Isarhaie: Der vierte Fall für Max Raintaler (German Edition)
beruhigen können. Einen Freund sperrt man, bloß auf einen vagen
Verdacht hin, nicht einfach in eine Zelle und lässt ihn darin verrotten.«
Er
spazierte durch die Fußgängerzone zum Marienplatz und dann über den
Viktualienmarkt Richtung Gärtnerplatz. Auf dem Markt roch es wie immer nach
Gewürzen, Blumen, Obst und Käse. Köstlich. Ihm wurde bewusst, dass er Hunger
hatte. Eine Rote mit viel Senf wäre jetzt genau das Richtige. Voller Vorfreude
steuerte er das Wurst- und Schinkenparadies in der Metzgerzeile an und gesellte
sich zu den Wartenden. Ein Mord in Untergiesing. Wer tut denn so etwas?, ging
es ihm, wie schon die ganze Zeit über, erneut durch den Kopf. Gleich heute
Abend werde ich mit meinen Ermittlungen beginnen. Franzi mit seinem
schwerfälligen Polizeiapparat braucht viel zu lange. So einen Mörder muss man
gleich schnappen, bevor noch mehr passiert. Und den Kerl, der mich betäubt hat,
erwische ich auch. So viel ist sicher.
»Leider
sind alle gebratenen Würste aus, mein Herr. Es dauert eine Weile, bis die neuen
fertig sind.« Die attraktive junge Frau in der engen roten Kittelschürze hinter
der Verkaufstheke bedachte ihn mit einem bedauernden Blick.
»Ausgerechnet,
wenn ich an der Reihe bin, Herrschaftszeiten.« Max stampfte ärgerlich mit dem
Fuß auf.
»Warten
Sie fünf Minuten, dann haben Sie Ihre Rote. In Ordnung? Ich beeile mich.«
Hektisch stapelte sie den frischen Nachschub auf den Grill.
»Na gut.«
Max wusste zwar, dass es mindestens zehn Minuten dauern würde, bis die
Bratwürste vor ihm einigermaßen durch waren, aber jetzt war er schon mal der
Erste in der Reihe, da konnte er auch gleich stehen bleiben, bevor er sich
woanders wieder hinten anstellen musste. Vielleicht hängt beides ja zusammen,
nahm er seinen gedanklichen Faden wieder auf. Es kann doch gut sein, dass der
Mörder der Frau vorher beim Griechen war und mir diese Scheiß-K.-o.-Tropfen ins
Bier geschüttet hat. Aber warum hätte er das tun sollen? Gute Frage, Raintaler.
Das gilt es ja gerade herauszufinden.
»Warten
Sie schon lange?« Ein blonder Engel in einem tief ausgeschnittenen weißen
Sommerkleid riss ihn aus seinen Überlegungen.
»Ja,
äh, nein … Also, die nächsten Würste sind angeblich in fünf Minuten fertig«,
antwortete er überrascht. Die war aber hübsch. Da sah der ganze Tag doch gleich
schon wieder viel besser aus.
»Oh je,
so lange noch. Ich habe solchen Hunger.« Sie zog einen wunderschönen Flunsch
mit ihren knallrot bemalten Lippen. Doch gleich darauf besann sie sich
offensichtlich eines Besseren und lächelte ein bezauberndes Engelslächeln.
»Ich
habe auch noch nichts gefrühstückt«, meinte Max. Er rieb sich den leeren Bauch.
»Wollen
Sie vielleicht lieber mit mir in ein Café gehen und dort etwas essen?« Immer
noch lächelnd klimperte sie lustig mit ihren langen Wimpern.
»Na ja … « Er
zögerte. Einerseits freute er sich schon auf seine Wurst. Andererseits war sie
wirklich hübsch, man beachtete nur mal ihre saphirblauen Augen. Nett zu sein schien
sie auch. Vielleicht war es das letzte Mal in seinem Leben, dass ihn ein so
reizendes Geschöpf ansprach und zu einem gemeinsamen Frühstück aufforderte. Er
gab sich einen Ruck. »Okay. Wo gehen wir hin?«
»Beim
Gärtnerplatz kann man draußen sitzen.«
»In dem
kleinen Eckcafé?«
»Genau
da!«
»Gut.
Gehen wir.« Ihr Gesicht erinnerte ihn an eine bekannte Schauspielerin. Der Name
fiel ihm gerade nicht ein, das würde aber bestimmt bald der Fall sein. Bisher
war er noch auf jeden Namen gekommen, der ihm zuerst nicht einfallen wollte. Na
gut, auf fast jeden. Allerdings noch nie, wenn er vorher K.-o.-Tropfen
geschluckt hatte. Das war eine Premiere.
An
ihrem Ziel angekommen, schnappten sie sich einen der kleinen Tische und setzten
sich mit Blick auf das Staatstheater. Die Stühle des In-Cafés, das sich
besonders durch seine arroganten und langsamen Kellnerinnen auszeichnete, wie
viele In-Lokale in München, erwiesen sich als klein, wackelig und unbequem.
Innerhalb des Rondells in der Mitte des Platzes blühten wie jeden Sommer
massenhaft die verschiedensten Blumen. Autos, Fahrradfahrer und Stadtbusse
kreisten eifrig darum herum. Fußgänger aller Altersklassen und Geschlechter
kreuzten quer darüber hinweg.
»Was
bringt eine so gut aussehende Frau dazu, wildfremde alte Männer anzusprechen?«,
fragte Max ehrlich verwundert, als sie bei der besonders hochnäsigen jungen
Serviererin bestellt hatten. Er Espresso und Spiegeleier mit
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