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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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Lösung. Zudem konnte er endlich etwas ausprobieren, das ihn schon immer gereizt hatte: Er stellte sich direkt unter das Loch in der Decke und lenkte die Kraft der Bewegung auf seine Füße. Die Macht hob ihn sanft an. Vorsichtig verstärkte er die Energie des Feldes. Wie auf einem unsichtbaren Polster stehend, stieg er langsam in die Höhe, schwankend zwar – einmal wäre er fast hinuntergefallen –, aber schließlich schwebte er durch die Decke und sprang mit einem beherzten Satz auf das Dach.
    Jetzt durfte er keine Zeit mehr verlieren. Er musste über dem Auge sein, bevor es seine Taktik durchschaute. Mit langen Sätzen lief er zur Nordseite des Tempels hin, konzentrierte die Kraft des Stabes auf einen einzigen Punkt und ließ den Flammenball zerstieben. Ein großes Stück der Decke brach ein. Alle seine Sinne waren aufs Äußerste angespannt, wilde Entschlossenheit stand in seinem Gesicht. Das Licht des Auges züngelte giftig über den gezackten Rand der Öffnung. Er sammelte seine ganze Kraft und ließ sie in den Stab fahren. Fast im selben Moment schoss ein blauer Blitz aus der Spitze Haschevets hinab in den rot erleuchteten Tempelraum und umschloss das Auge. Der schwarze Sockel, auf dem der karminrote Stein ruhte, begann zu vibrieren. Ein unangenehmes Summen drang bis zu Yonathan herauf, schwoll zu einem beängstigenden Dröhnen an und endete abrupt in einer gewaltigen Explosion.
    Das rote Leuchten war verschwunden. Sollte Yonathans Sieg so einfach gewesen sein? Er formte ein Schwebekissen aus der Kraft der Bewegung und ließ sich in das Loch sinken. Als er mit den Füßen den Boden des Tempelraumes berührte, wusste er, dass der Kampf nur in eine neue Phase getreten war. Unter dem Staub und dem Schutt des zerstörten Sockels pulsierte das Auge wie ein riesiges Herz.
    Yonathan ging sofort zum Angriff über. In geduckter Haltung sprang er auf den Karminstein zu. Doch noch bevor er nur in dessen Nähe kommen konnte, formte sich direkt vor ihm eine massive, glatte Steinwand aus dem Nichts. Er reagierte augenblicklich und ließ das Hindernis in Millionen feiner Staubpartikel zerbersten. Obwohl er gedacht hatte auf alles vorbereitet zu sein, fuhr er doch zusammen, als er plötzlich vor Bar-Hazzat stand.
    Die dunkle Gestalt war ihm nicht unbekannt. Wie bei seinem ersten Besuch in diesem verfluchten Tempel ragte der Schemen seines Widersachers hoch vor ihm auf. Die grauenvolle Erscheinung verströmte nackte Feindseligkeit, obwohl sie nur ein Trugbild war. Ungefähr da, wo sich bei einem Menschen das Gesicht befunden hätte, glommen drei karminrote Punkte, die ein glühendes Dreieck bildeten. Einer davon war ebenfalls ein Auge des dunklen Herrschers und gehörte zu den sechs, die Yonathan zu vernichten suchte. Und doch wusste er, dass er nicht jetzt, nicht hier den letzten Kampf ausfechten konnte. Der ganze Auftritt des Schattens war nur ein verzweifeltes Ablenkungsmanöver.
    Dazu gehörte auch die schreckliche Fratze, die überraschend über dem Licht der roten Augen Form annahm. Ein bestialisches Maul öffnete sich vor Yonathan. Zwischen Reihen spitzer Zähne und drei sich windenden Zungen brach aus dem Schlund ein grässliches Fauchen hervor. Jeder andere hätte vor diesem unmenschlichen Laut kapituliert. Erst recht vor der Aufforderung, die sich nun anschloss.
    »Weiche zurück, Geschan, oder du wirst augenblicklich sterben!«
    »Du hättest mich längst getötet, wenn du es nur könntest«, schrie Yonathan, seine Stimme überschlug sich dabei. Mit einem einzigen Schlag des Stabes wischte er die Grimasse fort und stürzte weiter voran.
    Endlich stand er dem Auge direkt gegenüber. Eben hatte es noch wie Glut unter der Asche gestrahlt, doch jetzt quoll es auf, verwandelte sich mit bestürzender Geschwindigkeit zu einer klauenbewehrten Alptraumgestalt, fast doppelt so groß wie der Stabträger selbst. Heiße, wabernde Luft schien sich zu einem Körper verdichtet zu haben – keine greifbaren Formen, nur Schwindel erregendes karminrotes Pulsieren. Schlagartig begriff Yonathan, dass ihm das Auge sein wahres Wesen offenbarte.
    Mit Mühe duckte er sich unter dem ersten Hieb des Ungeheuers weg, er spürte einen heftigen Schlag. Die Klauen waren also real! Nur die schützende Aura Haschevets hatte ihn vor Schlimmerem bewahrt. Aber auf einen zweiten Treffer durfte er es nicht ankommen lassen; seine Kräfte schwanden. Die vom Koach beflügelten Sinne warnten ihn erneut. Geistesgegenwärtig rollte er zur Seite. Ein

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