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Isartod

Isartod

Titel: Isartod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kämmerer
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der weißen Kacheln. Er hatte ihn im Kofferraum seines Wagens hierhergebracht. Der schlaffe Körper zuckte noch ein wenig, als er ihn in den Schlachtraum trug. Er drückte den Lichtschalter, und grelle Neonröhren zappten an. Dann sah er in die Panikaugen des Mannes und lächelte. Schon das Kreischen der Säge genügte, um ihn ohnmächtig werden zu lassen. Das Sägeblatt ging rein wie in Butter. Tolle Effekte. Blut wie aus einem Gardena-Rasensprenger. Eine Sinfonie in Rot. Ein feiner Nebel, der sich über alles legte und in alle Fugen drang. Lange Nasen an den Kacheln. Wie Regen auf der Windschutzscheibe. Nur dass hier die Schlangenlinien abwärts tanzten.
    Die Säge erstarb, und er lachte sein kehliges Lachen. Ein Ausdruck tiefer Zufriedenheit. Sein zweites Opfer. Ein wahres Meisterwerk. Er wischte sich die Finger ab und zog unter der Schürze den Fotoapparat hervor. Diese Bilder würden ihn im Internet unsterblich machen.
    Aber das war nur der erste Streich. Er ging in den Nebenraum und knipste auch dort das Licht an. Königlich, wie ein Mahnmal in Edelstahl: ein HFW E-130 der Thüringer Fleischereimaschinen Arnstadt.
    Hummel fröstelte. Er sah auf die Uhr. Wahnsinn, schon vier Uhr. Die Zeit war wie im Flug vergangen. Er legte das Buch beiseite, holte sich ein Bier, machte das Fenster auf und setzte sich aufs Fensterbrett. Kinder wuselten durch den Hof, riefen, ein Hund kläffte, immer wieder knallte ein Ball an die Mülltonnen. Der Himmel zwischen den Mauern war dunkelblau. Die Blätter der Linden leuchteten in der Sonne. Hummel war zufrieden. Wenn jetzt das Telefon klingeln würde und Beate dran wäre: »Hey, Hummel, hast du Lust auf einen Spaziergang im Englischen Garten?«, dann wäre sein Glück perfekt. Passierte natürlich nicht. Sie hatte ja nicht mal seine Telefonnummer. »Ich werde heute Abend noch auf ein ruhiges Bier in die Blackbox gehen.« Langsam rausgrooven aus dem Sonntag.
    KALTSTART
    Langsam reingrooven war leider nicht angesagt, denn die Woche fing mit einem Paukenschlag an. Bei allen Zeitungsredaktionen war ein neues Tatortbild eingegangen. Ein weiterer Mordfall! Mader und Günther sahen sich gezwungen, kurzfristig alle Lokalchefredakteure zu einer improvisierten Pressekonferenz ins Präsidium zu laden. Hummel konnte es nicht fassen: ein Bild mit einem Fleischwolf! Aus dem ein Bein ragt! Erst gestern hatte er darüber gelesen. Das war ein schlechter Scherz, da war er sich sicher. »Kein Scherz«, sagte ihm Zankl. »Das Bild wurde mit derselben Kamera aufgenommen wie das erste.«
    »Du, Zankl, der Mord kommt auch in dem Krimi vor. Der Mann mit der Säge. «
    »Hummel, komm runter, den Spaß haben wir gehabt, das hier ist blutiger Ernst.«
    Der kleine Sitzungssaal war gut gefüllt. Mader und Günther waren auf dem Podium. Günther hatte das Wort: »Meine Damen und Herren, wir danken Ihnen, dass Sie so schnell kommen konnten. Bevor der verantwortliche Ermittler, Hauptkommissar Karl-Maria Mader, ins Detail geht, möchte ich Sie bitten, diese Informationen streng vertraulich zu behandeln. Wir haben im Fall von Luigi Volante, wo auch ein Bild in der Presse auftauchte, ausgesprochen negative Erfahrungen gemacht. Eine Flut irrelevanter Hinweise aus der Bevölkerung, die uns die Arbeit erschwert hat. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich hier um einen Trittbrettfahrer handelt, der durch das Foto von Volante zu dieser schrecklichen Tat animiert wurde.«
    »Nicht schlecht«, dachte Mader, »wie der Günther den Presseheinis ein schlechtes Gewissen macht. Andersrum wird eher ein Schuh draus. Wäre das Foto von Luigi nicht in der Zeitung gewesen, hätte sich Paolo kaum so schnell bei ihnen gemeldet, und sie würden vermutlich immer noch über Luigis Identität rätseln. Günther ist ein Fuchs. Und ein aufgeblasener Arsch.«
    Erhaben hallte Günthers Stimme durch den Raum: »Meine Damen und Herren, wir stehen kurz vor dem Abschluss des Mordfalls am Stadion, aber leider haben wir jetzt diesen neuen Fall. Wir benötigen unbedingt Ihre Kooperation.« Eine salbungsvolle Pause. »Wenn Sie nun Fragen haben, dann bitte an den ermittelnden Beamten.« Er deutete gönnerhaft auf Mader.
    Mader gelang nur ein gequältes Lächeln. Das sofort mit der ersten Frage der Reporter verpuffte: »Stimmt es wirklich, dass die Polizei kurz vor Abschluss des Stadionfalls steht?«
    Als Mader im Büro zu den Kollegen stieß, war er komplett durchgeschwitzt. Hummel, Zankl und Dosi sahen ihn voller Respekt an. Mader zischte:

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