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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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auf, zuerst der südliche, dann sein nördliches Gegenstück. Beide sahen völlig gleich aus: Eng an die Felswände geduckt, überwachten sie wie die trutzigen Wehranlagen einer Grenzfestung den Weg nach Westen, ins Verborgene Land hinein, und nach Osten, möglichen Eindringlingen entgegen.
    Die drei Wanderer näherten sich ihnen vorsichtig. Selbst Yonathan spürte nun, trotz aller Zuversicht, eine seltsame Schwere in den Füßen. Unmittelbar vor ihnen standen die ersten Statuen, erstarrte Gestalten, mit verzerrten Gesichtern, genau so, wie Gimbar sie beschrieben hatte.
    »Ich glaube, mir wird übel«, presste der Expirat zwischen den Zähnen hervor.
    »Vergesst nicht: Wir sind Diener des Lichts«, versuchte Yonathan seine Freunde zu ermutigen. Er war stehen geblieben und seine Stimme klang jetzt eindringlich, beinahe beschwörend. »Als vor langer Zeit der Baum Zephon versuchte seinen unheilvollen Samen in die Welt hinauszutragen, musste ihm Yehwoh Einhalt gebieten. Er sandte seinen ersten Richter, Yenoach, damit er das Land verschließe für all jene Völker, die Melech-Arez dienen. Heute wird wieder einer seiner Richter das Verborgene Land betreten. Er kommt, um Melech-Arez’ und Bar-Hazzats Brut auszutilgen. Wir müssen keine Angst haben, denn wir wollen uns weder bereichern noch verfolgen wir üble Absichten. Yomi! Gimbar! Behaltet diesen Gedanken fest im Sinn, wenn ihr zwischen den beiden Türmen hindurchgeht. Habt ihr verstanden, was ich damit sagen will?«
    »Ziemlich genau«, antwortete Yomi.
    Gimbar nickte nur mit bleichem Gesicht.
    »Gut. Ich gehe jetzt vor, zwischen den Wächtern hindurch und erwarte euch auf der anderen Seite.« Er drückte noch einmal Yomis Schulter, klopfte Gimbar ermutigend auf den Rücken und machte sich auf den Weg.
    Innerlich war Yonathan längst nicht so gelassen, wie er sich nach außen hin gab. Er hatte seine Freunde nicht noch zusätzlich beunruhigen wollen. Während er auf die erste Felsnadel zuging, versuchte er seinen Sinn zu reinigen, jegliche Furcht oder zweifelnde Gedanken daraus zu verbannen.

    Doch willst du einen Geist besiegen,
    brauchst du nur einen, der Glauben, Liebe und Hoffnung
    im Herzen trägt.

    Die Worte der Steintafel hallten in ihm nach. Er selbst besaß eine große Zuversicht. Ihm war einmal offenbart worden, dass er die vollkommene Liebe besäße. Aber wie verhielt es sich mit seinen Freunden? Würden auch Yomi und Gimbar unter dem strengen Blick der beiden Wächter bestehen können?
    Er ging an der ersten versteinerten Gestalt vorbei. Ein Behmisch! Din-Mikkith musste beim Anblick eines Angehörigen seiner eigenen Art geschaudert haben. Yonathan zwang sich, geradeaus zu sehen. Er wanderte weiter, genau zwischen zwei Menschen hindurch, der eine ein Krieger in voller Rüstung, der andere wohl ein Abenteurer, er trug nur Schwert und Proviantbeutel bei sich. Aber beide schauten entsetzt auf ihre Füße. Der Glücksritter raufte sich die steinernen Haare; zu spät hatte er bemerkt, wie die Starre vom Boden heraufkroch.
    Yonathan meinte plötzlich durch eiskaltes Wasser zu waten. Eine seltsame, unnatürliche Kälte kroch in seinen Füßen hoch. Er fasste den Stab in seiner rechten Hand noch fester und zwang Fuß vor Fuß. Aus den Augenwinkeln sah er die wuchtigen Türme; wie herrenlose Schiffe trieben sie an ihm vorbei. Jeder hatte ein rundes, oben spitz zulaufendes Kegeldach, das durch eine überstehende »Krempe« wie ein Sonnenhut wirkte. Darunter saßen in der Mauer ovale Fensteröffnungen, die gleich leeren Augenhöhlen teilnahmslos auf die kleine Gruppe der Steinsäulen herabblickten.
    Am liebsten wäre Yonathan losgerannt, direkt auf das dichte Grün zu, das nur einen Bogenschuss weit vor ihm die Grenze des Verborgenen Landes markierte, so übermächtig war der Wunsch, sich dem Blick dieser Augen zu entziehen. Doch das wäre ein entscheidender Fehler gewesen. Er ignorierte die lähmende Kälte in seinen Beinen und ging weiter.
    Der letzte gescheiterte Eindringling war schon längst zurückgeblieben, als Yonathan endlich wagte stehen zu bleiben. Der Waldrand schien nur noch einen Steinwurf entfernt zu sein. Erst jetzt bemerkte er die graugrünen Vögel, die dort spielten, so unbekümmert, als gäbe es das Grauen in ihrer Nachbarschaft überhaupt nicht. Er ließ den Blick nach oben wandern und atmete tief durch. Ein ewiges Wolkendach hing seit Jahrtausenden über dem Verborgenen Land. Feuchte Wärme sickerte aus dem Wald. Noch nie hatte Yonathan diese

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