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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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des Kaisers herbeigerufen.
    »Halt!« Zirgis riss die Hand hoch, um den Bogenschützen Einhalt zu gebieten, die auf den Prinzen zielten. Dann verfiel er in tiefes Schweigen. Neue Zuversicht keimte in Felin. Hatte er es vielleicht doch geschafft bis zum Herzen seines Vaters vorzudringen? Als der Kaiser dann aber weitersprach, zerstoben Felins Hoffnungen.
    »Auch wenn Ihre Eminenz Ffarthor von Gedor«, Zirgis deutete auf den Schatten rechts von sich, »einwenden mag, dass die Untertanen einen Herrscher nur dann als wahrhaftig und gerecht betrachten, wenn er im Falle eines Unrechts selbst sein eigen Fleisch und Blut nicht schont, will ich doch nicht vorschnell urteilen. Ich kann dich nicht frei herumlaufen lassen, das würde jeden, der aufwieglerische Gedanken hegt, nur ermuntern. Aber ich will in Ruhe über deine Argumente nachdenken, auch wenn du mir mit gezücktem Schwert gegenübergetreten bist. Du selbst hast in der Zwischenzeit die Wahl: Wenn du das Schwert in die Scheide zurücksteckst und dich von meinen Wachen in dein Zimmer geleiten lässt, wird dir alle Ehre zuteil werden, die einem Kaisersohn gebührt. Wenn du dich aber weiter gegen mich auflehnst, so ist das Beste, was dir widerfahren kann, der tiefste Kerker unter diesem Palast. So lautet mein vorläufiges Urteil. Es sei beschlossen und verkündet.«
    Felin hatte sich für den »ehrenvollen« Arrest entschieden. Doch bald begann er seinen Beschluss zu bereuen. Er hätte dem Schemen an seines Vaters Seite gleich bei der Audienz den Stahl Bar-Schevets zu kosten geben sollen. Inzwischen waren drei Monate vergangen und der Kaiser zeigte sich noch immer unschlüssig, was er mit seinem Sohn anfangen wollte.
    Immerhin gelang es Baltan den Kontakt mit Felin aufrechtzuerhalten. Der einflussreiche Kaufmann spielte ihm über einen Hauptmann der kaiserlichen Leibwache regelmäßig Nachrichten zu. Diese Informationen waren allerdings alles andere als erfreulich. Jeden Tag traf der Kaiser neue unverständliche Entscheidungen, die das Volk mit zusätzlichen Lasten bedrückten oder vermeintliche Verschwörer auf das Schafott brachten. Es grenzte schon an ein Wunder, dass Felin selbst noch den Kopf an der dafür vorgesehenen Stelle trug.
    Noch schlimmer waren aber die Gerüchte, die in letzter Zeit am Hof kursierten. Es hieß, Temánah habe ein riesiges Heer ausgesandt, das sich in Richtung Cedanor wälze. Ffarthor spielte die Nachrichten als lächerlichen Klatsch herunter und obwohl es Felin gelang seinem Vater einige Depeschen zu schicken, konnte er ihn nicht einmal dazu bewegen Kundschafter in den Süden zu schicken. Er wolle den temánahischen Botschafter nicht durch diesen Vertrauensbruch brüskieren, lautete die Antwort des Kaisers.
    Felins Mutter besuchte ihren Sohn regelmäßig am Ort seiner Inhaftierung, hoch oben in den Zimmerfluchten des Großen Kubus. Zwar hatte auch sie anscheinend jeden Einfluss auf ihren Gemahl verloren, doch gelang es ihr, Felin die Erlaubnis zu verschaffen sich wenigstens einmal am Tag im Palastgarten die Füße zu vertreten – unter strenger Bewachung, versteht sich. So fiel es dem Prinzen leichter die sich dahinschleppenden Tage zu ertragen, während er auf das endgültige Urteil seines Vaters wartete.
    Der Sommer hatte seinen Zenit bereits überschritten, als Felin eines Nachts von einem beunruhigenden Traum erwachte. Er hatte ein riesiges Tier mit einem schrecklichen Schädel gesehen, über und über mit Schuppen und hornigen Zacken bewehrt. Es war auf ledernen Schwingen vom Mond emporgestiegen und über die Welt Neschan hergefallen. Der Drache hatte in einem karminroten Licht gestrahlt und triumphierend gebrüllt, sodass die Meere über die Ufer getreten waren; aus seinen Nüstern schossen währenddessen blauweiße Flammen. Dann hatte der Drache den Kopf zurückgeworfen, um zum letzten großen Feuerstoß anzusetzen, der alle Bewohner Neschans dahinraffen sollte – und Felin war aufgeschreckt.
    Verwirrt blickte er sich in seinem Zimmer um. Zwei Lichtquellen konnte er erkennen. Die eine war der Mond, der beinahe voll – und rötlich – am Himmel schimmerte, die zweite stellte Bar-Schevet dar, dessen Scheide am Bett lehnte. Das Schwert war von einer blau leuchtenden Aura umgeben. Felin schloss die Augen und schüttelte den Kopf wie ein Hund, der sich von Regenwasser befreit. Als er die Augen wieder öffnete, war das Glimmen des Schwertes verschwunden, und der Mond strahlte silbrig wie eh und je.
    Am nächsten Morgen hatte Felin den

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