Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
Vom Netzwerk:
Äußeren Welt nach Phantásien finden und durchschreiten – im Bücherturm gebe es sogar unzählige davon –, aber Wölfe? »Schlag dir das aus dem Kopf, Karl. Vermutlich ist der graue Jäger mit der Kälte zu uns gekommen, als Vorbote ganzer Rudel. Wir werden die Wollwandlerhirten warnen. Da kommt übrigens dein Briefgreif.« Der Bücherdrill stand auf einem glatt geschliffenen, aus der Wiese ragenden Findling und deutete nach oben.
    Karls Blick folgte dem winzigen Zeigefinger, und es verschlug ihm den Atem. Es war eine Sache, von Greifen zu reden, aber eine ganz andere, sie aus nächster Nähe zu sehen.
    »Darf ich vorstellen: Huschhusch«, sagte Albega und deutete mit beiden Händen auf das fix und fertig gesattelte, elefantengroße Wesen, das in diesem Moment neben den beiden gelandet war.
    Der goldgelbe Löwenkörper des Greifs war schlank und kraftvoll, sein Schwanz außergewöhnlich lang. Die Hinterläufe glichen den Tatzen einer Katze, die vorderen den Krallenfüßen eines Adlers. Auch sein Kopf und die mächtigen Schwingen hatte er vom König der Lüfte. Karl war vom Anblick des Botentiers sichtlich eingeschüchtert.
    »Keine Angst, sie beißt nicht«, versicherte Albega.
    »Das sagt mein Nachbar von seinem bissigen Hund auch immer.«
    »Briefgreife sind sehr zutraulich. Deshalb und wegen ihrer Gelehrigkeit werden sie ja als Botentiere abgerichtet.«
    Wie zur Bestätigung begann Huschhusch ein Geräusch von sich zu geben, das irgendwo zwischen einem Schnurren und einem Gurren lag.
    »Habt ihr hier keine Pferdekutschen?«, murrte Karl. Er überlegte, ob man den Briefgreif nicht allein mit der Generalvollmacht auf die Suche nach Herrn Trutz schicken konnte, wagte aber nicht, diesen Vorschlag laut auszusprechen.
    »Nein. Und wenn wir welche hätten, würdest du vermutlich nie beim Haus der Erwartungen ankommen. Der Weg ist weit und gefährlich. Außerdem musst du das Meer der Träume und die Brüllenden Berge überqueren.«
    »Ich glaube, ich bleibe besser hier und warte auf Herrn Trutz.«
    »Herr Koreander!«, sagte Albega streng.
    Karl seufzte. »Na schön. Was muss ich tun?«
    »Einfach draufklettern, dich in den Sattel setzen und gut festhalten. Dann sagst du: ›Huschhusch!‹ Und alles ist gegessen.«
    »Ich vermute eher das Gegenteil.«
    »Nun mach schon!«
    Zum Greifen nah heranzutreten kostete Karl schon große Überwindung, ihn gar zu berühren erforderte allen Mut, den er besaß. Trotzdem tätschelte er die Flanke des großen Tieres, was Schnurren und Gurren weiter anschwellen ließ. Während er noch überlegte, wie er in den hohen Sattel gelangen sollte, hob Huschhusch unvermittelt einen Vorderlauf und hielt ihn seinem Reiter hin.
    »Steig drauf!«, befahl Albega.
    Karl gehorchte und fühlte sich plötzlich in die Luft gehoben. Als er den Hals des Tieres umfasste und sich über die Schulter auf seinen Rücken schwang, wunderte er sich über die eigene Geschicklichkeit. »Ging ja leichter, als ich gedacht habe.«
    »Vermutlich so leicht, wie du dir's gewünscht hast«, erwiderte Albega mit einem wissenden Lächeln und fügte sachlicher hinzu: »Huschhusch weiß, wohin sie dich zu tragen hat, und findet auch wieder den Weg zurück. Halt dich einfach an ihren Nackenfedern fest. Damit kannst du sie übrigens auch lenken, falls du einen Sturm umfliegen musst oder eine Zwischenlandung einlegen möchtest. Alles klar?«
    »Nein«, maulte Karl.
    »Prima!«, entgegnete Albega. »Ich hoffe, du findest unseren ehrenwerten Thaddäus und ihr könnt das Rätsel der verschwindenden Bücher lösen. Gute Reise, mein Freund. Und viel Glück!«
    Allmählich begriff Karl, dass es kein Zurück mehr gab. Er hielt sich an den Nackenfedern des Greifs fest, warf dem Bücherdrill einen letzten leidenden Blick zu und nuschelte leise: »Huschhusch.«
    Insgeheim hatte er gehofft, sie würde ihn nicht verstehen, aber Greife haben ein sehr empfindliches Gehör, und so reagierte das Tier gehorsam und unverzüglich. Was daraufhin geschah, übertraf Karls schlimmste Befürchtungen. Der Greif duckte sich und stieß sich im nächsten Moment kraftvoll vom Boden ab. Karl wurde in den Sattel gepresst. Huschhusch breitete die Schwingen aus und begann stürmisch damit zu schlagen. Ihr Reiter wurde heftig durchgerüttelt. Allmählich gewann der Greif an Höhe. Karl wurde schwindlig. Dann sackte die Adlerlöwin jäh ab, und dem Passagier schossen die Magensäfte in den Schlund. Mit einem Mal ging Huschhusch in einen sanften Gleitflug

Weitere Kostenlose Bücher