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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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eher wie eine Fledermaus: wendig, aber wenig grazil. Schlagartig änderte sich das Bild am Himmel.
    »Getroffen!«, freute sich Skrzat und verfolgte aufmerksam den Absturz seiner Beute. Offenbar hatte die Schlange das Herz des Greifs verfehlt. Das Tier kämpfte gegen das Gift an. Aber es erlahmte rasch. Schneller als beim letzten Mal. Wo würde es zu Boden gehen? Skrzat hatte Geduld. Er verfolgte den Taumelflug und hoffte inständig, dass der Greif nicht mitten über dem Wald des Vergessens abstürzte. Selbst ein Schrat wie er durfte sich da nicht weiter als ein paar Bogenschuss hineinwagen.
    Inzwischen hatte der Greif fast die Baumwipfel erreicht. Skrzat erhob sich wie von unsichtbaren Fäden gezogen in die Luft, um seine Beute nicht aus den Augen zu verlieren. Endlich hörte er das Knacken zersplitternder Äste. Der Greif war dicht vor der gefährlichen Zone durch die Baumkronen gebrochen.
    »Na bitte!«, flüsterte Skrzat und machte sich auf den Weg zur Absturzstelle.

    ∞
       
    Wäre er nicht in dem federnden Ast hängen geblieben, hätte er sich vermutlich das Genick gebrochen. Karl blickte benommen zum Waldboden hinab. Was war da eben passiert? Er schüttelte den Kopf wie ein nasser Hund. Dann sah er den leblosen Körper des Briefgreifen unter sich liegen. »Huschhusch!«
    So schnell wie möglich machte er sich an den Abstieg. Karl war schon als Junge nicht gern auf Bäume geklettert. Dazu sei er zu ungelenk, hatte sein Vater gesagt. Wenigstens spendete ihm der Mond ausreichend Licht. Zuletzt baumelte er an einem beängstigend hohen Ast und ließ los. Wie ein nasser Sack fiel er auf den weichen Waldboden.
    Zum Glück hatte er sich nicht verletzt. Schnell lief er zu Huschhusch. Der Greif lag, alle viere starr von sich gestreckt, auf einem Bett aus Moos. Obwohl das Schlimmste zu befürchten stand, wollte Karl die Hoffnung noch nicht aufgeben. Huschhusch hatte so tapfer durchgehalten. Ihrer Treue verdankte er sein Leben. Vielleicht lebte sie ja noch. Karl legte den Kopf an Huschhuschs gefiederte Brust und lauschte.
    Nichts... Doch! Da war ein schwacher einzelner Herzschlag zu hören. Und nach einer fast endlos erscheinenden Pause pochte es ein zweites Mal. Entweder lag der Greif im Sterben oder in tiefer Bewusstlosigkeit
    Plötzlich sah Karl, wie dicht neben seiner Hand, die immer noch auf der Brust seiner treuen Freundin lag, etwas aus dem Leib des Greifen kroch. Entsetzt schrie er auf und fuhr zurück. Keinen Augenblick zu früh, denn gerade hatte die Schlange nach ihm geschnappt.
    Er schrie, als hätte das sich windende Tier gerade seinen Körper verlassen, nicht den des Greifs. Die Schlange floh, sobald ihr Schwanzende frei war.
    »Komm herf meine Gute. Kooomm! Skrzat hat eine schöne Belohnung für dich.«
    Karl erstarrte, als er hinter sich die fremde Stimme vernahm. Sie klang hoch, ein wenig wie knisterndes Holz in einem Lagerfeuer. Er schaffte es nicht, sich umzuwenden. Aber das war auch gar nicht nötig. Ein seltsames Wesen trat in sein Blickfeld. Es reichte ihm zwar nur bis zur Brust, sah aber trotzdem zum Fürchten aus: ein wenig wie eine Kreuzung aus Krähe, Katze und Mensch. Die abstehenden Haare ähnelten Flammen, und die stechenden roten Augen schienen ihn bannen zu wollen. In den Händen hielt das Mischwesen einen großen Bogen, und zu seinem Schrecken entdeckte Karl nun eine weitere Schlange, die gerade wie ein Pfeil auf der Sehne lag.
    »Hast wohl noch nie einen Waldschrat gesehen?«, erkundigte sich der Schlangenschütze.
    Karl war zu keiner Antwort fähig.
    »Geh mal zu dem Baum da rüber«, befahl der Waldschrat und deutete mit dem Kopf auf einen knorrigen Stamm ganz in der Nähe.
    Benommen taumelte Karl in die bezeigte Richtung. Über seinen Rücken rann ein Schauer nach dem anderen, weil er die Vorstellung nicht aus seinem Sinn verbannen konnte, von einer Schlange durchbohrt zu werden. Als er den Baum erreicht hatte, musste er sich mit dem Rücken zum Stamm niedersetzen. Skrzat stellte ihm einen offenen Korb vor die Füße, in dem es beängstigend wuselte, und fesselte ihn zuerst an den Baum, danach band er auch seine Fußgelenke zusammen.
    »So, das wäre geschafft«, sagte der Waldschrat. »Ich muss jetzt einen Boten schicken, der meinem Herrn die frohe Nachricht bringt. Eigentlich hätte ich mir dich viel lieber selbst vorgenommen, aber seine Belohnung wird mich entschädigen. Du bist Karl Konrad Koreander, nicht wahr?«
    Dem Gefragten fiel die Kinnlade herab. Woher kennt dieser

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