfhundert Euro zurückgeben. Er wollte mir das Geld von meinem Lohn abziehen.« Paolo ging kurz zu einem kleinen Tischchen seitlich der Bar und schnappte sich den winzigen Aschenbecher, der darauf stand.
»Eigentlich ist Rauchen hier drinnen verboten. Aber für einen Freund von Max machen wir eine Ausnahme«, meinte er, während er ihn vor Franz auf den Tresen stellte. Dann setzte er sich wieder
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