Isartod
»Dieser Scheißgü…« Er brach ab, denn Günther stand in der Tür.
»Mader, das haben Sie gut gemacht, aber jetzt geben Sie mal endlich Gas und finden den Täter!«
Mader nahm den Faden wieder auf. »… meint, er kann den Druck erhöhen, wenn er den Journalisten sagt, dass wir den Typen fast haben.«
»Hoffentlich halten sich die Pressefuzzis an die Nachrichtensperre«, sagte Dosi.
Hummel meldete sich wie ein Erstklässler. »Ich trau es mich gar nicht sagen, aber ich hab gestern das mit dem Fleischwolf in dem Buch gelesen. Der Mann mit der Säge .«
Mader schüttelte den Kopf. »Echt nicht, Hummel.«
»Ich wollte es nur gesagt haben.«
»Jetzt haben Sie’s gesagt. Also, was habt ihr rausgekriegt?«
»Das Bild kam per Mail. Das letzte Mal war der Absender verschlüsselt, diesmal nicht; also ist es wahrscheinlich nicht derselbe«, sagte Hummel. Er ging auf das Bild und klickte die rechte Maustaste. Eigenschaften. »Aufgenommen heute, 07:33, Samsung S 750.«
»Wir haben uns das Bild mal in der Vergrößerung angeschaut«, fügte Dosi hinzu und zoomte den Ausschnitt heran. 400 Prozent. Sie starrten alle auf die pixelige Schrift. Kaum zu entziffern. Der Herstellername? Max Gruber & Söhne.
KEINE KUNST
Zankl saß am Steuer. Mader auf dem Beifahrersitz, Bajazzo zwischen seinen Beinen. Dosi und Hummel hinten. Die Wasserburger Landstraße stadtauswärts. Im Wagen gespannte Stille. Zankl schielte misstrauisch rüber, als Mader einen seinen Brühwürfel auspackte.
Mader merkte, dass Zankl ein Auge auf ihn hatte, und grinste. »Auch?«
»Nein danke. Hat mir Hummel schon erzählt.«
»Sind Sie eigentlich mit dem Lispeltypen weitergekommen?«, fragte Mader.
Zankl schüttelte den Kopf. »Nein. Aber vielleicht ist das ja der Typ im Fleischwolf. Er hat den Killer erpresst, und der hat den Stecker gezogen. Das hätte er allerdings einfacher haben können.«
»Ach, wenn das sein Stil ist«, sagte Mader. »Vielleicht müssen wir auch mal ganz anders denken. Das Foto war ja wie ein Stillleben. Was ist die Idee dahinter?«
»Tabubruch, Ekstase. Und was Exhibitionistisches?«, murmelte Hummel.
Zankl sah das Schild mit dem Hinweis auf die Metzgerei: 500 Meter. Er war zu schnell, stieg hart in die Eisen und kam zum Stehen. Ruckartig.
Mader hob die Hand. »Bleiben Sie alle noch kurz sitzen.«
»Nicht das Regenspiel!«, sagte Hummel.
»Moment mal … Das Exhibitionistische. Hier stellt jemand seine Tat offen aus. Vielleicht ist jemand bestraft worden. Dieser Jakko? Strafe für den Erpresser?«
»Strafe ist öffentlich«, sagte Hummel. »Sonst ist es keine Strafe. Früher hat man die Leute an den Pranger gestellt. Und Hinrichtungen waren öffentlich.«
»Was wollen Sie damit sagen?«, fragte Mader.
»Bei Hinrichtungen haben die Leute immer zugesehen. Das Schreckliche zieht die Menschen an, wie das Licht die Fliegen. Die Schaulustigen bei unserer Wasserleiche, das Bild von Luigi in der Zeitung. Jetzt der Fleischwolf. Die Bilder, die Leichen. Als ob sie mit solchen Gedanken spielen. Vielleicht bringt unser Mörder damit seine Weltsicht zum Ausdruck.«
»Du spinnst«, sagte Dosi. »Da wurde jemand grausig ermordet. Seine Überreste liegen in dem Laden da. Und wir labern uns den Wolf.«
Mader schmunzelte. »Der läuft uns nicht davon. Interessante Gedanken, Hummel. Aber jetzt mal rein ins pralle Leben. Hackfleischtime.«
WURST
»Gruber & Söhne – Feinkost & Wurstmanufaktur« , las Dosi auf dem Firmenschild und schüttelte den Kopf. »Früher sagte man: Metzgerei.« Sie klingelte. Nichts passierte. Dosi holte aus ihrem Geldbeutel einen flachen Draht und führte ihn in das Schloss ein. Nach wenigen Sekunden hatte sie es geknackt. Zankl und Hummel sahen sich stirnrunzelnd an. »Falls ich mal umsattel«, sagte Dosi und öffnete die Tür.
Sie betraten den Verkaufsraum. Schinken hingen von der Decke, die Vitrine voller Würste, in den Regalen stapelten sich Nudeln und Weinkisten.
Die Wurstküche befand sich hinten. Dort fanden sie in natura, was sie auf dem Foto gesehen hatten. Hummel hob es. Zankl sah mit großen Augen auf das Bein, das im Fleischwolf steckte. Dosi trat ganz nah heran, als wärees das Selbstverständlichste der Welt. Mader betrachtete das Ganze mit etwas Distanz. Unter dem Fleischwolf lag eine große Wanne mit Würsten. Hummel wurde es zu viel. Er rannte raus und kotzte hinter einen Busch.
Als er bleich in die Wurstküche zurückkehrte, betrachteten Zankl und Mader gerade die Wade des Opfers. Sie
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