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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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einige Fäden und Nadeln herumliegen. Offensichtlich fädelte Gmork die Perlen tatsächlich auf, um sie so über die Innenfläche der weißen Hand ziehen zu können, ohne diese zu berühren. Aber warum ließ er den Lux so unverhüllt hier herumliegen?
    Plötzlich hörte Karl ein Geräusch, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Hinter ihm schwang die Tür der Rumpelkammer knarrend und quietschend zurück, bis sie ins
    Schloss fiel. Das Klacken ließ ihn zusammenfahren.
    »Ihr Menschen seid so dumm!«
    Die Stimme in Karls Rücken schnarrte leicht und klang gleichwohl tief und ruhig, aber auf eine höchst unangenehme Weise gefühllos. Die Muskeln in seinem Hals waren hart wie Stein. Er musste sich schon ganz umdrehen, um den Sprecher zu sehen. Es war ein ungewöhnlich großer und breitschultriger Mann in einem schäbigen grauen Anzug. Lässig stand er an die Wand gelehnt, an der Stelle, die eben noch von der Tür verdeckt gewesen war. Sein linkes Bein kreuzte sich mit dem rechten, und der Fuß war auf die Zehen aufgestützt. Die Hände steckten in den Hosentaschen. Das Gesicht war alterslos. Es hätte ebenso gut einem Vierzigjährigen gehören können wie einem gut erhaltenen Mann in den Achtzigern. Er hatte einen breiten Unterkiefer, aber ein spitzes Kinn sowie eine ungewöhnlich lange Nase. Die Haare erweckten den Eindruck, als wären sie einmal schwarz gewesen, nun wirkten sie jedenfalls so grau wie das Fell eines Wolfs. Am auffälligsten aber waren seine Augen, die im schwachen Licht der Glühlampe gelblich grün glommen.
    »Gmork«, sagte Karl. Zu mehr war er nicht fähig.
    »Koreander«, erwiderte der Werwolf.
    »Sie haben mich erwartet?«
    »Wussten Sie das nicht? Sie wirken irgendwie verschrocken.«
    »Ich habe so etwas geahnt, aber gehofft hatte ich ...« Karl biss sich auf die Unterlippe. Was rede ich da?
    Gmork grinste wölfisch. »Haben Sie den Nox mitgebracht?«
    »Warum sollte ich?«
    »Um der Phantásischen Bibliothek ihre Bücher zurückzugeben und die Innere Welt zu retten.«
    »Ich denke nicht, dass Sie die Perlen freiwillig herausrücken werden, oder?«
    »Wenn es sich vermeiden lässt – nein. Ich habe allerdings mit ihrem Versand bis zu unserer Begegnung gewartet, für den Fall, dass sich unerwartete Schwierigkeiten ergeben.«
    »Ich hätte Ihnen ein Geschäft vorzuschlagen.«
    Die Bemerkung schien Gmork zu belustigen.
    »Was ist?«, fragte Karl schroff.
    »Nichts, nichts. Nur zu, machen Sie Ihre Offerte.«
    »Ich bringe die gebundenen Bücher wieder nach Phantasien, wo sie mit Hilfe des Nox ihre ursprüngliche Gestalt zurückerhalten. Anschließend gebe ich Ihnen die schwarze Hand.«
    Gmork stieß sich unvermittelt von der Wand ab. »Haben Sie den Nox etwa dort gelassen?«
    Karl zögerte.
    »Reden Sie!«, knurrte die finstere Gestalt.
    »Wo ist Die verlorene Unschuld?«
    Wieder grinste Gmork. »Warum fragen Sie das ausgerechnet mich?«
    »Ich rede von dem Buch. Vielmehr von der Steintafel aus der Druse des Wissens. Sie haben sie doch gestohlen, nicht wahr?«
    »Gegenvorschlag. Ich gebe Ihnen Die verlorene Unschuld zurück und erhalte dafür von Ihnen die schwarze Hand.«
    »Und die übrigen Perlen?«
    »Gehen in alle Welt.«
    »Damit der Fünfgesichtige Gogam Ihnen nichts am Zeug flicken kann?«
    »Wenn Sie es so ausdrücken wollen.«
    Karl zögerte. Sein Blick wanderte zu der schwarzen Hutschachtel. Der Lux leuchtete jetzt viel deutlicher hindurch als zuvor. Vermutlich brannte er sich allmählich durch die Pappwände.
    »Was ist nun?«, fragte Gmork in drängendem Ton.
    Der Schweiß rann Karl in dicken Tropfen von der Stirn. Er hatte nicht die Absicht, auf diesen Handel einzugehen. Wichtiger als alle anderen gestohlenen Bücher war aber das Werk aus der Wissenden Druse. Er musste zuerst erfahren, wo der Werwolf es versteckt hatte.
    Zum Schein ging er auf den Vorschlag ein. »Also gut. Geben Sie mir die Perle. Dann bekommen Sie die schwarze Hand.«
    Gmork trat rasch an den Tisch heran, was Karl unwillkürlich zurückfahren ließ, doch der Hüne wollte ihn nicht angreifen. Er spuckte auf den Tisch. Eine schwarze Perle sprang klappernd über die Holzplatte, bis sie an die Hutschachtel prallte und in Richtung Kante weiterrollte. Schnell hielt Karl die Hand darunter und fing sie auf. Er wagte es nicht, sie eingehender zu untersuchen, sondern steckte sie kurzerhand in die Hosentasche.
    »Her mit dem Nox!«, knurrte Gmork.
    »Woher weiß ich, ob sich Die verlorene Unschuld auch wirklich in der

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