Isau, Ralf - Neschan 03
Kaisers in Zukunft zu sichern. Seit dieser Zeit sind viele Soldaten und Bedienstete wegen Nichtigkeiten unter das Schwert des Henkers gekommen.«
Felin schüttelte ungläubig den Kopf. »Mein Vater war zwar in der Wahl seiner Mittel nie zimperlich, aber was du da erzählst, klingt alarmierend. Es scheint, als hätte Ffarthor aus ihm einen anderen Menschen gemacht.«
»Damit liegst du gar nicht so falsch. Ich jedenfalls bin überzeugt, dass er den Kaiser manipuliert. Ich weiß aber nicht, wie. Vielleicht durch Drogen, möglicherweise sogar durch übernatürliche Kräfte. Oder durch dieses Auge, von dem, wie du sagst, Yonathan glaubt, dass es sich hier in der Stadt befindet.«
Felin nickte langsam. »Goel hat so etwas angedeutet. Er sagte, Bar-Hazzats Augen würden die niedrigsten Instinkte der Menschen anstacheln: Selbstsucht, Habgier, Streben nach Macht.«
Baltan erhob sich und begann nachdenklich im Raum auf und ab zu gehen.
»Ich fand den bleichen Kahlkopf schon von Anfang an ziemlich unheimlich«, gestand Yomi.
»Wie lange wird es dauern, bis Yonathan in der Stadt eintrifft?«, erkundigte sich Kaldek.
Felin zuckte die Schultern. »Das ist schwer zu sagen. Es können noch Monate vergehen. Er wollte seine Suche in der Ostregion beginnen, weil er fürchtete, dort am meisten Zeit zu verlieren.«
»Wenn es wirklich so schlimm um den Kaiser steht, wie Baltan sagt, dann kann in der Zwischenzeit alles Mögliche passieren. Vielleicht regiert Ffarthor schon das Reich, ohne dass wir es wissen. Vielleicht plant er den Kaiser zu vergiften. Vielleicht will er Cedanor den Heeren Temánahs ausliefern…«
»Lasst es gut sein, Kapitän«, unterbrach Baltan Kaldeks Redefluss. »Ich glaube, wir haben verstanden, dass unverzüglich gehandelt werden muss.«
»Fragt sich nur, was wir tun können.«
»Ich sehe nur eine Möglichkeit.« Felins Stimme hob sich auffällig klar aus der bedrückenden Stimmung. Sechs Augen wandten sich ihm zu.
»Ich werde morgen früh zum Palast reiten. Dazu bin ich ja zurückgekommen. Vielleicht gelingt es mir meinen Vater umzustimmen und die temánahische Brut davonzujagen.«
»Ich glaube, du machst dir keine Vorstellung von dem, was auf dem Palastberg vor sich geht«, gab Baltan zu bedenken.
Felin blieb fest. »Ich erinnere mich noch genau, was Yonathan damals am Palastbrunnen prophezeit hat, als Haschevet mein Schwert zu Bar-Schevet, dem ›Sohn des Stabes‹, werden ließ. Er sagte, dass meine Hand dem Schwert, diesem Werkzeug der Rechtsprechung, das richtige Gewicht verleihen werde. Ich glaube, nun ist die Zeit gekommen die Verheißung zu erfüllen.«
Felin ritt allein den gewundenen Pfad zum Palastberg hinauf. Es hatte einiger Überredungskunst bedurft, um Baltan und Yomi davon abzuhalten mitzukommen. Er wollte seine Freunde nicht in Gefahr bringen.
Sowohl am äußeren wie auch am inneren Tor gab es keine Schwierigkeiten. Die Wachen hielten sich respektvoll zurück, man hatte ihn also erkannt. Es war die Zeit der Audienz. Jedenfalls vor drei Jahren hatte sein Vater während dieser Stunden den Botschaftern, Fürsten und gelegentlich auch dem einfachen Volk Zutritt zu ihm gewährt. Er liebte es sich im Saal der Rechtsprechung vor das bunte, in der Morgensonne gleißende Fenster zu setzen und seine Rolle als »Geliebter Vater der Weisheit« zu spielen.
Mit weiten Schritten durchmaß Felin die breite Vorhalle des Großen Kubus, des größten Bauwerks Cedanors, das ganz aus leuchtend blauem Sedin-Gestein bestand. Zahlreiche Menschen standen hier und warteten darauf, zum Kaiser vorgelassen zu werden. Einige erkannten ihn. Ein aufgeregtes Gemurmel erhob sich und verbreitete sich im ganzen Raum. Er achtete nicht darauf, sondern hielt direkt auf die zweiflüglige Tür zu, hinter der sich der Saal der kaiserlichen Rechtsprechung befand. An der Tür stieß er auf zwei bekannte Gesichter.
»Aller Friede Neschans sei mit Euch, Galkh«, rief er dem ersten Türwächter zu, ohne seinen Schritt zu verlangsamen. »Und auch mit Euch, Tarboth«, begrüßte er den zweiten.
Die beiden Männer wechselten einen unsicheren Blick und kreuzten dann eilig die Hellebarden, um den Zugang zu versperren.
»Seid Ihr es wirklich, Prinz Felin?«
»Euer Gedächtnis trügt Euch nicht, Galkh. Gebt den Weg frei zu meinem Vater. Er ist doch im Saal, oder?«
»Wir… wir dürfen Euch nicht einlassen. Ihr wisst doch…«
»Ich muss schon sagen, auf Euch beide ist wirklich Verlass«, unterbrach Felin den Soldaten. »Der
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