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Isegrim

Isegrim

Titel: Isegrim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Schwimmer.«
    Â»Na, ich rette ihn jedenfalls nicht, wenn er mitten im See einen Aussetzer hat und absäuft«, sagt Saskia. »Und jetzt gehe ich zu Lisa und frage sie, wo sie sie die ganze Zeit gesteckt hat.«
    Mit einem Ruck ziehe ich das T-Shirt vom Gesicht und setze mich auf. Saskia ist tatsächlich auf dem Weg zur anderen Uferseite. Sie dreht sich noch einmal um und winkt mir mit einem schelmischen Lächeln. Für einen Moment fühlt sich alles ganz leicht und völlig sorglos an.
    Als wir am Abend unsere Räder den von Roggen und Mais gesäumten Weg zum Dorf hinaufschieben, erfahren wir von Saskia, dass Lisa Stress mit ihrer Mutter hatte und nach dem Open Air kurzerhand mit dem Geiger von Carpe Noctem mitgefahren ist, um ihr eins auzuwischen.
    Â»Sie ist einfach mit der Band auf Tour gegangen, stellt euch das mal vor. Nach drei Tagen hat sie ihre Mutter angerufen und ihr gesagt, dass es ihr gut geht.«
    Â»Und warum haben wir nichts davon erfahren?«, fragt Kai.
    Â»Weil Lisas Mutter es niemandem erzählt hat. Offensichtlich hat sie sich geschämt für ihre missratene Tochter.«
    Sonntagmorgen. Noch vor Sonnenaufgang schleiche ich mich aus dem Haus, diesmal nur mit meinem kleinen schwarzen Rucksack auf dem Rücken. Olek stößt im Wald zu mir, bevor ich die Höhle erreiche. Wieder kein Kuss, nur sein überwältigendes Lächeln und eine flüchtige Berührung, bei der ich spüre, wie auch er erschaudert.
    Ich will dich, denke ich. Ich will dich, ich will dich.
    Â»Ich weiß jetzt, wohin die Wölfe umgezogen sind«, offenbart er mir mit leuchtenden Augen.
    Vor ein paar Tagen hat die Wölfin mit ihren Jungen die alte Wurfhöhle verlassen und für ihr kleines Rudel eine neue Bleibe gesucht, sodass wir sie nicht mehr vom Ansitz aus beobachten konnten. Anscheinend hat Olek herausgefunden, wo sich die neue Höhle befindet, und das heutige Vormittagsprogramm lautet: Wölfe beobachten. Was ja eigentlich auch romantisch ist, aber …
    Mit einem Seufzen folge ich ihm.
    Auf dem Weg erzähle ich Olek von Lisas spektakulärer Rückkehr und merke, dass auch er erleichtert ist.
    Â»Du musst trotzdem vorsichtig sein«, beschwört er mich. »Mann beobachtet dich.«
    Â»Ja, ich weiß.« Ich winke ab. »Das ist bloß Trefflich, mein Pa hat ihn gebeten, ein Auge auf mich zu haben. Du musst höllisch aufpassen, dass er dich nicht sieht.«
    Â»Ich sehe immer zuerst.«
    Ja, klar.
    Die neue Höhle liegt gut eineinhalb Kilometer von der alten entfernt, unweit eines versteckten Tümpels. Die jungen Wölfe sind gewachsen, ihre Mutter säugt sie nicht mehr. Inzwischen sind sie alt genug, um selbst Fleisch zu fressen, und brauchen deshalb Wasser in der Nähe. Noch bleiben sie auf ihren Streifzügen im engen Radius ihrer sicheren Höhle, aber schon bald werden sie ihr Streifgebiet ausdehnen.
    Olek hat am Tag zuvor ein junges Reh erlegt und die Jungwölfe schleppen die dünnen Rehläufe als Beute durch die Gegend, balgen sich um die Reste.
    Â»Alles muss die Wölfin ihnen allein beibringen«, sagt Olek, als wir später auf dem Weg zur Höhle sind. »Das Jagen, die Angst vor Menschen. Sie ist einsam, ihr fehlt ein Gefährte.«
    Mir auch, denke ich. »Vielleicht kommt ja bald einer vorb...«
    Â»Psst.« Plötzlich reißt Olek mich zurück und legt einen Finger auf seinen Mund.
    Durch eine Lücke im Gesträuch sehe ich einen schwarzen Motorradhelm.
    Â»Verdammte Scheiße, Alter, dein Reifen ist platt.«
    Olek zieht mich nach unten. In einer weichen Moosmulde gehen wir in Deckung. Diese Stimme – die kenne ich doch.
    Â»Fuck. Fuck. Fuck. Hoffentlich kommt niemand.«
    He, das kann nicht sein. Ist das etwa Kai? Ich will aufspringen, doch Olek hält fest mich umschlungen.
    Â»Ich hab dir doch gesagt, kauf diese Kiste nicht, ist Billigmist.« Clemens Neumann. »Hier, schau dir das an, wie schlecht die Felge auf der Innenseite verarbeitet ist.«
    Oleks warmer Pfefferminzatem dringt in mein Ohr und ich bin vollkommen überwältigt von dieser plötzlichen, unfreiwilligen Umarmung. Von mir aus können die Crossfahrer noch ewig auf der Ringstraße herumstehen und darüber nachgrübeln, wie sie nun von hier wegkommen. Am liebsten möchte ich in alle Ewigkeit so liegen und die Hitze von Oleks Körpers an meinem spüren.
    Sein Atem streift mein Gesicht, seine

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