Isau, Ralf
und aneinander legst, wird es dich nicht töten Es mag wehtun, aber du weißt, was der Lohn des Schmerzes ist.«
Gmork funkelte ihn an. Ein Ausdruck kalten Hasses, aber auch unbändiger Gier lag wie eine Maske auf seinem Gesicht. Er nickte. »Mir bleibt wohl keine andere Wahl. Gib mir die steinernen Hände.«
»Ich will zuerst dein Wort, dass ich die schwarzen Perlen im Nebenzimmer nach Phantásien zurückbringen darf.«
»Ohne den Nox nützen sie dir nichts.«
»Vielleicht findet sich zur rechten Zeit ein Weg, die darin eingeschlossenen Bücher wieder zu befreien. Wenn du sie in alle Welt verschickst, sind sie für immer verloren.«
»Also meinetwegen. Nimm das Zeug. Mir bedeutet es nichts. Außerdem kann ich mir mit dem Lux jederzeit neue Perlen einschwärzen. Niemand wird merken, dass sie leer sind, wenn ich die eisigen Kügelchen einfach so verschicke. Was denkst du?«
Karl wunderte sich zwar über diese Frage, nahm seine Gedanken aber an die Kandare. Lass dich von ihm nicht ablenken! »Was geschieht, wenn Nox und Lux nebeneinander liegen, ohne sich zu berühren?«
Gmork zögerte. »Das wissen nur die Unaussprechlichen. Ich habe geschlafen, als sie mir mein Herz nahmen. Vermutlich werden sich Licht und Dunkelheit einen erbitterten Kampf liefern.«
Mit dieser Antwort hatte Karl gerechnet, war nun aber doch erleichtert, sie aus Gmorks Mund zu hören. »Dann mache ich einen Vorschlag zu unser beider Sicherheit: Ich drehe die Hutschachtel um und deponiere darin den Lux. Dann befreie ich den Nox vom Handschuh, lege ihn zu seinem Gegenstück und verschließe rasch die Schachtel mit dem Deckel. Du brauchst nur noch tief Luft zu holen, den Deckel abzunehmen, hineinzugreifen und die beiden Hände zu vereinen. Bevor du abermals Atem schöpfst, ist alles vorbei.«
Gmork richtete sich auf. »Warum fällt es mir nur so schwer, dir zu trauen, Koreander?«
»Vermutlich, weil wir beide nicht allzu viel voneinander halten, Werwolf.«
Gmork funkelte ihn aus seinen bösen Augen an. Aber dann deutete er auf die Gegenstände, die vor dem jungen Mann lagen. »Bringen wir es hinter uns.«
Bewusst jede hastige Bewegung meidend, nahm Karl die Hutschachtel zwischen die Hände und schob sie sich so zurecht, dass sie direkt vor ihm lag. Dann beugte er sich über den Tisch und angelte sich den Nox, der während des Kampfes wie durch ein Wunder nicht zu Boden gefallen war. Die nächste Aktion hatte er lange geübt. Er streifte den Handschuh aus Einhornhaar geschwind von dem schwarzen Stein. Genauso schnell hob er die Hutschachtel an, für einen Augenblick verdunkelte sich der Raum und schon im nächsten war es wieder hell.
Gmorks glühende Augen verengten sich. »Das ist doch nicht irgendein Taschenspielertrick, oder? Beide Hände sind jetzt im Karton, richtig?«
»Du kannst dich selbst davon überzeugen.« Mit versteinerter Miene trat Karl von der Hutschachtel zurück und steckte den leeren Handschuh demonstrativ in seine rechten Manteltasche.
Es war Gmork anzusehen, wie sehr er sich nach diesem Moment gesehnt hatte. Er gierte förmlich danach, endlich sein Herz zurückzuerhalten. Entschlossen trat er auf die Hutschachtel zu, packte sie und warf sie achtlos zur Seite. Im Raum wurde es dunkel.
Karl hielt die Luft an. Er machte sich mit festen Schritten an die Umrundung des Tisches, als wolle er fliehen. Gmork durfte jetzt keine Gelegenheit bekommen nachzudenken.
Plötzlich hörte Karl einen markerschütternden Schrei. Er sah in der Dunkelheit zwei Hände. Die eine gleißte weiß, die andere schimmerte rosafarben. Letztere war nicht etwa der Nox. Sie gehörte Gmork und leuchtete von dem Lichtstein, den sie umklammerte und der sie nun verbrannte. Trotzdem kämpfte der Werwolf weiter gegen den Schmerz an und versuchte verzweifelt, sein Herz doch noch zusammenzufügen. Wie lange würde er wohl brauchen, um zu erkennen, dass er getäuscht worden war? Eigentlich hätte es ihm schon auffallen müssen, als das Zimmer sich verfinstert hatte. Die schwarze Hand, deren Berührung ihm nicht das Geringste ausmachte, war nicht der Nox, sondern nur eine perfekte Kopie, von Zwergen geschaffen, um an ihr verlorenes Heiligtum zu erinnern.
An dieser Stelle bleibt festzuhalten, dass die Legende irrte, als sie behauptete, Gmork könne Lux wie auch Nox nur für die Zeitspanne zwischen zwei Atemzügen berühren, andernfalls er sterben würde. Der Werwolf litt erstaunlich lang. Benommen taumelte er durch den Raum, nur seine stampfenden Schritte und
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