Isartod
in München. Heute wollen alle rund um die Uhr einkaufen. Schauen wir mal in die Wurstküche.«
Sie gingen durch den Innenhof in einen Flachbau. Türen nicht verschlossen. Ein Lehrbub spritzte gerade Wannen und andere Behälter aus.
»He, Sie können hier nicht einfach …!«
Mader zückte seinen Ausweis. »Doch, wir können. Kriminalpolizei. Nur Routine. Wo ist der Chef?«
»Macht Mittag bis halb drei.«
»Was dagegen, wenn wir uns mal kurz umsehen?«
Der Lehrling deutete auf Bajazzo. »Der Hund muss draußen bleiben!«
Bajazzo trollte sich. Mader, Hummel und Dosi gingen in die Halle. Der Lehrling beobachtete sie nervös. Mader und Hummel warfen einen Blick auf die blutverschmierten Plastikschürzen im Müllcontainer und sahen sich die beeindruckende Sammlung von Messern und Sägen an. Auch die große Motorsäge, die an einem Spiralkabel von der Decke hing.
»Mader, Hummel, kommt mal her!« Dosi stand an einer großen Rührschüssel aus Edelstahl. Gemeinsam spähten sie hinein. In die grobe blutige Masse.
»Was wird das?«, fragte Mader den Lehrling.
»Blutwurst.«
»Hm. Macht wer?«
»Die Chefs. Familienrezept. Weniger Eis als normal und andere Kräuter. Fenchelsamen. Wollen Sie probieren?«
Mader nickte. Dosi auch. Hummel nicht.
Der Lehrling holte zwei lange Holzlöffel und tauchte sie in die blutige Masse. Mader probierte und machte ein ernstes Gesicht. »Hervorragend, Respekt.«
Dosi probierte auch. »Nicht schlecht«, lautete ihr Urteil. »Vielleicht ein bisschen viel Fenchel. Fischelt im Abgang.«
Mader lachte. »Okay, das war’s. Hier gibt es nichts mehr für uns zu tun.«
Der Lehrling sah ihn fragend an.
Mader blickte ernst zurück. »Ich mach dir einen Vorschlag. Du sagst deinem Chef nicht, dass die Kripo hier war, und ich sag ihm auch nicht, dass du dir nach Feierabend gerne mal was reinpfeifst.«
Der Lehrling lief krebsrot an und nickte matt.
Mader lächelte. »Hast du noch ein paar schöne Knochen für meinen Hund?«
Während Mader und Bajazzo warteten, sahen sich Dosi und Hummel noch ein bisschen um. Dosi bewegte sich, als wäre sie hier zu Hause. Beruflich gesehen stimmte das ja fast. Lässig öffnete sie die schwere Verriegelung zum Kühlhaus. Hummel folgte ihr. Gespenstische Atmosphäre. Von der Decke hingen reihenweise Schweinehälften. Kaltes, totes Fleisch.
»Dosi, wo bist du?«
»Hier hinten. Ich komm schon. Hier ist nichts …«
Das »nichts« ging im Donnern der schweren Stahltür unter.
»Hey, was soll das?«, fragte Dosi, als sie bei Hummel angekommen war. Sie schlug mit der Faust an die Stahltür. Tat weh und machte kein beeindruckendes Geräusch.
Hummel checkte sein Handy. Kein Empfang. Frostiges Schweigen.
»Bei meinem Vater haben sie auch mal einen Lehrling im Kühlhaus eingesperrt«, sagte Dosi schließlich. »Aus Versehen. Und zwar nach Feierabend.«
»Und, wie ist er wieder rausgekommen?«
»Gar nicht.«
»Aha.«
»Aber er hat’s überlebt. Er ist die ganze Nacht auf und ab gegangen, damit er warm bleibt.«
»Toll. Ich fang schon mal an.« Hummel ging schnell auf und ab und schlug die Arme immer wieder unter die Achseln. Dosi machte es genauso. Es war ziemlich finster in der Halle. Lichtschalter sahen sie nicht. Nur ein paar Kontrollleuchten glommen gespenstisch. Weißer Atem.
»Du, Dosi, kann man bei den gefrorenen Schweinehälften feststellen, wann sie geschlachtet wurden?«
»Hab ich mich noch nie gefragt.«
»Ob vor einer Woche oder vor drei Wochen oder vor zwei Tagen?«
»Irgendwann ist das Zeug alt, klar, aber das dauert lange. Manchmal Jahre. Denkst du an Gammelfleisch oder was?«
»An Luigis Todeszeit. Pass mal auf: Luigi ist von einem Profi zerlegt worden. Wir haben für die vermeintliche Mordnacht alle möglichen Leute befragt. Niemand hat ihn gesehen. Vielleicht gibt es ja einen Grund dafür.«
»Du meinst, dass er zwischengelagert wurde?!«
»In einem Kühlhaus zum Beispiel. Geht das? Ich mein, dass er dann frisch aussieht, wenn man ihn findet.«
»Wenn er lang genug am Stadion rumlag, war er auch wieder aufgetaut. Ich weiß nicht, wie das mit der Körpertemperatur ist. Kerntemperatur und so was. Aber Fleischer wird’s wissen. Wir müssen sie fragen.«
»Und das können wir erst, wenn wir hier wieder raus sind.«
»Was fällt denn Ihnen ein?«, schnauzte ein robuster Metzger Mader an. In der einen Hand hatte der bekittelte Glatzkopf ein langes Messer. Er deutete mit der Messerspitze auf Maders Brust.
Der blieb ganz cool. »Ich
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